Warum der Riesen-Streik am 5. Dezember in Frankreich?

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Copyright REUTERS/Stephane Mahe
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Von Kirsten Ripper mit AFP
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Es werden so gut wie keine Züge fahren und keine Metros in Paris - und der Streik könnte mehrere Tage dauern.

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Schon vor Monaten ist das Datum festgelegt worden. Am 5. Dezember 2019 findet in Frankreich der Streik gegen die von Emmanuel Macron geplante Rentenreform statt. Doch die Gewerkschaften haben angekündigt, dass der Streik mehrere Tage dauern könnte. Jeweils am Vortag wird für die nächsten 24 Stunden entschieden.

Keine Bahntickets vom 5. bis zum 8. Dezember

Bei der Bahn können schon jetzt keine Tickets für den Zeitraum vom 5. bis zum 8. Dezember reserviert werden. Auf der SNCF-Internetseite bekommen die User statt der gewünschten Suchergebnisse die Info: "Wegen eines nationalen Streiks wird der Verkehr der SNCF vom 5. bis zum 8. Dezember sehr stark beeinträchtigt. Die Reisenden werden aufgefordert, andere Verkehrsmittel zu benutzen."

Anders als einige Franzosen glauben, gibt es keine Garantie dafür, dass ein Minimum-Service aufrechterhalten wird. Von einer solchen Garantie hatte Präsident Sarkozy vor Jahren immer wieder gesprochen, allerdings ist diese nicht gesetzlich verankert. So sorgen sich viele Bewohner im Großraum Paris, dass es am 5. Dezember so gut wie keine öffentlichen Verkehrsmittel geben wird.

Laut Medienberichten will die RATP, die in Paris die Metro betreibt, Angestellte als Fahrer einsetzen, die sonst andere Aufgaben im Unternehmen haben. Laut Informationen von France Info könnte es vor allem am Wochenende - also am 7. und am 8. Dezember - so gut wie keine Metros in Paris geben.

Es geht um den Sonderstatus

Die Angestellten der Bahn und der Verkehrsbetriebe streiken dagegen, dass die Regierung die Sonderregelungen ihrer Rente abschaffen möchte. Die Beschäftigten der RATP gehen zur Zeit im Durchschnitt mit 55,7 Jahren in den Ruhestand, die Schaffner oft schon mit 52 Jahren. Ihre Renten werden weit großzügiger berechnet als in der Privatwirtschaft. Diese Sonderregelungen, die auch für Beamte, Lehrer und Angestellte anderer staatlicher Firmen gelten, will Emmanuel Macron durch eine für alle Franzosen einheitliche Rentenversicherung ersetzen.

Auf Twitter wird die Frankreich-Karte veröffentlicht, auf der die Schulen zu sehen sind, an denen sich Lehrer am Streik gegen die Rentenreform beteiligen wollten.

Auch die Gelbwesten, die seit mehr als einem Jahr fast jeden Samstag für mehr Kaufkraft in Frankreich demonstrieren, wollten bei den Protesten mitmachen.

Premierminister Edouard Philippe betonte, seine Regierung werde die geplante Reform durchsetzen, weil sie ein gerechteres System bringe. Die Franzosen hätten das Recht, ihren Widerstand gegen die Rentenpläne zum Ausdruck zu bringen, doch Philippe rief dazu auf, die öffentliche Ordnung und die Sicherheitskräfte zu respektieren.

Jetzt will Präsident Emmanuel Macron das Rentenalter von aktuell 62 Jahren heraufsetzen und ein für alle gleiches Punktesystem einführen. Tatsächlich werden französische Arbeitnehmer aber schon ab 55 Jahren als "seniors" bezeichnet. Falls sie arbeitslos werden, ist sehr schwierig für ältere Menschen eine neue Stelle zu finden. 64 % der Langzeitarbeitslosen in Frankreich sind über 50.

Warum der 5. Dezember?

Den 5. Dezember haben die Gewerkschaften als Streiktag ausgewählt, weil auch am 5. Dezember 1995 gegen eine geplante Rentenreform demonstriert und gestreikt wurde. Damals wollte die Regierung des konservativen Premierministers Alain Juppé den Sonderregelungen bei der Rente ein Ende machen und die Sozialversicherung reformieren. Die Streikwelle dauerte mehrere Monate, es waren die grössten Proteste in Frankreich seit 1968. Am 12. Dezember 1995 nahmen bis zu 2 Millionen Franzosen an Protestmärschen teil.

Am Ende hat Alain Juppé einen Teil seiner Reformpläne durchgesetzt, aber der Sonderstatus der Renten für Angestellte der SNCF, der RATP und anderer Staatsbetriebe wurde beibehalten.

Der linke Politiker Jean-Luc Mélenchon hat dazu aufgerufen, sich am Streik an diesem 5. Dezember zu beteiligen. Er bezeichnet die von der Regierung geplante Reform als ungerecht und meint, es gelte, eine solidarische Gesellschaft zu verteidigen.

Mélenchon schreibt auf Twitter: "Wenn Ihr Euch wie Schafe verhaltet, werdet Ihr geschoren!"

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