Erasmus-Studenten fliehen aus Mailand - und werden nicht mal kontrolliert

26 Febbraio 2020 Milano (Italia)
26 Febbraio 2020 Milano (Italia) Copyright Claudio Furlan/LaPresse via APClaudio Furlan/LaPresse
Von Laura Llach
Diesen Artikel teilenKommentare
Diesen Artikel teilenClose Button

Weite Teile des Nordens von Italien sind Coronavirus Risiko-Gebiet. Viele Erasmus-Studenten haben sich auf den Weg nach Hause gemacht.

WERBUNG

Marta Muñoz (23) studiert eigentlich Architektur in Mailand - mit einem Erasmus-Stipendium. Am Mittwoch ist sie auf dem Flughafen von Barcelona gelandet. Sie kehrt nach Hause zurück, nachdem wegen der Coronavirusinfektionen Teile von Norditalien zum Risikogebiet erklärt wurden.

Bis zum vergangenen Samstag war Marta Muñoz für ein paar Tage in Barcelona im Urlaub. Die ersten Nachrichten über den Ausbruch des Coronavirus begannen in den Medien zu erscheinen. Am nächsten Tag hatte sie den Rückflug nach Mailand. Sie leugnet es nicht, sie überlegte es sich zweimal, bevor sie diesen Flug nahm, entschied sich aber, in die italienische Stadt zurückzukehren.

Drei Tage - nachdem an der Uni alle Prüfungen und Kurse abgesagt wurden - entscheidet sich Marta für die Rückkehr nach Spanien. "Ich war dort allein, mein engster Kreis hatte Mailand verlassen und außerdem hatten wir keine Kurse. Alle schrieben mir aus Spanien, als ob dies die Apokalypse wäre, meine Familie machte sich Sorgen und sagte mir, ich solle zurückgehen, also kaufte ich ein Rückflugticket nach Barcelona", erklärt sie.

Keine Kontrolle bei der Rückreise von Mailand nach Spanien

Zu den Sicherheitsmaßnahmen sagt Marta, dass sie am Samstag bei der Einreise nach Italien eine Temperaturkontrolle hatten, aber an diesem Mittwoch bei der Ausreise gab es überhaupt keine Kontrolle. "Jetzt ist alles unsicher, die Universität schickt uns täglich E-Mails, um uns über die Situation auf dem Laufenden zu halten. Sie erwägen die Möglichkeit, dass wir zu Hause weitermachen und den Unterricht online abrufen".

Ähnliches gilt für Raúl Villalba. Der am Politecnico di Milano eingeschriebene Master-Student im Fachbereich Maschinenbau kehrte am Samstag von einer Reise in die italienische Stadt zurück. Die ersten Fälle von Coronavirus traten auf, und nur 24 Stunden später hatte er bereits ein Rückfahrticket nach Spanien gekauft.

Er reiste mit dem Bus - und wurde auch nicht auf seine Gesundheit hin überprüft. "Ich denke, dass wir zumindest einen Monat ohne persönlichen Unterricht sein werden, das ist die Entscheidung, über die sie seit der Universität nachdenken", sagt Raul.

Dem Universitätsministerium in Madrid liegen keine genauen Zahlen darüber vor, wie viele spanische sich Studenten in den drei norditalienischen Risikoregionen für das Coronavirus aufhalten. Aber es sind sicher Hunderte. Die neuesten offiziellen Daten stammen aus dem letzten Jahr (2017-2018), als sich 8.487 spanische Erasmus-Studenten in Italien aufhielten.

Zurück in Spanien haben sich beide Studenten aus freien Stücken mit dem Gesundheitsdienst ihrer Region in Verbindung gesetzt. Sie haben weder von den spanischen Behörden noch von den Universitäten selbst Empfehlungen erhalten.

Auch in Deutschland Regeln erst seit dem 27.2.

Wer Informationen darüber sucht, was Italien-Reisende oder Studenten, die in Italien waren, tun sollen, muss Geduld mitbringen. Auf den offiziellen Seiten des Gesundheitsministeriums und des Auswärtigen Amtes wurden zunächst nur die Risikogebiete genannt: Provinz Lodi in der Region Lombardei und die Stadt Vo in der Provinz Padua in der Region Venetien.

Erst nach der ersten Sitzung des Krisenstabs von Gesundheitsminister Jens Spahn und Innenminister Horst Seehofer sollten sogenannte "Aussteigekarte" eingeführt werden. Flugpassagiere aus den Risikogebieten China, Südkorea, Iran und Norditalien werden registriert. Bus- und Bahn- und andere Reisende sollten sich freiwillig registrieren. Die Aussteigekarte gibt es auch als PDF im Internet.

Spaniens System überlastet

Marta versichert, dass man sie bei ihrem Anruf darüber informiert habe, dass das System überlastet sei, und dass sie erst am nächsten Tag eine Antwort auf ihre Anfrage erhalten habe. "Als sie mir antworteten, gaben sie mir keine Hinweise, sie sagten mir nur, dass ich nichts tun müsse, wenn ich keine Symptome hätte.

Im Fall ihrer spanischen Mitbewohnerin, die mit ihr in Mailand lebt, wurden bei ihren Symptomen zwar Proben gesammelt, um sie zu testen, aber das Ergebnis wurde ihr noch nicht mitgeteilt.

Raúl hingegen hatte Zweifel, ob er den Gesundheitsdienst kontaktieren sollte: "Ich wollte anrufen, aber gleichzeitig dachte ich: Was für eine Belastung, wenn sie mich jetzt in Quarantäne stecken. Ich dachte, dass sie mich vielleicht automatisch in die Isolation stecken würden, und da ich nicht wusste, was das sein würde, befürchtete ich, dass ich mich bei Menschen, die ein Coronavirus hatten, infizieren könnte."

Vom Gesundheitsministerium versichern sie, dass jede Region für ihr eigenes Protokoll gegen das Coronavirus verantwortlich ist, da die sanitären Kompetenzen - ähnlich wie in Deutschland - bei den regionalen Behörden liegen. Das Ministerium verfügt nicht über zentralisierte Informationen: "Wir wissen nicht einmal, wie viele mögliche Infektionsfälle es in jeder Gemeinde geben könnte".

Journalist • Kirsten Ripper

Diesen Artikel teilenKommentare

Zum selben Thema

Sorge vor Coronavirus: "Chef lässt mich Desinfektionsmittel kaufen"

"Seuche in unseren Köpfen" - Presseschau zum Coronavirus

Europäische Rechte arbeiten an einem "anderen Europa"