State of the Union: Die Sache mit Impfstoffen...

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Von Stefan Grobe
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Unser europäischer Wochenrückblick mit folgenden Themen: erste persönliche Spitzentreffen in Brüssel, das Verhältnis der EU zur Türkei, Präsidentschaftswahlen in Polen, Wissenschaftler zur Coronavirus-Antwort und neue Helden beim französischen Nationalfeiertag

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In dieser Woche präsentierte die EU-Kommisson Vorschläge für kurzfristige Maßnahmen, um die Union besser auf künftige Infektionswellen vorzubereiten.

Dazu gehören mehr Geld für Tests und die Rückverfolgung von Infektionsketten durch der Gesundheitsbehörden, um neue Zentren von Ausbrüchen zu lokalisieren.

Unterdessen legte eine Gruppe internationaler Wissenschaftler eine kritische Analyse der globalen Coronavirus-Antwort vor, in der sie einen Ansatz fordern, der sich mehr an Fakten orientiert.

Die Forscher sprechen sich für einen Ausweg aus der Krise aus, der nicht unbedingt Quarantäne und Impfstoffe im Zentrum hat.

Einer der Gruppe ist Professor Martin Zizi, Molekularbiophysiker, ehemaliger Spitzenbeamter im belgischen Gesundheitswesen und UN-Biowaffen-Inspektor. Derzeit ist er Chef eines wissenschaftlichen Start-ups in Kalifornien.

Euronews: Sie sind Mitautor eines Bericht süber die Pandemie, der das Handeln der Regierungen im Zusammenhang mit dem Coronavirus kritisch analysiert - aber auch die Medien. Was ist Ihr Argument?

Zizi: Unser Hauptpunkt ist, dass die Bevölkerung zwischen zwei Extrempositionen als Geisel gehalten wird. Einerseits das völlige Leugnen, andererseits eine Überreaktion als sei das Virus wie Ebola und das Ende der Welt.

Wenn es ein Virus gibt für eine Grippe oder etwas Schlimmeres, tötet das Virus den Menschen nicht. Was passiert, ist, dass Bakterien eine virale Infektion nutzen, um sich im Körper auszubreiten.

Dann geht man zum Arzt, wird behandelt und wieder gesund. Aber in diesem Fall bleiben, wegen der Dialektik der beiden Extrempositionen, viele Leute zu Hause. Sie gehen viel zu spät zum Arzt und werden nicht behandelt.

Stattdessen sehen sie ihren Arzt zu einem Zeitpunkt, an dem eine Behandlung viel schwerer geworden ist und dadurch die Sterblichkeit ansteigt.

Euronews: Sie sagen in ihrem Bericht, dass die Behörden getan haben, was sie konnten, dass sie aber auf der Basis irreführender Informationen gehandelt hätten. Was meinen Sie damit und was hätten sie anders machen sollen?

Zizi: Sie zogen ein Katastrophenmodell zu Rate, basierend auf dem Ebola-Virus. Doch ist dies nicht Ebola. Deswegen war die Sterblichkeitsrate, die auf ihrem Modell basierte, zu hoch.

Was mich überrascht hat ist, dass sie nach acht Monaten noch immer keine Korrektur ihres Modells vorgenommen haben, obwohl Daten zur Verfügung stehen, die dies ermöglichen würden.

Denn die Sterblichkeitsrate ist wahrscheinlich zwischen fünf und zehn Mal kleiner, als angegeben.

Aber dies müsste man berücksichtigen. Denn solange man kann keine Risikoabschätzung vornehmen kann, kann man keine Zeit, Ressourcen und Geld zuordnen.

Euronews: Es gibt ein globales Rennen um einen Impfstoff. Sie schreiben, dass das Warten auf einen solchen Impfstoff keine gute Option sei. Was heißt das?

Zizi: Also, ich bin zunächst einmal für Impfungen. Aber wenn ein Impfstoff gegen diese Art Virus, einen Verwandten der Grippe, so einfach wäre, dann hätten wir ihn in den letzten 60 Jahren längst gefunden.

Ein Impfstoff gegen dieses Virus ist technisch wahrscheinlich unmöglich, weil er nur in 40 Prozent der Fälle wirkt. Aber das ist besser als nichts.

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Deswegen sollten wir aber nicht alle unsere Hoffnungen auf einen Impfstoff setzen.

Denn auch Menschen, die angesteckt aber nicht erkrankt sind, tragen zur Immunität bei.

Ich habe leider von sehr vielen Menschen gehört, dass die die sogenannte Herdenimmunität ablehnen.

Tatsache ist jedoch, wir brauchen beides, Impfstoffe und Herdenimmunität.

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