Macron verhängt Ausgangssperren für Paris und acht Großstädte

Menschen in einem Restaurant während Macrons TV-Interview (Saint Jean de Luz)
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Betroffen von der Aussgangssperre sind der Großraum Paris sowie auch Großstädte: Grenoble, Lille, Lyon, Aix-Marseille, Montpellier, Rouen, St. Etienne und Toulouse

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Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat für Paris und zahlreiche weitere große Städte im Land nächtliche Ausgangssperren im Kampf gegen das Coronavirus angekündigt. Diese Ausgangssperren würden ab Samstag zwischen 21 Uhr abends bis 6 Uhr morgens für mindestens vier Wochen gelten, sagte Macron am Mittwochabend in einem TV-Interview.

Betroffen von der Ausgangssperre sind der Großraum Paris sowie auch Großstädte: Grenoble, Lille, Lyon, Aix-Marseille, Montpellier, Rouen, St. Etienne und Toulouse.

Die Sperre gelte unter anderem für Kinos, Restaurants, Theater. Das Ziel sei es, das Wirtschaftsleben weiter am Leben zu halten - Hilfen für die Unternehmen würden fortgeführt. "Wir werden weiter arbeiten", betonte Macron. "Wir haben die Kontrolle nicht verloren", betonte er außerdem, aber die Situation sei "besorgniserregend".

Man müsse das Virus zu stoppen, um von 20.000 Neuinfektionen täglich wieder auf maximal 3.000 oder 4.000 Fälle zu kommen. Es gehe darum, die Schwächsten und das Gesundheitssystem zu schützen. Deswegen sei die Verantwortung jedes einzelnen Bürgers gefordert. Nach Einschätzung Macrons werde man noch bis Sommer 2021 mit dem Virus zu kämpfen haben.

135 Euro Geldstrafe bei Nichteinhaltung der Ausgangssperre

Um die Ausgangssperre durchzusetzen, werde es Kontrollen und Bußgelder in Höhe von 135 Euro geben, im Falle von Wiederholungstätern bis zu 1.500 Euro, erklärte der Präsident. "Wir werden uns in angemessener Weise mobilisieren. Ich hoffe, dass sich alle über die Risiken und das, was auf dem Spiel steht, im Klaren sind."

Für Personen, die nach 21.00 Uhr von der Arbeit zurückkehren oder im Falle medizinischer Notfälle   Genehmigungen geben. Für  alle anderen gelte: "Wir gehen nach 21 Uhr nicht mehr in Restaurants, auf Partys oder zu Freunden."

Keine Einschränkung von Reisen in den Herbstferien

In Frankreich beginnen an diesem Freitag die Herbstferien. Auf die Frage nach den Beschränkungen des öffentlichen Verkehrs versicherte Emmanuel Macron, dass "das Angebot mobilisiert" und "der Verkehr nicht verringert" werde. Außerdem habe man beschlossen, den Reiseverkehr zwischen den Regionen nicht einzuschränken. "Es geht nicht um Infantilisierung, sondern darum, Menschen verantwortlich zu machen. Wir hindern die Menschen nicht daran, in Urlaub zu fahren, aber wir halten uns in den kommenden Wochen und Monaten an die Regeln", so der Präsident weiter.

Der Ausnahmezustand im Gesundheitsbereich bietet einen rechtlichen Rahmen für Beschränkungen, zu denen auch Ausgangssperren gehören können.

Nicht mehr als 6 Personen bei privaten Zusammenkünften

Macron unterstrich erneut an Notwendigkeit der Distanzierungsregeln, die seit Beginn der Gesundheitskrise in Kraft sind. Dazu gehöre auch, dass bei privaten Zusammenkünften nicht mehr als sechs Personen anwesend sein sollten. Er rief auch dazu auf, Masken "auch bei privaten Treffen" zu tragen.

Für junge Menschen bedeuteten die Einschränkungen "ein schreckliches Opfer. Er wolle niemandem Schuldgefühle einreden, sondern pädagogisch wirken.

Zwei bis drei Tage Homeoffice pro Woche

Das Arbeitsleben solle nicht eingeschränkt werden, Schulen und Unternehmen offenbleiben. Deswegen laute seine Empfehlung, zwei bis drei Tage Homeoffice pro Woche einzuführen, um den "kollektiven Druck" zu entschärfen. Dies müsse innerhalb der Branchen und Firmen verhandelt werden.

Gesundheitsnotstand wieder in Kraft

Die französische Regierung hatte zuvor die Widereinführung des Gesundheitsnotstands angekündigt. Dieser war Ende März für das ganze Land ausgerufen worden. Er wurde dann Anfang Mai bis zum 10. Juli verlängert. Die Mitte-Regierung hat mit dem Notstand die Möglichkeit, Beschlüsse schnell per Verordnung umzusetzen. Im Frühjahr galten in ganz Frankreich strenge Ausgangsbeschränkungen, die auch polizeilich überwacht wurden.

"Willkommen in Absurdistan"

Nach den Ankündigungen von Emmanuel Macron gab es sogleich kritische Reaktionen: "Willkommen in Absurdistan", twitterte der Linksaußenpolitiker Jean-Luc Mélenchon. 60% der Infektionen fänden am Arbeitsplatz, in der Schule oder Universität zwischen 8 und 19 Uhr statt. Aber Macron verbiete es, zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr in die Bar oder das Restaurant zu gehen.

Tausende Unternehmen würden ohne massive und sofortige Unterstützung nicht überleben, warnte die rechtspopulistische Rassemblement-National-Chefin Marine Le Pen. Die Testpolitik sei ein Fehlschlag.

"Eine weitere schwere Prüfung" schrieb die Bürgermeisterin von Paris Anne Hidalgo. Man müsse geeint bleiben und die vom Präsidenten der Republik angekündigten Maßnahmen umsetzen, so hart sie auch sein mögen.

Auch die Berufsverbände des Hotel-, Café- und Gaststättengewerbes bedauerten, dass die angekündigte Ausgangssperre für mehrere Städte "einer getarnten Schließung" ihrer Betriebe gleichkäme.

Im Durchschnitt mehr als 20.000 Neuinfektionen pro Tag

Die Corona-Lage in Frankreich verschlechtert sich seit Wochen. Frankreich mit seinen rund 67 Millionen Einwohnern hatte am Wochenende annähernd 27.000 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden gemeldet - das war ein Rekord.

In mehreren französischen Metropolen, darunter Paris, Lille oder Lyon, gilt bereits die höchste Corona-Warnstufe. Bars sind geschlossen, in Restaurants gelten strengere Hygienemaßnahmen. Turnhallen und Schwimmbäder sind weitgehend geschlossen.

Besonders die Situation in der Hauptstadt bereitet große Sorge. Dort steigt die Zahl der Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen immer weiter an. Frankreich ist stark von der Covid-19-Pandemie betroffen, es starben bisher rund 33.000 Menschen.

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In den vergangenen Wochen hatte die Regierung einen Zickzack-Kurs hingelegt. Erst wurden die Regionen in die Pflicht genommen, dann schaltete sich Paris ein und verhängte Corona-Maßnahmen. Der Präsident hatte sich im Frühjahr mehrfach in TV-Ansprachen an die Menschen gewandt. Am Nationalfeiertag am 14. Juli gab er ein großes TV-Interview, in dem es ebenfalls hauptsächlich um Corona ging.

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