Polen: 2 Holocaust-Forscher wegen Verleumdung verurteilt

Polen: Holocaustforscher wegen Verleumdung verurteilt
Polen: Holocaustforscher wegen Verleumdung verurteilt Copyright Markus Schreiber/Copyright 2019 The Associated Press. All rights reserved
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Von Euronews mit AP, dpa
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Der Onkel von Filomena Leszczynska soll an der Tötung von Juden verwicklet gewesen sein. Jetzt müssen sich die Historiker für Ungenauigkeiten in ihrem Fachbuch entschuldigen.

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**Ein Gericht in Warschau hat entschieden, dass sich zwei Geschichtsprofessoren bei Filomena Leszczynska entschuldigen müssen. Die 81-jährige Polin sagt, dass ihr verstorbener Onkel in einem Buch der Wissenschaftler verleumdet wird. **

Die renommierten Geschichtsprofessoren Barbara Engelking und Jan Grabowski hatten sich in ihrem 2018 erschienenen Buch "Dalej jest noc" ("Und immer noch ist Nacht") mit der Vernichtung der Juden in der polnischen Provinz unter deutscher Besatzung befasst.

Die Autoren wurden von der Nichte eines früheren Ortsvorstehers aus Ostpolen wegen Verleumdung verklagt. Filomena Leszczynska sieht die Erinnerung an ihren Onkel Edward Malinowski diffamiert, weil die Historiker in ihrem Buch schreiben, der Ortsvorsteher sei mitschuldig am Tod von mehr als 20 im Wald versteckten Juden gewesen, die den Deutschen übergeben wurden.

Außerdem habe er einer jüdischen Frau ihre Unterkunft und einen Teil ihres Besitzes abgenommen, bevor er ihr half. In einem Nachkriegsprozess sei er freigesprochen worden, nachdem diese jüdische Zeugin falsch und zu seinen Gunsten ausgesagt habe. Belege für diese Behauptungen fehlten in dem Buch.

Hinter der Klage steht eine rechtsnationale polnische Stiftung

Nach dem Urteil eines Gerichts müssen sich die beiden Holocaust-Forscher nun für Ungenauigkeiten in ihrem historischen Fachbuch entschuldigen. Eine von der Klägerin geforderte Entschädigung lehnte das Warschauer Bezirksgericht aber ab. Die Klägerin hatte eine öffentliche Entschuldigung der Autoren und umgerechnet 22.500 Euro Entschädigung gefordert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die Anwälte der Klägerin hatten argumentiert, dass ihr Onkel ein polnischer Held war, der Juden gerettet hatte, und dass die Wissenschaftler ihren guten Namen und den ihrer Familie geschädigt hatten.

Hinter der Klage stand die rechtsnationale polnische Stiftung "Reduta. Festung des guten Namens - Liga gegen Verleumdung".

Wissenschaftler sind besorgt

Der Fall wurde international genau beobachtet, weil erwartet wird, dass er einen wichtigen Präzedenzfall für die unabhängige Holocaust-Forschung schafft.

Historiker und Holocaust-Experten weltweit hatten sich besorgt über das Verfahren geäußert. Sie befürchteten eine Einschüchterung von Forschern.

Gerade jüngere Forscher könnten abgeschreckt werden, meint der Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands (VHD).

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