Drama in Minsk: Belarus-Blogger nach Kaperung von Ryanair-Jet in Haft

Seinetwegen haben die belarussischen Behörden eine Ryanair-Passagiermaschine auf dem Weg von Athen nach Litauen zur Landung auf dem Flughafen der Haupstadt Minsk gezwungen: der belarussische Journalist Raman Protasevich ist Administrator des Telegram-Kanals NEXTA live und oppositioneller Blogger. Und ins Visier von Präsident Alexander Lukaschenko geraten.
Protasevich wurde von Belarus international gesucht und machte den Weiterflug der Ryanair-Maschine nach dem Zwangsstopp nicht mit. Im Gegensatz zu fast allen anderen Passagiern des Fluges, der schließlich mit stundenlanger Verspätung in Vilnius landete. Bedeutet: Die Behörden haben ihn in Minsk festgesetzt. Medienberichten zufolge droht dem Blogger die Todesstrafe.
Die EU ist in Aufruhr
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte den Vorfall über Twitter als inakzeptabel verurteilt und vergeblich für alle Passagiere die Fortsetzung der Reise nach Litauen verlangt. In einem späteren Tweet forderte sie die Freilassung des Journalisten.
Ähnlich äußerte sich EU-Ratspräsident Charles Michel. Das Vorgehen von Belarus und mögliche Sanktionen gegen das autoritär regierte Land werden bereits Montagabend Thema eines EU-Sondergipfels sein.
Donald Tusk, Vorsitzender der Europäischen Volkspartei, sprach von Staatsterrorismus, der eine sofortige und scharfe Reaktion aller europäischer Regierungen erfordere.
Die belarussische, im Exil lebende Oppositionspolitikerin und ehemalige Präsidentschaftskandidatin sagte in einer Videobotschaft: "Es ist genug geredet worden. Offensichtlich erwarten die Belarussen entschlossene Aktionen und Hilfe von der internationalen Gemeinschaft. Von nun an kann keine einzige Person aus irgendeinem Land der Welt, die über Belarus fliegt, sich auch nur ein Fünkchen sicher fühlen."
Tichanowskaja berichtete auch, dass sie selbst möglichreweise ebenfalls im Visier des Geheimdienstes gewesen sei. Sie habe bereits mehrfach den Flug von Athen nach Vilnius genommen
NEXTA in Belarus gesperrt
Der Telegram-Kanal NEXTA live hatte vor allem über die oppositionellen Masenproteste und das Vorgehen der belarussischen Sicherherheitskräfte berichtet. Aktivist Protasevich sitzt nun in Minsk in Haft. Der Geheimdienst hatte ihn der Beteiligung an terroristischen Handlungen beschuldigt und deswegen international gefahndet.
NEXTA ist von einem Gericht in Belarus im Oktoberals extremistisch eingestuft worden. Es verfügte auch, den Kanal im Internet des Landes zu blockieren.
Der Name und das NEXTA-Logo wurden verboten, worauf die Macher mit einer Umbenennung in kyrillischer Schrift reagierten.