Diese Dinge haben den Lauf Olympischen Spiele beeinflusst

Archivbild: Die Olympische Fackel wird entzündet, Berlin 1936
Archivbild: Die Olympische Fackel wird entzündet, Berlin 1936 Copyright  AP/AP1936
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Von Juan Carlos De Santos Pascual
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Nicht erst die Corona-Pandemie hatte große Auswirkungen auf die Olympischen Spiele, die deswegen um ein Jahr verschoben wurden.

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Das Coronavirus war nicht der einzige Grund, warum die Olympischen Spiele verschoben oder neu angesetzt werden mussten. Im Laufe der Geschichte ist es schon mehrmals vorgekommen, dass die Spiel abgesagt werden mussten. Besonders in den Kriegsjahren, während des Ersten (1916) und Zweiten Weltkriegs (1940, 1944) wurden die Olympischen Spiele abgesagt.  

Von einer Pandemie betroffen waren die Spiele in der Geschichte nur einmal, im Jahr 1920, als die Spanische Grippe kursierte und die Spiele im belgischen Antwerpen ausgetragen wurden. Wir haben die spanischen Historikerinnen Laura Lara Martínez und María Lara Martínez interviewt, um herauszufinden, welchen Einfluss andere Pandemien auf die Spiele hatten und welche anderen Ereignisse den Verlauf der Geschichte der Olympischen Spiele geprägt haben.

Pandemien bei den Olympischen Spielen

Tokio 2020 sind tatsächlich die ersten Olympischen Spiele, die wegen der Pandemie verschoben wurden. Das heißt aber nicht, dass andere Olympische Spiele zuvor nicht schon von Pandemien überschattet worden wären. 

So waren die Spiele in Antwerpen von der Grippepandemie, aber vor allem von der Nachkriegszeit geprägt. Der Erste Weltkrieg war gerade zu Ende gegangen. "Die Grippe war 1918 noch nicht vorbei, und auch 1920 gab es noch Grippewellen. Die Situation war noch nicht unter Kontrolle", sagt Historikerin Laura Lara.

Es gab keine globale Reaktion auf die Pandemie, aber die Organisatoren hatten erkannt, dass einige Teams durch die Folgen der Pandemie von 1918 dezimiert waren. Der amerikanische Leichtathlet Martin Sheridan, ein fünffacher Olympiasieger, starb an dem Virus. Die britische Mannschaft hatte auch Stars wie Gerald Anderson, Kennes Powell und Henry Ashington verloren.

Damals gab es auch keine Beschränkungen oder Sicherheitsabstände. Die Historikerin Laura Lara berichtet: "Es gab Sportler, die sich darüber beklagten, dass alles überfüllt war, dass sie mit 10 bis 15 Männern in einem Raum schliefen, dass sie als Essen nur ein Stück Brot, Kaffee und eine Sardine bekamen."

Ohne Sicherheitsvorkehrungen "wurden viele dieser Infektionen als Lungenentzündung, Erkältung, oder Schnupfen abgetan, obwohl es sich um eine Grippe handelte", so Lara.

Vor der Pandemie bestand das Hauptproblem für die Organisatoren darin, die Spiele ohne angemessene Ressourcen zu organisieren. "Sie waren gezwungen, ihre eigenen Lebensmittel in einem Land wie Belgien zu kaufen, das zu dieser Zeit nur über ein sehr begrenztes Angebot verfügte", sagt Laura Lara.

"Die Sportanlagen lagen in Trümmern. Das Olympiastadion wurde in aller Eile fertiggestellt und die Olympiabahn war unvollständig, die Rennen wurden im Schlamm ausgetragen. Das Organisationskomitee hatte nicht die Mittel, um ein Schwimmbad zu bauen, und die Wettkämpfe wurden in einem Wasserkanal mit einer hölzernen Umrandung ausgetragen", fügt die Historikerin hinzu.

Athlet:innen rebellieren gegen die Regeln

Die Frage nach dem Dresscode der Athletinnen bei den Olympischen Spielen ist gerade wieder sehr aktuell, nachdem das norwegische Beachhandballteam bei den Europameisterschaften beschlossen hatte, längere Hosen als vorgeschrieben zu tragen. Das Team riskierte eine hohe Geldstrafe und brachte das Thema auf die Agenda. Sie sind jedoch nicht die einzigen, die bei den Olympischen Spielen durch Regelverstöße für Kontroversen gesorgt haben.

"Der erste, der gegen die Regeln der Spiele rebellierte, war der italienische Radrennfahrer Ebelardo Pavesi, der bei den Olympischen Spielen 1932 in Los Angeles die normale Verpflegung für das 100-km-Straßenrennen - Obst und Gemüse - gegen einen Teller Spaghetti eintauschte. Während er aß, trat er in die Pedale und gewann", sagt Maria Lara.

Auch viele andere haben gegen die Regeln verstoßen, aber schlechter abgeschnitten. "Einige von ihnen sind ihren besonderen Aktionen in Erinnerung geblieben, wie zum Beispiel Fred Lorz, ein amerikanischer Läufer, der 1904 bei den Olympischen Spielen in St. Louis den Marathon mit einer unglaublichen Zeit gewann. Später stellte sich heraus, dass er einen Teil des Kurses in einem Auto absolvierte. In ähnlicher Weise war der Schwede Hans-Gunnar Liljenval der erste Olympionike, der bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko positiv auf Alkohol getestet wurde. Es ist richtig, dass es das erste Jahr war, in dem diese Tests durchgeführt wurden", sagt die Historikerin María Lara.

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Archivbild: Das Olympische Dorf 1986 in Mexiko-Stadt.AP/1968 AP

Manche Teams mussten ihre Sportler auswechseln, um die Regeln zu befolgen und Geschichte zu schreiben. Bei den Olympischen Spielen in Tokio gewann eine 13-jährige Skaterin, aber sie war nicht die jüngste in der Geschichte der Spiele. "Schon in Paris im Jahr 1900 hatte die niederländische Rudermannschaft zu viel Gewicht in ihrem Boot. Ihr Steuermann war zu schwer und konnte nicht antreten. Sie mussten ihn ersetzen, und ein 10-jähriger Pariser Junge war ihre Rettung. Das niederländische Team gewann überraschend den Wettkampf. Damit ist der kleine Franzose der jüngste Medaillengewinner in der Geschichte der Olympischen Spiele", ergänzt Laura Lara.

Frauen bei den Olympischen Spielen

Historikerin María Lara erinnert daran: "In Paris 1900 gaben die Frauen ihr olympisches Debüt, 19 Frauen nahmen an den Olympischen Spielen in Paris teil. Die erste von ihnen, die zum Champion gekrönt wurde, war die englische Tennisspielerin Charlotte Cooper". Der Historikern zufolge wächst der Frauenanteil bei den Olympischen Spielen nur langsam. "In Sydney 2000 waren mehr als 40 Prozent der Athlet:innen Frauen, was einen Rekord darstellt", sagt Lara.

Auch bei den Olympischen Spielen der Antike waren Frauen nicht willkommen. "Bei den Olympischen Spielen durften nur unverheiratete Frauen teilnehmen, und die Strafe für eine verheiratete Frau, die den Athleten zusah, war der Tod, da die Athleten nackt antraten und ihre Körper als Symbol für Perfektion und Hingabe zur Schau stellten. Die Teilnahme der Frauen in die Wettkämpfe erfolgte nach den Männern, da Pierre de Coubertin (Sekretär der modernen Olympischen Spiele) dafür war, dass die Frauen als Zuschauerinnen fungieren sollten, die zusahen und applaudieren, anstatt mitzumachen."

AP/1948 AP
Die Niederländerin Fanny Blankers-Koen ist die erste Frau in der Geschichte der Spiele, die 3 Goldmedaillen gewonnen hat.AP/1948 AP

Maria Lara verweist auf eine antike olympische Veranstaltung als Beispiel dafür, was einer Frau passieren konnte: "Im Jahr 404 v. Chr. wurde über eine Zuschauerin beinahe ein Todesurteil verhängt. Dieser Mann, der von der Begeisterung über den Sieg des jungen Boxers Pisidore mitgerissen wurde, sprang über die Absperrungen und umarmte ihn. Als er dies tat, offenbarte sich, dass es sich nicht um einen Mann, sondern um eine Frau, die Mutter des Siegers, handelte."

Rassismus bei den Olympischen Spielen

Ein weiteres Thema, das bei den Spielen für Kontroversen gesorgt hat, ist  Rassismus. Schwarze Sportler gaben bei den Olympischen Spielen 1904 in St. Louis ihr olympisches Debüt. "Zur gleichen Zeit fanden die Anthropologischen Spiele zwischen verschiedenen Rassen statt, was den olympischen Geist verfälscht", fügt Historikerin Laura Lara hinzu.

"In Berlin 1936 wollte Hitler die deutsche Hauptstadt zum Schauplatz machen, um die Überlegenheit der arischen Rasse in der Praxis zu beweisen und die Vorzüglichkeit des nationalsozialistischen Systems zu zeigen. Ein Schwarzer, Jesse Owens, gewann das Weitsprungfinale und Hitler verließ das Stadion vorzeitig, um ihm bei der Siegerehrung nicht die Hand schütteln zu müssen", so die Historikerin.

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Dieses Archivfoto von 1936 zeigt Jesse Owens in einem 200-m-Vorlauf bei den Olympischen Spielen 1936 in BerlinAP/AP1936

"Der Äthiopier Abebe Bikila schrieb Geschichte, als er 1960 in Rom den Marathon ohne Schuhe gewann und damit der erste schwarze Athlet war, der eine olympische Goldmedaille für ein afrikanisches Land gewann", so Laura Lara.

Maria Lara merkt an, dass Classius Clay ebenfalls 1960 im Alter von 18 Jahren die Goldmedaille im Boxen gewann: "Als er in sein Land (USA) zurückkehrte, wurde ihm der Zutritt zu einem Restaurant verweigert, in dem nur Weiße verkehren. Clay verzichtete auf den Triumph seines Landes und warf die Medaille in einen Fluss".

Bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko, als schwarze amerikanische Athleten ihre Fäuste erhoben, um gegen ihre Diskriminierung bei den Spielen zu protestieren, waren vielleicht die beeindruckendsten Proteste. Diese Olympischen Spiele gingen als "Black Power"-Spiele in die Geschichte, so die beiden Historikerinnen.

Wussten Sie, dass...?

  • es bei den ersten Spielen der Neuzeit nur Silber- und Bronzemedaillen gab, Gold wurde 1904 in St. Louis (USA) eingeführt?
  • 1924 das erste Olympische Dorf errichtet wurden, und zwar in Paris?
  • 1932 in Los Angeles erstmals das Siegertreppchen für die Überreichung der Medaillen genutzt wurde?
  • 1928 die deutsche Schwimmerin Hilde Schrader die Goldmedaille in Amsterdam gewann, weil sie es eilig hatte, den Wettkampf zu beenden? Schraders Badeanzug riss mitten im Becken, was ihr so peinlich war, dass sie so schnell wie möglich fertig werden wollte.
  • 1984 in Los Angeles die Schweizer Athletin Gabriela Andersen den Marathon dehydriert und mit einer durch Krämpfe gelähmten Körperhälfte beendete? Andersen überquerte die Ziellinie im Sprint mit einem der größten Jubelschreie seit Menschengedenken.
  • Sportarten wie "Rettungsschwimmen" einst bei den Olympischen Spielen ausgetragen wurden?
  • die palästinensische Terrorgruppe "Schwarzer September"  bei den Olympischen Spielen 1972 in München 11 israelische Sportler ermordete?
  • die erste Entzündung der olympischen Fackel 1928 stattfand?
  • seit 1972 Maskottchen als Repräsentationssymbol bei den Spielen verwendet werden? Waldi, ein Dackel in Regenbogenfarben, wurde zum Symbol der Münchner Spiele.
  • 1912 in Stockholm eine Kulturolympiade stattfand?
  • Rom als Austragungsort für die Spiele 1908 vorgesehen war, aber wegen des Ausbruchs des Vulkans Vesuv die Spiele schließlich in London stattfanden?
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