Warum der Streit um Coronaregeln und Gesundheitspass in Frankreich?

Freiheit statt Gesundheitspass fordern die Demonstrant:innen in Paris
Freiheit statt Gesundheitspass fordern die Demonstrant:innen in Paris Copyright Michel Euler/ Associated Press
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Von euronews
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In Bars gehen und Züge benutzen dürfen künftig nur noch Geimpfte. Dass das verfassungskonform ist, wurde jetzt bestätigt. Protestiert wird trotzdem.

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In Frankreich hält die Debatte um den sogenannten Gesundheitspass an: Die Billigung des Gesetzes zur Ausweitung des Corona-Impfnachweises durch den Verfassungsrat wurde von erneuten Protesten begleitet. Am Donnerstagabend versammelten sich mehrere Hundert Menschen in Paris. Für diesen Samstag sind allein in der Hauptstadt vier weitere Protestaktionen geplant.

Am Freitag hat Deutschland Teile Südfrankreichs sowie Korsika wegen der sehr hohen Inzidenzen zum Hochrisikogebiet erklärt. Die neue EInstufung tritt am Sonntag in Kraft. Wer dann aus Frankreich nach Deutschland einreist, muss sich in Quarantäne begeben, wenn sie oder er keine Impfung oder Genesung von Covid-19 nachweisen kann.

Doch nicht alle in Frankreich machen sich Sorgen um die hohen Inzidenzen.

Auch wenn es wenig Hoffnung gab, dass das Gesetz abgelehnt werden würde, sei sie bitter enttäuscht, auch darüber, dass nur eine Handvoll Menschen wie sie die Freiheit verteidigten, so die Demonstrantin Nathalie, Verwaltungsangestellte in einem Krankenhaus in Zentralfrankreich: "Ich verstehe das nicht, ich bin angeekelt, ich will mich nicht impfen lassen."

"Man kann in einem freien Land doch nicht so leben."
Frédérique Baron
Gesundheitspass-Gegnerin

Auch die Hausfrau Frédérique Baron protestierte: "Man kann in einem freien Land doch nicht so leben, seinen Perso vorzeigen, wenn man einen Kaffee trinken will. Das geht nicht. Ich will frei sein, so wie früher, aber diese Früher gibt es nicht mehr."

Zehntausende am Wochenende zu Protesten erwartet

Für das Wochenende sind Demonstrationen in mehr als 150 Städten angekündigt. An den vergangenen drei Samstagen waren bereits Zehntausende gegen auf die Straßen gegangen.

Der Gesundheitspass ist ein Nachweis über eine zweimalige Impfung, eine kürzliche Covid-19-Genesung oder einen negativen Test. Ab Montag ist er unter anderem verpflichtend beim Kneipen- und Restaurantbesuch, in Zügen und Flugzeugen sowie bei Krankenhausbesuchen. Besonders umstritten ist auch die Impflicht für Gesundheitspersonal. Ungeimpfte Ärztinnen oder Pfleger droht die Suspendierung.

"Ich bin kein Impfgegner", so der Pariser Barbesitzer Clement Boucher. "Meine Angestellten sind geimpft, ich bin geimpft, das Problem ist der Gesundheitspass. Wir müssen unserer Kundschaft gegenüber Polizei spielen und das ist menschlich bedauernswert."

Macron: "Die vierte Welle ist da"

Die Maßnahme sorgte im Parlament für nächtelange Debatten, fand aber schließlich eine Mehrheit. Er wäre der erste, der sich darüber freuen würde, diese Regeln aufzugeben, so Präsident Emmanuel Macron. Aber die vierte Welle sei da und um Leben zu retten, müssten Maßnahmen getroffen werden.

Die Zahl der täglichen Neuinfektionen in Frankreich liegt derzeit bei rund 20.000. Die 14-Tage-Inzidenz liegt bei 414 und ist damit eine der höchsten in Europa.

Kritik von ganz links und ganz rechts

Die links- und rechtsextreme Opposition sieht das freilich anders: Die Entscheidung des Verfassunsrats sei absolut scheinheilig, so Rassemblement-National-Chefin Marine Le Pen. Gegen illegale Einwanderung tue er nichts, während der die Einschränkung der Bewegungsfreiheit der Franzosen billige.

Der Parteichef der linken France Insoumise, Jean-Luc Mélenchon, twitterte, es sei enttäuschend, dass der Verfassungsrat die Freiheiten nicht schütze.

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