Chaos in 207 Wahllokalen: Wahlleitung will selbst Einspruch gegen Berlin-Wahl einlegen

Schlange stehen zur Wahl am 26. September: Muss die Wahl zum Abgeordnetenhaus in zwei Berliner Wahlkreisen wiederholt werden?
Schlange stehen zur Wahl am 26. September: Muss die Wahl zum Abgeordnetenhaus in zwei Berliner Wahlkreisen wiederholt werden? Copyright Bernd von Jutrczenka/dpa via AP
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Von Alexandra Leistner
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In über 200 Wahllokalen in Berlin gab es am 26. September Unstimmigkeiten. Zwar sei die Zahl 207 erschreckend, in 2000 Wahllokalen sei der Tag aber ohne Zwischenfälle verlaufen.

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Am 26. September war in Berlin einiges los: Bundestagswahl, die Abstimmungen zum Abgeordnetenhaus, zu den Bezirksversammlungen, der Volksentscheid über die Enteignung von Wohnungskonzernen - und Berlin-Marathon.

Wie eine Marathonläuferin dürfte sich auch Berlins scheidende Wahlleiterin fühlen, die seither mit der Aufarbeitung der Versäumnisse, die es im Laufe der Wahl in zahlreichen Wahllokalen gab, befasst ist.

Bei einer Sitzung des Wahlausschusses gab Petra Michaelis an diesem Donnerstag bekannt, dass die Landeswahlleitung beim Berliner Verfassungsgerichtshof Einspruch gegen die Ergebnisse der Wahl zum Abgeordnetenhaus einlegen will.

Kommt es zu einer Wahlwiederholung?

Der Grund: In zwei Wahlkreisen habe es Wahlrechtsverstöße gegeben, die Auswirkungen auf die Mandatsverteilung haben könnten.

Nach Prüfung der Vorgänge könnte das Verfassungsgericht eine Wiederholung der Wahl in zwei betroffenen Wahlkreisen anordnen, wo das Wahlergebnis so knapp war, dass "sich Unregelmäßigkeiten mandatsrelevant ausgewirkt haben könnten", so Michaelis.

Betroffen sind nach Angaben der Wahlleiterin der Wahlkreis 6 im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf und der Wahlkreis 1 im Bezirk Marzahn-Hellersdorf. Hier seien teilweise falsche Stimmzettel ausgegeben worden oder die Wahllokale vorübergehend geschlossen worden, weil Stimmzettel fehlten.

Am Wahltag selbst hatten zahlreiche Berliner von ungewöhnlich langen Schlangen vor Wahllokalen berichtet. Weil die Logistik wegen der vielen Straßensperrungen zum Berlin-Marathon erschwert wurde, musste mancherorts sogar per Fahrrad Nachschub geholt werden.

Schlimmer geht immer

Michaelis selbst wird den Einspruch allerdings nicht einlegen, sie hatte als Konsequenz der Pannen rund um die Wahl Ende September am 29. September ihren Rücktritt angekündigt, um "die Verantwortung im Rahmen meiner Funktion als Landeswahlleiterin für die Umstände der Wahldurchführung" zu übernehmen.

Nach Erkenntnissen der Wahlleiterin hat es in insgesamt 207 der 2.257 Berliner Wahllokalen Probleme gegeben. "Wir haben unser Bestes gegeben, uns an alle Bestimmungen zu halten", so Michaelis. Die Zahl 207 sei erschreckend. Aber in "weit mehr als 2.000 Wahllokalen" sei "alles in Ordnung" gewesen, fügte sie hinzu.

Ein Debakel, das hätte verhindert werden können?

Wie die Noch-Wahlleiterin Petra Michaelis erklärte, seien die Wahlvorstände bereits einen Monat vor der Wahl waren Wahlvorstände über Probleme beim Einsortieren in der Druckerei informiert worden. Wegen der hohen Anzahl an Stimmzettel sowie aufgrund von Unachtsamkeit, sei man der Warnung aber nicht überall nachgekommen.

Allerdings wies Michaelis auch Kritik von sich wonach die langen Warteschlangen, die sich vielerorts vor Wahllokalen gebildet hatten, ein Wahlfehler seien. Die Verzögerungen seien anhand der vielen verschiedenen Wahlen die gleichzeitig abgehalten wurden, zu erwarten gewesen und dies sei eine Entscheidung des Senats gewesen.

Insgesamt seien rund 84.000 Berlinerinnen und Berliner von Schließungen von Wahllokalen betroffen gewesen. Alle, die sich bis 18 Uhr angestellt hatten, durften aber noch wählen. Das hatte die Wahlleitung auch am Wahlabend mitgeteilt.

Bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus in Berlin hatte die SPD mit ihrer Kandidatin Franziska Giffey 21,4 Prozent der Zweitstimmen erreicht, die Grünen kamen mit Bettina Jarasch mit 18,9 Prozent auf das beste Ergebnis ihrer Geschichte.

Ab Freitag soll es Sondierungsgespräche für eine Weiterführung der rot-rot-grünen Regierung in Berlin geben.

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Franziska Giffey, Spitzenkandidatin der Berliner SPD für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin mit Raed Saleh, Co-Parteivorsitzender der Berliner SPD.Bernd von Jutrczenka/dpa via AP
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An ihrem guten Ergebnis wird sich wohl auch bei einer Wiederholung wenig ändern: Berlins Grünen-Kandidatin Bettina JaraschChristoph Soeder/dpa via AP
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