Vor 30 Jahren: "Ich beende meine Tätigkeit als Präsident der UdSSR"

Der letzte Staats- und Parteichef der Sowjetunion Michail Gorbatschow (Archivbild 1991)
Der letzte Staats- und Parteichef der Sowjetunion Michail Gorbatschow (Archivbild 1991) Copyright AP Photo/Alexander Zemlianichenko
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Von Galina PolonskayaEuronews
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Im Interview mit Euronews-Reporterin Galina Polonskaya erklärt Gorbatschow-Berater Pawel Palaschtschenko seine Vision vom Untergang der UdSSR vor 30 Jahren.

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Am 25. Dezember 1991 wurde für immer die sowjetische Flagge über dem Kreml eingeholt. Michail Gorbatschow, der letzte Staats- und Parteichef der Sowjetunion, sagte damals in seiner Rücktrittserklärung die entscheidenden Worte: "Ich beende meine Tätigkeit als Präsident der UdSSR".

Einer, der damals mit dabei war, ist Pawel Palaschtschenko. Er arbeitete ab 1985 Jahre als Dolmetscher für Gorbatschow. Heute ist er dessen Berater und Leiter der Abteilung für Internationale Beziehungen und Medien bei der Gorbatschow-Stiftung.

"Ich denke, dass es in irgendeiner Form möglich war, die meisten Republiken zusammenzuhalten"

Im Interview mit Euronews-Reporterin Galina Polonskaya erklärt er seine Vision vom Untergang der UdSSR vor 30 Jahren.

Pawel Palaschtschenko: "Wir haben unter der Leitung von Michail Gorbatschow ein Buch mit dem Titel "Die Union hätte bewahrt werden können" veröffentlicht. Dessen Hauptgedanke ist, dass es unmöglich war, die Sowjetunion in ihrer alten Form zu erhalten. Das wird gerade jetzt besonders deutlich.

Als die Staatsführung dies erkannte, beschloss sie, den Weg eines neuen Bündnisses einzuschlagen, bei dem die unterzeichnenden Republiken selbst entscheiden sollten, welche Befugnisse sie behalten und welche sie freiwillig an die Zentralmacht delegieren wollten. 

Ich glaube, dass dies der richtige Weg war. Konflikte, Kriege zwischen den Republiken, wie wir sie jetzt erleben, wären meiner Meinung nach viel unwahrscheinlicher gewesen."
Pawel Palaschtschenko
Gorbatschow-Berater

Ich glaube, dass dies der richtige Weg war. Konflikte, Kriege zwischen den Republiken, wie wir sie jetzt erleben, wären meiner Meinung nach viel unwahrscheinlicher gewesen."

Galina Polanskaya, Euronews: "Was sind die Hauptgründe für den Zerfall der UdSSR?"

Pawel Palaschtschenko: "Es gab zwei entscheidende Ereignisse: den Augustputsch und das  Abkommen von Belowesch*. Das sind die beiden Hauptgründe."

*Am 8. Dezember 1991 unterzeichneten die Präsidenten Russlands, der Ukraine und von Belarus (Boris Jelzin, Leonid Krawtschuk und Stanislau Schuschkewitsch) in der Regierungsdatscha im Wald von Belowesch in Weißrussland den sogenannten "Vertrag von Minsk" bzw. das Abkommen von Belowesch.

_Darin wurde die offizielle Auflösung der Sowjetunion festgehalten, der Vertrag zur Schaffung der UdSSR von 1922 außer Kraft gesetzt und die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten gegründet, die am 21. Dezember 1991 mit der Erklärung von Alma-Ata (1991) bestätigt wurde. _

Die Auflösung des weltgrößten sozialistischen Staates markierte zugleich das Ende des Kalten Krieges.

Eine heterogene Gruppe mit Republiken wie Estland und Turkmenistan

Pawel Palaschtschenko: "Natürlich spielte auch der Wunsch der Republiken, ihre eigenen Nationalstaaten zu gründen, eine Rolle. Auch die Verschiedenartigkeit der Republiken, aus denen sich die Sowjetunion zusammensetzte.

Es ist sehr schwierig, eine derart heterogene Gruppe mit Republiken wie Estland und Turkmenistan zusammenzuhalten. Aber ich denke, dass es dennoch in irgendeiner Form möglich war, die meisten Republiken zusammenzuhalten."

Galina Polanskaya, Euronews: "Kritiker sagen, dass einer der Gründe für den Zusammenbruch der Sowjetunion die Verzögerung bei der Umsetzung von Wirtschaftsreformen war. Wie interpretieren Sie diese Kritik an Michail Gorbatschow?"

Pawel Palaschtschenko: "Ich denke, dass wir in den letzten 30 Jahren zu der Überzeugung gelangt sind, dass Wirtschaftsreformen extrem schwierig sind, eine sehr schwierige, sehr langsame Angelegenheit.

Und deshalb irren sich diejenigen, die Gorbatschow dafür kritisieren, dass er nicht in der Lage war, dies in 3, 4 oder 5 Jahren zu erreichen. Obwohl es sicher zu einem gewissen Grad zutrifft, dass die wirtschaftlichen Schwierigkeiten eine Rolle beim Niedergang von Gorbatschows Popularität spielten - und den Wunsch der Republiken bestärkten, sich aus eigener Kraft aus dieser Situation zu befreien."

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