Neue Massengräber in der Ukraine: Mehr als 1200 Tote rund um Kiew entdeckt

Ein Feuerwehrmann in Borodjanka nahe Kiew
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Von Euronews mit dpa, afp ap
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Nach dem Abzug russischer Truppen werden nach ukrainischen Angaben immer neue Massengräber rund um Kiew entdeckt.

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Schon seit Tagen warnt die Nato vor einem weiteren russischen Großangriff in der Ostukraine. Jetzt von der US-Firma Maxar Technologies veröffentlichte Satellitenbilder scheinen die Befürchtung zu bestätigten.

Langer Kriegskonvoi Richtung Donbas

Auf ihnen ist ein 13 Kilometer langer Kriegskonvoi nahe Charkiw zu sehen, der sich nach Süden in den Donbas bewegt, beladen mit Panzern, Waffen und anderer Ausrüstung.

Russland lässt die Muskel spielen und versucht, mit martialischen Bildern einmal mehr seine militärische Stärke in Szene zu setzen: Raketen abgeschossen vom Schwarzen Meer aus und Angriffe aus der Luft. Die Streitkräfte hätten Dutzende Militärobjekte in der Ukraine zerstört, heißt es aus Moskau.

Kiew ist alarmiert und lässt im Osten des Landes Stellungen ausbauen. Armeesprecher Oleksandr Shputun erklärte: "Der Feind setzt seine bewaffnete Aggression gegen unseren Staat in vollem Umfang fort. Er versucht, unsere Verteidigung im Gebiet um die Stadt Isjum zu durchbrechen und die vollständige Kontrolle über die Stadt Mariupol zu erlangen. Außerdem versuchen die Besatzer, die taktischen Positionen ihrer Truppen in Richtung Mykolajiw zu verbessern."

Massengräber in Kiew

Nach dem Abzug russischer Truppen sind auch westlich der ukrainischen Hauptstadt Kiew Dutzende tote Zivilisten in einem Massengrab gefunden worden, insgesamt seien es inzwischen mehr als 1200.

"Nahe der Tankstelle von Busowa haben wir heute noch tote Zivilisten in einer Grube gefunden", sagte der Gemeindevorsteher Taras Didytsch in der Nacht zum Sonntag im ukrainischen Fernsehen. Auf der Trasse von Kiew nach Schytomyr seien zudem etwa 15 Kilometer von der Hauptsatdt entfernt Leichen bei einem Dutzend beschossener Autos gefunden worden.

Die russischen Truppen hatten in den ersten Kriegstagen versucht, die ukrainische Hauptstadt zu blockieren. Sie waren jedoch an der Hauptverbindungsstrecke nach Westen von ukrainischen Einheiten gestoppt und zurückgedrängt worden. Nach dem kompletten Rückzug der russischen Truppen aus der Nordukraine werden in immer mehr Orten Massengräber mit Zivilisten gefunden.

Katastrophale Lage in Kramatorsk

In Kramatorsk, wo am Freitag mehr als 50 Menschen auf der Flucht von russischen Raketen getötet wurden, geht die Evakuierungsmission inzwischen wieder weiter. Hilfsorganisationen sprechen von einer „katastrophalen Lage“.

Pascal Hundt vom Internationalen Roten Kreuz sagt: „Die Menschen sind mehr denn je voller Angst und Verzweiflung. Sie trauen sich nach dem Angriff auf den Bahnhof nicht mehr, den Zug zu nehmen, also fahren sie mit dem Auto. Sie haben auch Schwierigkeiten, das Krankenhaus zu erreichen. Und unsere Hilfe ist nicht nur hier dringend nötig. Das Internationale und das Deutsche Roten Kreuz versuchen gerade auch an der Front, Verwundete in Sicherheit zu bringen.“

"Kriegsverbrecher des Jahrhunderts"

Die ukrainische Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa nannte den russischen Präsidenten Wladimir Putin den "Hauptkriegsverbrecher des 21. Jahrhunderts". Die Ukraine habe 5600 Fälle mutmaßlicher Kriegsverbrechen mit 500 Verdächtigen identifiziert. Dazu gehöre auch der Raketenangriff vom Freitag auf den Bahnhof der ostukrainischen Stadt Kramatorsk, sagte sie dem britischen Sender Sky News. Russland hatte die Verantwortung für den Angriff zurückgewiesen.

Scholz sagte nach Angaben der stellvertretenden Regierungssprecherin Christiane Hoffmann in seinem Telefonat mit Selenskyj, die Bundesregierung werde mit internationalen Partnern alles daran setzen, dass die Verbrechen aufgeklärt werden. Die Täter müssten identifiziert werden, um sie vor nationalen und internationalen Gerichten zur Verantwortung zu ziehen.

Weitere Angriffe im Osten

Russland setzte seine Raketenangriffe am Wochenende vor allem in der Ostukraine fort. Im Gebiet Dnipropetrowsk seien der Stab und Basis des Bataillons Dnipro vernichtet worden, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau.

Zerstört worden seien auch auf dem Militärflugplatz der Garnisonsstadt Tschuhujiw im Gebiet Charkiw Startkomplexe des Luftabwehrsystems S-300 sowie in der Ostukraine mehrere Drohnen, zwei Munitions- und drei Treibstofflager. Insgesamt seien 86 Objekte innerhalb eines Tages getroffen worden.

Nach russischen Angaben sollen mehr als 700 000 Menschen aus den Separatistengebieten Donezk und Luhansk und anderen Regionen nach Russland geflohen sein. Überprüfbar sind die Angaben der Kriegsparteien nicht.

Die ukrainische Militärverwaltung meldete, durch Beschuss in der Region Donezk und im Gebiet Charkiw seien mehrere Zivilisten getötet und weitere verletzt worden. Dafür sei Russland verantwortlich.

Ukrainische Kräfte hätten bei Angriffen auf russische Truppen 80 Soldaten getötet sowie drei Panzer und je ein Flugzeug und einen Hubschrauber zerstört. Russische Raketenangriffe verwüsteten nach ukrainischen Angaben auch den Flughafen der Großstadt Dnipro. In der Hafenstadt Mariupol dauerten die Gefechte ebenfalls an.

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