Landtagswahlen in Tirol: ÖVP muss neuen Koalitionspartner suchen

Politische Schlechtwetterstimmung bei der Tiroler ÖVP
Politische Schlechtwetterstimmung bei der Tiroler ÖVP Copyright Matthias Schrader/Copyright 2022 The Associated Press. All rights reserved.
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Von Euronews
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Die Konservativen haben herbe Verluste erlitten, bleiben aber stärkste Kraft. Ohne Kanzlerbonus in die Wahl gegangen, müssen sie sich jetzt nach neuen Bündnissen umschauen.

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Bei der Landtagswahl im österreichischen Bundesland Tirol hat die regierende ÖVP herbe Verluste eingefahren. Zwar kommen die Konservativen mit 34,7 Prozent immer noch auf den ersten Platz, das sind jedoch rund zehn Prozentpunkte weniger als bei der letzten Wahl 2018.

Den zweiten Platz sicherte sich die rechte FPÖ. Sie hat trotz turbulenter Zeiten in der Bundespolitik ihr Ergebnis von der letzten Wahl um rund drei Prozentpunkte auf knapp 19 Prozent verbessert. Die sozialdemokratische SPÖ liegt fast unverändert bei knapp 17,5 Prozent. Die Liste Fritz, die sich unter anderem für bessere Bildungsangebote und bezahlbares Wohnen einsetzt, aber deren Mitglieder politisch nicht immer leicht zu verorten sind, schaffte knapp zehn Prozent. Die Grünen, bisheriger Koalitionspartner im Land, verlieren leicht auf etwa neun Prozent. Und die liberalen Neos liegen bei etwa sechs Prozent. Die impfkritische Partei MFG scheiterte deutlich an der Fünf-Prozent-Hürde.

Ein Bündnis wie bisher – ÖVP und Grüne – geht sich nun rechnerisch nicht mehr aus. Beobachter sagen bereits eine Koalition von ÖVP und SPÖ voraus. Vor allem in Österreichs Bundespolitik waren solche "großen" Koalitionen lange Zeit üblich, das änderte sich aber mit dem rasanten Aufstieg von Ex-ÖVP-Chef Sebastian Kurz, der kurz darauf Bundeskanzler wurde und etwas später dann aufgrund einer großen Regierungskrise und diversen Skandalen in seinem Umfeld zurücktreten musste.

Kein Nehammer-Bonus

Von Kurz' Popularität als junger, unverbrauchter Politiker mit einem "neuen Stil" hatte 2018 auch die Tiroler ÖVP bei den Landtagswahlen profitiert. Dieser Bonus ist jetzt weg, der aktuelle ÖVP-Kanzler Karl Nehammer manövriert seine Partei immer weiter in ein bundesweites Umfragetief hinein.

Auch gilt Spitzenkandidat Anton Mattle als weit weniger bekannt als sein Vorgänger Günther Platter, der Tirol lange Zeit als Landeshauptmann vorstand, jetzt aber überraschend seinen Posten zur Verfügung stellt. Die für die Wähler wichtigsten Themen waren die Inflation, die Sicherung der Energieversorgung sowie leistbares Wohnen, wie aus einer Wahltagsbefragung der Institute Sora und ISA sowie des österreichischen Rundfunks ORF hervorgeht.

Die nächste große Wahl steht in Österreich am 9. Oktober an. Dann sind die Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, den Bundespräsidenten zu wählen. In Österreich passiert das im Gegensatz zu Deutschland per Direktwahl. Die besten Chancen hat der derzeitige Amtsinhaber Alexander Van der Bellen. Der ehemalige Grünenpolitiker hat das Land mit ruhiger Hand durch die großen Krisen der vergangenen Jahre begleitet, er genießt Respekt weit über Parteigrenzen hinweg.

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