Malmö erforscht alle Möglichkeiten einer nachhaltigen Wirtschaft

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Von Valérie GauriatSabine Sans
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In den vergangenen 30 Jahren hat die kleine Stadt ihren Energieverbrauch um 40 Prozent gesenkt. Aber auch Malmö ist von den Auswirkungen des Ukrainekriegs nicht verschont geblieben.

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Recycling, grüne Energie, Sparsamkeit. Welche Rezepte gibt es in Zeiten der Energiekrise und des Klimawandels? Antworten gibt es aus dem schwedischen Malmö, einer Stadt, die als Vorbild für nachhaltiges Wirtschaften bekannt ist.

Olof Kolte und seine Frau Yuki Tango, beide Industriedesigner und Lehrer, sind stolz auf den Gemüsegarten, den sie in einer Kleingartenanlage im südschwedischen Malmö bewirtschaften. Sie wollen ihren Teil beitragen, die Umwelt zu schützen, indem sie einen Teil der Lebensmittel, die sie mit ihren beiden Kindern essen, selbst produzieren.

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Der Kleingarten von Olof Kolte und Yuki Tangoeuronews

Es gibt Äpfel für einen Kuchen. "Und Weintrauben. Wir versuchen, so viele Lebensmittel wie möglich für unsere Familie zu produzieren", erklärt Yuki Tango. "Es ist auch gut für die Kinder. Sie sehen, wie die Dinge wachsen und was es zu welcher Jahreszeit gibt."

"Das Ziel des globalen Lebensmittelsystems ist es, jederzeit und überall auf der Welt alles liefern zu können. Aber wenn die Energiepreise steigen und es Unsicherheiten gibt, ist das System sehr instabil", meint Olof Kolte. "Das funktioniert so lange, wie viele fossile Brennstoffe verwendet werden. Aber wenn sie nicht vorhanden sind oder nicht genutzt werden sollten, weil sich das Klima verschlechtert, dann muss man andere Wege finden, um an Nahrung zu kommen."

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Olof und Yuki in ihrem Kleingarteneuronews

In ihrer Wohnung im Stadtzentrum versucht das Paar, einen nachhaltigen Lebensstil zu führen. Sie kaufen möglichst Produkte ohne Verpackung und trennen ihren Müll in Papier und Zeitungen, Glas, Metall und Plastik, und Bio-Abfälle. Dieser wird zur Herstellung von Biokraftstoff verwendet. 

Müllautos in Malmö fahren mit Biokraftstoff

Aus organischen Abfällen hergestellter Kraftstoff, mit dem die meisten Müllfahrzeuge in Malmö betrieben werden.

"Wir bringen die Abfälle an einen Ort, wo sie zu Biokraftstoff recycelt werden. Und dieser Biokraftstoff wird für die LKWs verwendet. Es wird also nichts verschwendet werden. Das ist das Schöne daran", freut sich der Müllmann Issaka. "Deshalb macht es mir viel mehr Freude, diese Arbeit zu tun."

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Müllmann Issaka ist glücklich mit seiner Arbeit.euronews

In dieser Anlage werden jährlich mehr als 600.000 Tonnen Abfall aus den 14 Gemeinden der Region, aber auch aus ganz Europa verarbeitet.´

Die organischen Abfälle werden in Flüssigschlamm umgewandelt und von einem anderen Unternehmen zu Brennstoff recycelt. Der Rest wird in das städtische Energienetz eingespeist. "Wir liefern fast 70 Prozent der Fernwärme in der Stadt Malmö", erklärt Ann Nerlund, Umweltberaterin bei SYSAV. "Was Energie und Strom betrifft, so produzieren wir jährlich etwa 270.000 Megawattstunden Strom."

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Ann Nerlund erklärt, was mit dem Müll passierteuronews

Auf die Frage, ob diese Methode wirklich umweltfreundlich ist, führt Ann Nerlund aus: "Wir verbrennen den Abfall. Dabei entsteht natürlich Kohlendioxid sowohl biologischen als auch fossilen Ursprungs. Wir versuchen zum Beispiel, Kunststoff aus den brennbaren Abfällen heraus zu sortieren. Wir arbeiten auch an der Kohlenstoffabscheidung und -speicherung.

Sortieranlage für Alttextilien

Gerade stellte das Unternehmen die weltweit erste automatische Sortieranlage für Alttextilien vor, die im vergangenen Jahr auf dem Firmengelände installiert wurde. Mit optischen Sensoren werden die Textilien nach Farben und Fasern sortiert, jährlich können rund 24.000 Tonnen Textilabfälle verarbeitet und von der Industrie effizienter recycelt werden.

Dies ist eine vielversprechende Technologie für Europa, wo jedes Jahr etwa 4 Millionen Tonnen Textilabfälle verbrannt oder deponiert werden. 

Malmö geht nachhaltige Wege

Intelligenter Wohnungsbau, erneuerbare Energien, sauberer Verkehr: Seit der Ölkrise in den siebziger Jahren hat Malmö alle Möglichkeiten einer nachhaltigen Wirtschaft erforscht.

Eine Philosophie, die das tägliche Leben der Bewohner geprägt hat. Das Fahrrad ist ein beliebtes Verkehrsmittel in Malmö, das über 560 km Radwege verfügt. Es ist erwähnenswert, dass mehr als ein Viertel des städtischen Verkehrs in dieser Stadt mit rund 340.000 Einwohnern auf das Fahrrad entfällt.

65 % der Busse der Stadt sind elektrisch, der Rest wird mit Biokraftstoff betrieben. Ziel ist es, bis 2030 nur noch Strom zu verwenden. 

Grünes Gewissen auch beim Essen

Das schwedische grüne Gewissen steht auch auf der Speisekarte eines trendigen Restaurants in einem bekannten ökologischen Viertel von Malmö. Die beiden Tagesgerichte werden ausschließlich mit Lebensmitteln zubereitet, die in den Supermärkten und bei den Erzeugern unverkauft blieben und sonst weggeworfen worden wären. 

Der Gründer des Restaurants, ein ehemaliger Zwei-Michelin-Sternekoch, will die Lebensmittelverschwendung bekämpfen. Nach Angaben der UNO wird jedes Jahr ein Drittel der für den menschlichen Verzehr produzierten Lebensmittel weggeworfen - mehr als eine Milliarde Tonnen: 

"Wir wollen auf das Problem aufmerksam machen", sagt Erik Anderson Mohlin, Chef und Gründer von Spill. "Wir produzieren heute zu viele Lebensmittel, wir schätzen sie nicht und wir nutzen nicht alles, was wir produzieren. Ich glaube nicht, dass wir allein die Lösung sind. Die Lösung besteht darin, das System zu ändern. Wir müssen diese Kantine wie ein Unternehmen führen. Wir haben zwischen 220 und 300 Kunden pro Tag. Also ja, es funktioniert gut."

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Erik Anderson Mohlin, Chef und Gründer von Spilleuronews

In den vergangenen 30 Jahren hat die Stadt Malmö ihren Energieverbrauch um 40 Prozent gesenkt. Aber auch die Stadt ist von den Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auf die Energiepreise nicht verschont geblieben. Gekoppelt an die europäischen Marktpreise und auch aufgrund der rückläufigen lokalen Ressourcen haben sie sich seit Jahresbeginn vervierfacht.

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