NATO: Wer tritt Jens Stoltenbergs Nachfolge an?

Seit 2014 ist Jens Stoltenberg NATO-Generalsekretär, doch wer folgt ihm im Amt?
Seit 2014 ist Jens Stoltenberg NATO-Generalsekretär, doch wer folgt ihm im Amt? Copyright Virginia Mayo/Copyright 2022 The Associated Press. All rights reserved
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Von Cornelia Trefflich
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Schon Ende 2022 wollte er sein Amt als NATO-Generalsekretär aufgeben, doch ließ sich dann überreden, zu verlängern. Ende September 2023 will Jens Stoltenberg nun wirklich aufhören. Doch wer kommt für seine Nachfolge in Frage?

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Seit dem 1. Oktober 2014 ist er das Gesicht der NATO: der frühere norwegische Ministerpräsident Jens Stoltenberg. Doch schon seit mehr als zwei Jahren wird hinter den Kulissen die Frage um seine Nachfolge diskutiert. Er selbst hatte den Rückzug von seinem Posten als NATO-Generalsekretär für Ende 2022 angekündigt, weil er an die Spitze der norwegischen Zentralbank wechseln wollte.

Wer folgt auf Stoltenberg?

Seit dem 1. Oktober 2014 ist er das Gesicht der NATO: der frühere norwegische Ministerpräsident Jens Stoltenberg. Doch schon seit mehr als zwei Jahren wird hinter den Kulissen die Frage um seine Nachfolge diskutiert. Er selbst hatte den Rückzug von seinem Posten als NATO-Generalsekretär für Ende 2022 angekündigt, weil er an die Spitze der norwegischen Zentralbank wechseln wollte.

Doch das transatlantische Militärbündnis bat den 64-Jährigen zu bleiben, besonders seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs wünschte man sich Stabilität. Stoltenberg willigte ein, sein Mandat ein drittes Mal zu verlängern.

Er hat bereits klargestellt, dass für ihn eine erneute Verlängerung an der Spitze der Nato nicht in Frage kommt. Er wolle in sein Heimatland zurückkehren, wie er bei mehreren Gelegenheiten betont hat. Dass er erneut überzeugt werden kann, bezweifelt auch Jamie Shea, früherer NATO-Direktor für Politische Planung und Mitarbeiter beim Thinktank Chatham House:

“Er hat deutlich gemacht, dass seine Amtszeit am 30. September zu Ende geht und er die Absicht hat, zurückzutreten. Seine Amtszeit wurde bereits dreimal verlängert, was für einen NATO-Generalsekretär, zumindest in der heutigen Zeit, ziemlich einzigartig ist.”

Aus der Sicht von Experte Shea könnte die Öffentlichkeit schon bald erfahren, wer zukünftig das Gesicht der NATO sein wird:

“In nur einem Monat findet in Vilnius, Litauen, der nächste NATO-Gipfel statt. Und ich könnte mir vorstellen, dass das Bündnis den neuen Generalsekretär bei dieser Gelegenheit der Weltöffentlichkeit vorstellen möchte, sofern dies möglich ist.”

Doch wie wird der zukünftige Generalsekretär überhaupt ausgewählt und welche Voraussetzungen sollte er mitbringen?

Dass das Gesicht des Militärbündnisses über politisches Gewicht und Regierungserfahrung verfügen sollte, scheint gesetzt. Diplomatisches Geschick, gute Kommunikations - und Managementfähigkeiten sind Qualitäten, die ein potenzieller Kandidat mitbringen sollte, wie Experte Shea bestätigt:

Das Orchester spielt also nicht von selbst. Man braucht einen guten Dirigenten, um das Orchester harmonisch spielen zu lassen, und deshalb braucht man einen guten Diplomaten
Jamie Shea
NATO-Experte, Chatham House

“Die NATO ist eine Familie von 31 demokratischen Staaten, und sie haben ihre Interessen. Sie sind nicht immer einer Meinung. Das Orchester spielt also nicht von selbst. Man braucht einen guten Dirigenten, um das Orchester harmonisch spielen zu lassen, und deshalb braucht man einen guten Diplomaten.

Der zweite Punkt ist, dass man einen guten Kommunikator braucht…warum jetzt die NATO? Warum zusätzliche Verteidigungsausgaben, wenn es so viele andere wirtschaftliche Prioritäten gibt, mit denen unsere Mitgliedsstaaten konfrontiert sind? Wissen Sie.... warum wir die Ukraine weiterhin mit so viel Geld und Material unterstützen sollten? Dafür ist Kommunikation wichtig.

Und drittens braucht man einen guten Manager, einen guten Verwalter. Es ist eine große Bürokratie. Sie ist nicht ganz so groß wie die Vereinten Nationen oder die Europäische Union, aber es gibt einen großen internationalen Stab und einen internationalen Militärstab. Es gibt eine Vielzahl von Büros. Es gibt viele NATO-Büros in den verschiedenen Mitgliedsstaaten. Und Sie müssen dafür sorgen, dass diese Bürokratie die Beschlüsse, die die NATO-Staatschefs auf ihren regelmäßigen Gipfeltreffen fassen, ausarbeitet, umsetzt und durchführt.”

Hochkarätige Amtsträger:innen, die für eine mögliche Nachfolge in Frage kommen, gibt es viele.

Immer wieder fällt der Name der estnischen Ministerpräsidentin Kaja Kallas, genauso wie der Name von Zuzana Čaputová, Präsidentin der Slowakei. Viele sehen auch in EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine geeignete Kandidatin.

Ist es also Zeit für ein weibliches Gesicht der NATO?

“Ich wäre der erste, der mit Begeisterung ein weibliches Gesicht an der Spitze des Bündnisses begrüßen würde, um zu zeigen, dass die NATO heute eine moderne Organisation des 21. Jahrhunderts ist. Aber das hängt natürlich davon ab, ob gut qualifizierte Kandidatinnen ihren Hut in den Ring werfen”, stimmt Experte Shea zu.

Ich wäre der erste, der mit Begeisterung ein weibliches Gesicht an der Spitze des Bündnisses begrüßen würde, um zu zeigen, dass die NATO heute eine moderne Organisation des 21. Jahrhunderts ist.
Jamie Shea
NATO-Experte, Chatham House

Ein gewichtiges Wort in der Personalentscheidung dürften allerdings die USA haben, denn gegen den Willen der Vereinigten Staaten wird keine Entscheidung getroffen. So hatte unlängst die Reise der dänischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen nach Washington Spekulationen angeheizt, dass es im Gespräch mit dem US-Präsidenten auch um den Posten der Nato-Generalsekretärin gegangen sei. Frederiksen dementierte in dänischen Medien

Warum ist es dennoch so schwer, einen geeigneten Kandidaten zu finden?

Was den Prozess erschwert, ist, dass ein Konsens über eine geeignete Kandidatin oder einen geeigneten Kandidaten für Stoltenbergs Nachfolge gefunden werden muss - keine leichte Aufgabe für die seit dem Beitritt Finnlands inzwischen 31 Mitgliedsstaaten. Doch NATO-Experte Shea ist sich dennoch sicher:

“Es gibt viele, viele Talente da draußen, viele potenzielle Kandidaten. Es gibt also keinen Grund, warum die NATO nicht in der Lage sein sollte, einen geordneten Übergang zu schaffen. Und ich denke, dass es im Interesse der NATO ist, einen geordneten Übergang zu schaffen.”

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