Die Mitte-Rechts-Partei GERB des ehemaligen bulgarischen Premierministers Bojko Borissow ist der wahrscheinliche Sieger der bulgarischen Parlamentswahlen. Nach den Ergebnissen der Wahltagsbefragungen lag sie am Sonntag mit weitem Abstand auf dem ersten Platz.
Die vom Meinungsforschungsinstitut Gallup International durchgeführte Wahltagsbefragung ergab, dass die GERB, ein Akronym für "Bürger für die europäische Entwicklung Bulgariens", 25 Prozent der Stimmen erhielt.
Sie setzte sich offenbar mit einem Vorsprung von fast 10 Prozent der Stimmen gegen die reformorientierte Koalition aus der Partei "Wir setzen den Wandel fort“ und dem rechtsgerichteten "Demokratischen Bulgarien" durch.
Die ersten Ergebnisse werden für Montag erwartet, aber es könnte noch Tage dauern, bis die endgültigen, offiziellen Ergebnisse bekannt gegeben werden.
Sollten die Ergebnisse die Exit Polls bestätigen, erhält Borissow ein Mandat zur Bildung seines vierten Kabinetts. Aber - es wird schwierig für ihn werden, in dem zersplitterten Parlament Verbündete für eine Regierungskoalition zu finden.
Wählermüdigkeit und Politikverdrossenheit haben ein Klima geschaffen, in dem radikale politische Stimmen die vorhandene Unterstützung für den demokratischen Prozess untergraben. Pro-russische und rechtsextreme Gruppen gewinnen an Popularität.
Bei der letzten Wahl im Juni gab es keinen klaren Sieger, und die sieben Fraktionen, die in die Legislative gewählt wurden, waren nicht in der Lage, eine tragfähige Koalition zu bilden.
Beobachter gehen davon aus, dass die Abstimmung am Sonntag zu komplizierten Verhandlungen zwischen den zahlreichen Fraktionen führen wird.
Wahlkampfspirale sorgt für weitreichende Auswirkungen
Die nicht enden wollende Wahlkampfspirale hat schwerwiegende Auswirkungen auf die bulgarische Wirtschaft und die Außenpolitik des Landes. Das Land läuft Gefahr, aufgrund mangelnder Reformen Milliarden von Euro an EU-Konjunkturprogrammen zu verlieren. Die vollständige Integration in den Schengen-Raum mit offenen Grenzen und der Beitritt zur Eurozone werden sich vermutlich weiter verzögern.
Laut Analysten sind diese alarmierenden Signale ein Anreiz für Parteien an beiden Enden des politischen Spektrums, nach einer Lösung auf der Grundlage pragmatischer Kompromisse zu suchen.
Die wichtigste pro-russische Partei in Bulgarien, Vazrazhdane, der Meinungsforscher die zweitgrößte Position in der Legislative vorausgesagt hatten, erzielte offenbar ein schwächeres Ergebnis.
Die rechtsextreme, ultra-nationalistische und populistische Partei fordert, dass Bulgarien die Sanktionen gegen Russland aufhebt, die Hilfen für die Ukraine einstellt und ein Referendum über seine Mitgliedschaft in der NATO abhält.
Die Gruppe ist bisher im Parlament isoliert, und es gibt keine neuen Anzeichen für künftige Partnerschaften.
Sollten die etablierten Parteien in der Legislative jedoch keinen Ausweg aus der Sackgasse finden, könnte die Anziehungskraft für Parteien wie Vazrazhdane zunehmen und den prowestlichen Weg Bulgariens erschweren.