Mit der Verschärfung des globalen Handelskonfliktes fürchten die EU und die USA um ihren Zugang zu den so wichtigen Seltenen Erden und anderen kritischen Rohstoffen. Auf der Suche nach alternativen Beschaffungswegen gehen die USA brachial vor, während die EU auf diplomatische Mittel setzt.
Die USA konsumieren schon seit langem mehr, als sie produzieren. Jahrzehntelange Deindustrialisierung hat dazu geführt, dass die USA bei allem - von Autos und technischen Geräten bis hin zu Spielzeug und billiger Kleidung - von Handelspartnern abhängig sind. Nirgendwo ist diese Abhängigkeit akuter als bei kritischen Rohstoffen - ein Problem, das die EU teilt.
Nur zwei Tage, nachdem der US-Präsident den "Tag der Befreiung" ausgerufen und im Rosengarten des Weißen Hauses seine Liste der "reziproken" Handelszölle vorgestellt hatte, verhängte Peking im Stillen Ausfuhrkontrollen für sieben Seltenerdmetalle. Selbst wer Samarium, Gadolinium, Terbium, Dysprosium, Lutetium, Scandium und Yttrium nicht kennt, hält diese Seltenen Erden vermutlich jeden Tag in der Hand - in Form eines Smartphones.
Es handelt sich zwar nicht um ein Verbot, aber die Exporteure müssen für die Lieferung dieser Metalle und verwandter Produkte eine Genehmigung beantragen, so dass Peking effektiv kontrollieren kann, was wohin geliefert wird.
Diese schweren Seltenerdmetalle sind nur eines von 34 Gütern, die in dem im letzten Jahr von der EU verabschiedeten Gesetz über kritische Rohstoffe aufgeführt sind. Zusammen mit Mineralien wie Lithium und Kobalt sind sie für Elektroautos und andere saubere Energieanwendungen sowie für die Digital- und Waffentechnologie unerlässlich. Es ist kein Zufall, dass fast alle diese wichtigen Mineralien von Anfang an auf der langen Liste der Materialien standen, die von Trumps Zollregelung ausgenommen sind.
Die EU bezieht alle schweren Seltenen Erden aus China und bemüht sich ebenso wie die USA verstärkt um die Sicherung alternativer Lieferwege für diese und andere wichtige Mineralien.
Die EU setzt dabei auf Diplomatie. Die USA hingegen gehen deutlich aggressiver vor und drohen im Fall Grönlands und Kanadas sogar mit Annexion. Bei der Jagd nach Rohstoffen geht es nicht nur um Handelsbeziehungen, sondern auch um moralische Fragen; etwa bei Geschäften mit unliebsamen Regimen oder um die Frage, was zu tun ist, wenn in einer mineralienreichen Region ein bewaffneter Konflikt ausbricht.
Ein moralisches Dilemma
Seit 2021 hat die EU 14 strategische Partnerschaften mit potenziellen Rohstofflieferanten geschlossen. Den Anfang machte Kanada, nur wenige Monate vor dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine. Die jüngste Vereinbarung wurde im Juli letzten Jahres mit Serbien unterzeichnet.
Vor ein moralisches Dilemma wurde die EU jedoch von ihrem Handelspartner Ruanda gestellt, dessen Präsident Paul Kagame seit einem Vierteljahrhundert im Amt ist.
Der Regierung des ostafrikanischen Landes wird vorgeworfen, die kongolesischen Rebellen der Bewegung des 23. März (M23) zu unterstützen und sogar zu kontrollieren - eine ethnische Tutsi-Gruppe, die weite Teile des an Bodenschätzen reichen Ostens der Demokratischen Republik Kongo (DRK), einschließlich der regionalen Hauptstadt Goma, erobert hat - und am Schmuggel von Coltan-Erz, das das wertvolle Seltenerdmetall Tantal enthält, beteiligt zu sein.
Brüssel verhängte letzten Monat Sanktionen gegen wichtige ruandische Militärs und M23-Führer - allerdings nur unter starkem internationalem Druck, nicht zuletzt nachdem die USA Anfang Februar eigene Sanktionen verhängten und das Europäische Parlament eine Resolution verabschiedete, in der es von der EU dasselbe und die Aussetzung des Mineraliengeschäfts forderte.
Luxemburg war unter Beschuss geraten, weil es die Verhängung von Sanktionen auf einem EU-Ratsgipfel der Außenminister am 24. Februar verzögert hatte, auf dem die Hohe Vertreterin der EU Kaja Kallas sagte, die Lage sei "sehr ernst und ... am Rande eines regionalen Konflikts".
Die EU einigte sich schließlich am 17. März auf ihr Sanktionspaket, das sich vor allem gegen ruandische Militärs und M23-Führer richtet.
Die Kampagnengruppe Global Witness veröffentlichte am 15. April eine Analyse, die sich auf Handelsdaten und Aussagen von Schmugglern stützt und aus der hervorgeht, dass eine große luxemburgische Handelsfirma Mineralien aus der Demokratischen Republik Kongo über Ruanda bezogen haben soll.
"Unsere Untersuchung deutet stark darauf hin, dass Coltan aus der Demokratischen Republik Kongo, das nach Ruanda geschmuggelt wurde, in die EU gelangt ist", sagte Alex Kopp, ein Aktivist der NRO. "Es scheint, dass die EU nicht in der Lage war, wirksame Schutzmaßnahmen zu ergreifen, und sie sollte ihre Rohstoffpartnerschaft mit Ruanda sofort aufkündigen", forderte Kopp.
Doch Brüssel scheint es damit nicht eilig zu haben. "Nach der Diskussion auf der Februar-Tagung des Rates für Auswärtige Angelegenheiten wurde vereinbart, dass weitere Diskussionen notwendig sind", sagte ein Sprecher der Europäischen Kommission gegenüber Euronews. "Eine Entscheidung über die nächsten Schritte wurde noch nicht getroffen", so der Sprecher.
Roel Dom, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Wirtschaftsdenkfabrik Bruegel, hat die Entwicklungen in der Region genau verfolgt und schrieb im Februar, dass die EU gegenüber der Regierung Ruandas streng sein müsse, um sowohl "Glaubwürdigkeit zu wahren als auch die Deeskalation des Konflikts zu fördern".
"Während die EU ihre Partnerschaften vertieft, um wichtige Mineralien zu sichern, wirft die Situation im Ostkongo ein starkes Dilemma auf: Wie kann sie ihre Verpflichtungen zu Frieden und demokratischer Regierungsführung aufrechterhalten und gleichzeitig einen globalen Wettlauf um Ressourcen navigieren", sagte Dom zu Euronews. Der Fall Ruanda zeige, wie fragil dieses Gleichgewicht sein könne.
Kagame: "Fahrt zur Hölle"
Die Antwort des ruandischen Präsidenten auf die Sanktionen, die bisher von der EU, Kanada, den USA und anderen Ländern verhängt werden, fiel deutlich aus. "Fahrt zur Hölle", sagte Kagame Anfang des Monats. "Ihr müsst euch um eure eigenen Probleme kümmern... lasst mich mit meinen in Ruhe", so der Präsident weiter.
Unterdessen traf sich Massad Boulos, Trumps oberster Afrika-Berater, diesen Monat in Kinshasa mit dem kongolesischen Präsidenten Felix Tshisekedi, um ein mögliches Geschäft mit Mineralien im Austausch gegen Sicherheit zu erörtern - eine Form des Druckmittels, das die USA auch in der Ukraine einsetzen.
Die monatelangen, oft erbitterten Gespräche zwischen Washington und Kyjiw scheinen sich dem Ende zuzuneigen, denn das ukrainische Wirtschaftsministerium veröffentlichte am 18. April den Text eines gemeinsam unterzeichneten Memorandums, in dem die Absicht bekräftigt wird, ein Abkommen zu schließen. Der ukrainische Ministerpräsident reist diese Woche nach Washington, um bis Ende der Woche ein endgültiges Abkommen zu unterzeichnen.
Der EU-Kommission wird auch vorgeworfen, Belgrad zu viel durchgehen zu lassen. Die serbische Regierung geht gegen Demonstranten vor, die unter anderem gegen eine Lithiummine im Nordwesten des Landes protestieren. Von dieser Mine erhofft sich die EU, dass sie die europäischen Autohersteller aus der Abhängigkeit von chinesischen Importen befreit.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist weiterhin auf der Suche nach wichtigen Rohstoffen rund um den Globus unterwegs. Nach einer Reise nach Südafrika und einem kürzlich stattgefundenen Zentralasien-Gipfel, bei dem Seltene Erden und andere Mineralien ganz oben auf der Tagesordnung standen, wird sie voraussichtlich nach Vietnam reisen, das Schätzungen zufolge zu den drei Ländern mit den größten Seltenerdmetallreserven weltweit gehört.
Rohstoffförderung an Land
Neben den Bemühungen um eine Diversifizierung der Lieferketten ist die EU auch bestrebt, ihre Selbstversorgung durch die Verlagerung der Mineralienproduktion und -verarbeitung zu stärken. In dem vor einem Jahr verabschiedeten Gesetz über kritische Rohstoffe (Critical Raw Materials Act - CRMA) werden 17 Rohstoffe, darunter leichte und schwere Seltene Erden, als "strategisch" wichtig eingestuft. Darin werden rechtlich verbindliche Ziele festgelegt, bis zum Ende des Jahrzehnts 10% des Bedarfs zu fördern, die Verarbeitungskapazität auf 40% zu erhöhen und ein Viertel aller Mineralien zu recyceln.
Insgesamt soll bis 2030 kein einziger Anbieter mehr als 65% aller Mineralien liefern. Ein Blick auf die Karte zeigt, wie weit der Weg zum Ziel für die EU noch ist.
Norwegen, kein EU-Mitglied, aber ein Nachbar und Teil der Europäischen Freihandelszone, wird als potenzielle Quelle angesehen. "Skandinavien ist superreich, es gibt nicht nur Öl und Gas in Norwegen, sondern auch viele Rohstoffe, Seltene Erden in Schweden, Phosphat und andere Rohstoffe in Norwegen", erklärte Michael Wurmser, der Gründer von Norge Mining, gegenüber Euronews.
"Wir müssen neue Ressourcen finden und entdecken, um bei bestimmten Rohstoffen Autonomie zu erlangen, um die Resilienz wiederherzustellen", sagte Wurmser, dessen Unternehmen Dutzende von Lizenzen für Bodenschätze in Südnorwegen besitzt und plant, mehrere Güter auf der kritischen Liste der EU zu fördern: Vanadium, Phosphat und Titan.
Er sagte, dass die Anwohner von den Vorteilen überzeugt werden müssten, da sie oft nicht wüssten, woher Autobatterien kämen, und verwies auf Kobalt aus der Demokratischen Republik Kongo, das unter "katastrophalen" Bedingungen abgebaut werde.
"Wenn man zulässt, dass diese Art von Rohstoffen in Skandinavien unter strenger Kontrolle abgebaut wird, dann hat man eine Batterie, die wirklich grün ist", sagte er. "Wenn man es nicht zulässt, ermöglicht man Russland seine Rohstoffe zu exportieren und finanziert so indirekt den Krieg", so Wurmser.
Rohstoffförderung im Meer
Die norwegische Regierung hat jedoch kürzlich Umweltschützer alarmiert, als sie ihre Absicht bekannt gab, die Erkundung des arktischen Festlandsockels im Hinblick auf einen möglichen Tiefseebergbau zuzulassen, was Befürchtungen aufkommen ließ, dass die Öffnung des Meeresbodens für Bagger und Bergbau Ökosysteme zerstören würde, die bereits durch jahrzehntelange Überfischung verwüstet wurden.
Die erste Genehmigungsrunde hätte eigentlich jetzt beginnen sollen, wurde aber Ende letzten Jahres abgesagt, nachdem die Sozialistische Linkspartei (SV) gedroht hatte, ihre Unterstützung für den Jahreshaushalt zu verweigern. Die Zukunft der norwegischen Pläne für den Meeresbodenabbau wird weitgehend vom Ausgang der Parlamentswahlen im September abhängen, aber Ministerpräsident Jonas Gahr Stoere hat bereits erklärt, dass der erzwungene Stopp lediglich eine "Verschiebung" sei.
Donald Trump ist derweil noch einen Schritt weiter gegangen. Zusätzlich zu einer Durchführungsverordnung vom letzten Monat, die eine rasche Steigerung der heimischen Produktion vorsieht, scheint Washington in Erwägung zu ziehen, grünes Licht für den Tiefseebergbau in internationalen Gewässern zu geben, damit die USA mit der Anhäufung von Mineralienknollen vom Meeresgrund beginnen können.
"Ein einseitiger Abbau in der Tiefsee, die das gemeinsame Erbe der Menschheit ist, wäre ein grundlegender Verstoß gegen das UN-Seerechtsübereinkommen, das seit über 40 Jahren für Stabilität in der Meerespolitik sorgt", so Duncan Currie, Rechtsexperte der Deep Sea Conservation Coalition.
Die Internationale Meeresbodenbehörde der Vereinten Nationen, zu deren Mitglieder zwar die EU, aber nicht die USA zählen, hat sich einvernehmlich darauf geeinigt, keine Lizenzen für die Gewinnung von Rohstoffen im Meeresboden zu erteilen, ohne sich auf strenge Umweltstandards zu einigen. Die letzte Gesprächsrunde über den Text eines solchen Abkommens wurde letzten Monat in Jamaika abgeschlossen.
The Metals Company (TMC), ein kanadisches Unternehmen für den Abbau von Bodenschätzen, hatte sich während der einwöchigen Sitzung intensiv, aber offenbar erfolglos für die Öffnung der Hohen See für Rohstoffgewinnung eingesetzt und gab am 27. März bekannt, dass es eine "konstruktive Zusammenarbeit" mit den US-Regulierungsbehörden und Regierungsvertretern gehabt habe und bereit sei, Lizenzen für die Schürfung nach US-Recht und nicht nach internationalem Recht zu beantragen.
Die Generalsekretärin der ISA, Leticia Carvalho, reagierte am nächsten Tag mit einer Warnung, dass das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen "der einzige allgemein anerkannte legitime Rahmen" sei und durch eine langjährige Konvention auch für die Handvoll Länder gelte, die es nicht ratifiziert haben.
Es bleibt abzuwarten, ob sich Trump daran halten wird.