Newsletter Newsletters Events Veranstaltungen Podcasts Videos Africanews
Loader
Finden Sie uns
Werbung

Urteil gegen drei Deutsche wegen Spionage und Sabotageplänen für Russland

Das Oberlandesgericht München entscheidet heute über den Fall von Dieter S. Hat er Sabotageakte für Russland in Deutschland geplant?
Das Oberlandesgericht München entscheidet heute über den Fall von Dieter S. Hat er Sabotageakte für Russland in Deutschland geplant? Copyright  AP Photo
Copyright AP Photo
Von Euronews
Zuerst veröffentlicht am Zuletzt aktualisiert
Diesen Artikel teilen Kommentare
Diesen Artikel teilen Close Button

Sie haben Sabotageakte für Russland in Deutschland geplant. Dieter S. und zwei weitere Russlanddeutsche wurden vom Oberlandesgericht München verurteilt. Den Hauptangeklagten erwarten jetzt sechs Jahre Haft.

Sie sollen für Russland Sabotageaktionen in Deutschland geplant haben. Dieter S. und Alexander J. waren am 17. April 2024 in Bayreuth festgenommen worden. Seitdem ist Dieter S. in Untersuchungshaft, heute ist im Oberlandesgericht München ein Urteil gefallen.

Das Oberlandesgericht München hat Dieter S. wegen geheimdienstlicher Tätigkeit und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Die Mitangeklagten bekamen Bewährungsstrafen. Die Bundesanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von acht Jahren und 8 Monaten gefordert.

Geplante Sabotageakte für Russland

"Er sei kein Spion und kein Saboteur", so der Hauptangeklagte Dieter S. vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts München im Mai 2025. Vielmehr habe er ein bisschen schauspielern wollen, nachdem er bemerkt habe, dass er von deutschen Behörden beobachtet worden sei, so der 40-jährige Deutsch-Russe in einer ersten Aussage vor Gericht, die von seinem Anwalt im Gerichtssaal vorgelesen wird.

Dieter S. soll Informationen über potenzielle Anschlagsziele gesammelt und sich bereit erklärt haben, Sprengstoff- und Brandanschläge in Deutschland zu begehen. In seinem Fokus sollen dabei militärisch genutzte Infrastruktur und Industriestandorte gestanden haben.

Er soll über sieben Monate lang Fotos und Videos von Militärtransporten und -gütern angefertigt und die Informationen allesamt an seinen Gesprächspartner übermittelt haben. Ab März 2024 hatte er Unterstützung von Alexander J. Die Generalbundesanwaltschaft sprach bei der Festnahme im April 2024 von "geheimdienstlicher Agententätigkeit".

Urteil in München: War Dieter S. ein russischer Agent?

Seit der Festnahme saß Dieter S. in Untersuchungshaft. Der Haftbefehl gegen Alexander J. wurde nach Informationen des Generalbundesanwalts im September 2024 unter Auflagen außer Vollzug gesetzt. Ein dritter Angeklagter, Alex D. wurde zwar nicht festgenommen, doch stand bei den Ermittlungen ebenfalls im Mittelpunkt.

Die drei Deutschrussen müssen sich vor dem Oberlandesgericht München verantworten. In der Anklage heißt es, die Angeschuldigten seien hinreichend verdächtig, für einen ausländischen Geheimdienst tätig gewesen zu sein.

Die Vorwürfe gegen Dieter S. lauten konkret: "Agententätigkeit zu Sabotagezwecken", "Verabredung zum Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion sowie zur Brandstiftung", "Sichbereiterklären zu einem gefährlichen Eingriff in den Bahnverkehr" sowie "sicherheitsgefährdendes Abbilden militärischer Anlagen".

Die Aktionen sollten laut Staatsanwaltschaft insbesondere dazu dienen, die aus Deutschland der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg geleistete militärische Unterstützung zu unterminieren. Zu den ausgespähten Objekten gehörten demnach Einrichtungen der US-Streitkräfte und ein Verladebahnhof in der Oberpfalz sowie eine Werkzeugherstellerfirma.

Gegen Dieter S. besteht noch ein zweites Verfahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in der ausländischen terroristischen Vereinigung "Volksrepublik Donezk" ("VRD").

Die Bundesanwaltschaft forderte für den Hauptangeklagten Dieter S. eine Haftstrafe von acht Jahren und acht Monaten. Für die beiden Helfer Alexander J. und Alex D. fordert die Bundesanwaltschaft Freiheitsstrafen von einem Jahr zur Bewährung.

Das ist über den Hauptangeklagten bekannt

Einer der Anwälte von Dieter S. sagte im Mai zum Auftakt des Prozesses, der Angeklagte habe sich die Situation der Beobachtung durch deutsche Behörden zu Nutze machen wollen. Laut Verteidigung habe der Deutsch-Russe hohe Schulden. Als Messebauer sei er in der Coronazeit durch die Krise seiner Branche ins berufliche Aus gesteuert. Corona habe ihn die berufliche Existenz gekostet, erklärt sein Anwalt.

Aufgrund des Geldmangels hätte Dieter S. die Idee gehabt, den deutschen Sicherheitsbehörden "scheinbare Informationen gegen Geld zu liefern". Sein Strafverteidiger Michael Löwe sagt aus, Dieter S. sei lediglich ein Hochstapler gewesen und habe mit russischen Behörden nicht in Kontakt gestanden.

Auch die mögliche Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland streitet der Hauptangeklagte ab. Sein Anwalt sagte, er habe sich "aus privaten Gründen in Donezk aufgehalten." In kämpferische Angelegenheiten sei er dabei nicht involviert gewesen, so Pflichtverteidiger Löwe.

Ein Fernsehbeitrag des ZDF soll laut Bundesanwaltschaft zeigen, wie Dieter S. als mutmaßlicher Kämpfer einer prorussischen Miliz in der Ostukraine zu sehen sei. Fotos sollen den heute 42-Jährigen in Kampfmontur der Brigade zeigen. Strafverteidiger Löwe zweifelt das Beweismaterial an.

Die Verteidiger aller drei Männer, die neben der deutschen auch die russische Staatsbürgerschaft haben, forderten Freisprüche.

Putins geheimer Terror in Deutschland

Russland setzt in seiner hybriden Kriegsführung gegen den Westen mitunter auf sogenannte "Wegwerf-Agenten". Das sind Zivilisten, die sich – meist über Social Media – anheuern lassen und dann verhältnismäßig kleine Spionage und Sabotageakte durchführen.

Darunter fallen beispielsweise Brandstiftung, Foto- und Videoaufnahmen von militärischer oder kritischer Infrastruktur oder auch das Versenden von Paketbomben. Das Ziel ist immer dasselbe: Das Schüren von Chaos und Unsicherheit in der Bevölkerung.

Der Fall Dieter S. ist unklar. Wird den Vorwürfen der Bundesanwaltschaft stattgegeben, so sind die Aufgaben der mutmaßlichen Agententätigkeit durchaus mit denen von sogenannten Wegwerf-Agenten, auch low level Agents genannt, vergleichbar. Jedoch werden diese oftmals nur für einn Auftrag eingesetzt. Bei Dieter S. handelt es sich um eine mehrmonatige Kommunikation mit dem Auftraggeber.

Zu den Barrierefreiheitskürzeln springen
Diesen Artikel teilen Kommentare