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Tusk in Berlin: Droht Europa ein Sicherheits-Loch an der Ostflanke?

Tusk in Berlin: Droht Europa ein Sicherheits-Loch an der Ostflanke?
Tusk in Berlin: Droht Europa ein Sicherheits-Loch an der Ostflanke? Copyright  Copyright 2025 The Associated Press. All rights reserved
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Von Diana Resnik & Franziska Müller
Zuerst veröffentlicht am
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Während Russland näher rückt, stolpern Berlin und Warschau über Misstrauen. Die polnische Opposition zwingt Tusk zur Härte – ausgerechnet gegenüber dem Partner, dessen Sicherheitsgarantien Polen braucht. Wie gefährlich wird dieses Paradox für Europa?

Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk hat Berlin besucht – zu den 17. Deutsch-Polnischen Regierungskonsultationen. Das Treffen mit dem deutschen Bundeskanzler Friedrich Merz fand vor dem Hintergrund der russischen Aggression in der Ukraine statt, die jetzt auch Polen erreichte. Erst kürzlich haben russische Kampfjets Luftalarm in Polen ausgelöst. Polen braucht Deutschland. Doch zwischen ihnen herrscht Misstrauen, insbesondere von der polnischen Seite.

Merz betont die Wichtigkeit des Zusammenhalts: "Gerade in diesen Zeiten, in denen die Einheit Europas so unter Druck steht, dürfen wir uns nicht auseinanderdividieren lassen. Wir müssen und wir werden zusammenstehen."

Der Polen-Experte Dr. Kai-Olaf Lang beschreibt die deutsch-polnische Beziehung als "paradox". Daran dürfte auch dasTreffen der beiden Staatschefs nichts geändert haben. Denn das Misstrauen hat tiefere Wurzeln.

"Deutschlandpolitik mit angezogener Handbremse"

"Es gibt innenpolitische Hemmschuhe, sodass man in Deutschland das Gefühl hat, Polen macht eine Deutschlandpolitik mit angezogener Handbremse", so Lang zu Euronews.

Laut Lang sieht sich Polen als regionale Führungsmacht im östlichen Mitteleuropa. "Seit Februar 2022 ist man in Warschau der Auffassung, dass das Gewicht Polens noch einmal gestiegen ist", so Lang.

Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz begrüßt den polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk zu den deutsch-polnischen Regierungskonsultationen im Kanzleramt.
Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz begrüßt den polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk zu den deutsch-polnischen Regierungskonsultationen im Kanzleramt. AP Photo

Beim Treffen in Berlin verweist Tusk auf die ursprünglich vorhandenen Differenzen:"Es hat mich in den letzten Jahren einige Zeit gekostet, unsere deutschen Partner davon zu überzeugen, die Sicherheit in diesem Teil Europas als gemeinsame Aufgabe zu betrachten", sagt der polnische Ministerpräsident.

Polen will mehr Mitsprache in Sicherheitsfragen

Polen will stärker in Sicherheitsfragen mit einbezogen werden. Doch die Realität scheint anders auszusehen. "In Polen wiederum hat sich der Eindruck vertieft, Deutschland habe zwar eine Rhetorik der Einbindung und der Aufwertung Polens, aber wenn es dann wirklich drauf ankomme, dann werde Polen eben nicht berücksichtigt", sagt Lang.

Bei wichtigen Gesprächen über die Sicherheit Europas und beim Dialog mit den Vereinigten Staaten über die Zukunft der europäischen Sicherheit habe es eine gewisse Enttäuschung gegeben, bemerkt Lang. In Polen gäbe es den Eindruck, dass Deutschland stärker auf Polen hätte zugehen sollen.

Zuletzt wurde der US-Ukraine-Friedensplan über die Köpfe der Polen hinweg diskutiert - inklusive des Punktes 9 – mit der Stationierung europäischer Kampfjets auf polnischem Gebiet. Tusk macht deutlich: Entscheidungen über die Sicherheit in Europa dürfen nicht über Polen hinweg entschieden werden.

Kann sich die "paradoxe" Nachbarschaft dennoch zu einer starken deutsch-polnischen Sicherheitspartnerschaft entwickeln?

Deutsch-polnischer Barometer: Nur ein Drittel der Polen zeigt Sympathie für Deutsche

Laut dem deutsch-polnischen Barometer zeigt nur ein Drittel der Polen (32 Prozent) Sympathie für seine Nachbarn in Deutschland. Und das dürfte nicht nur an den Reparationsforderungen liegen.

"Aus deutscher Sicht ist die Frage von Reparationszahlungen rechtlich abgeschlossen", sagt Lang. Schon beim Staatsbesuch des polnischen Präsidenten Karol Nawrocki im Oktober hatten sowohl Merz als auch der deutsche Präsident Frank-Walter Steinmeier die Forderung nach Reparationen abgelehnt.

Die Aufarbeitung der Vergangenheit sei dennoch wichtig, betont Merz. Als Zeichen hat Deutschland Polen wertvolle Kulturgüter zurückgegeben. Dazu gehören 73 bis zu 800 Jahre alte Pergamenturkunden des Deutschen Ordens aus dem Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz sowie der Kopf des Heiligen Jakobus des Älteren.

Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz (links) und der polnische Ministerpräsident Donald Tusk nehmen am 1. Dezember 2025, an einer gemeinsamen Pressekonferenz teil.
Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz (links) und der polnische Ministerpräsident Donald Tusk nehmen am 1. Dezember 2025, an einer gemeinsamen Pressekonferenz teil. AP Photo

Doch die jetzige polnische Regierung stehe innenpolitisch unter Druck, sagt Lang. Denn sie müsse Härte gegenüber Deutschland demonstrieren. Für die nationalkonservative Opposition und auch für Nawrocki sei Deutschland ein Rivale. Die Opposition wirft Donald Tusk und seinen Mitstreitern vor, sie seien viel zu nachgiebig gegenüber Deutschland.

"Wir wissen, wo es Meinungsunterschiede gibt", sagt Tusk. Doch der polnische Ministerpräsident sieht auch Fortschritte der deutsch-polnischen Zusammenarbeit in Schlüsselthemen wie infrastrukturellen Investitionen und der gemeinsamen Arbeit zugunsten der Unterstützung der Ukraine, wo Deutschland und Polen "Hand in Hand gehen", sagt Tusk.

Diese Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Polen sei eine der besten Garantien dafür, dass sich Deutsche und Polen in Europa sicher fühlen können, so Tusk. Einigkeit gebe es unter anderem in der Energiepolitik und dem Bestreben, sich von Energielieferungen aus Russland unabhängig zu machen. Vor einigen Jahren wäre das unvorstellbar gewesen, erinnert Tusk.

Auch Investitionen in die Infrastruktur seien ein wichtiges Zeichen unserer Zeit. "Es geht auch um die Straßenverbindungen, um Brücken über die Oder, damit die NATO im Falle einer russischen Aggression reagieren kann", sagt Tusk. Damit diese Reaktionen wirklich zügig erfolgen können, benötige man mehr strukturelle Verbindungen und Kommunikationsverbindungen zwischen Polen und Deutschland.

Doch der polnische Ministerpräsident will nicht leugnen: "Ich rechne mit noch mehr."

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