Die Rohölpreise sind aufgrund der Besorgnis über eine mögliche größere Produktionsunterbrechung nach dem iranischen Raketenangriff auf Israel angestiegen. Experten gehen davon aus, dass die Ölpreise einen zusätzlichen Schub erhalten könnten, wenn die geopolitischen Spannungen eskalieren.
Die Rohölpreise sind in die Höhe geschellt, nachdem der Iran am Dienstag 200 ballistische Raketen auf Israel abgefeuert hat - eine erhebliche Eskalation des Nahostkonflikts. Der Angriff war eine Vergeltung für die Tötung eines Hisbollah-Anführers und eines iranischen Kommandeurs.
Die Brent-Futures an der ICE stiegen am Dienstag um 2,9 Prozent auf 73,56 US-Dollar pro Barrel, während die WTI-Futures an der Nymex um 3,5 Prozent auf 70,92 US-Dollar pro Barrel stiegen.
Beide Benchmark-Ölpreise stiegen im Laufe des asiatischen Handels am Mittwoch weiter um über 1 Prozent und erreichten um 4:45 Uhr MESZ 74,56 US-Dollar bzw. 70,94 US-Dollar pro Barrel.
Vorerst scheinen sich die Auswirkungen auf den Ölmarkt auch deshalb in Grenzen zu halten, da die meisten Raketen von der israelischen Abwehr abgefangen wurden und nur ein palästinensischer Zivilist im Westjordanland ums Leben kam.
Ölpreise könnten weiter unter Druck geraten
Die Hauptsorge, die die Ölmärkte umtreibt, gilt möglichen Vergeltungsschlägen Israels auf iranische Öleinrichtungen, was die Rohölpreise deutlich in die Höhe treiben könnten.
Der Iran gehört zu den zehn größten Erdölproduzenten der Welt und produzierte im August über 3,3 Millionen Barrel pro Tag - nach Angaben der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) der höchste Stand seit fünf Jahren.
Der Iran exportiert die Hälfte seiner Produktion, was etwa 2 Prozent des weltweiten Angebots entspricht.
Darüber hinaus könnte der eskalierende militärische Konflikt zwischen Iran und Israel zur Wiedereinführung von US-Sanktionen gegen iranische Ölexporte führen, was die Ölpreise ebenfalls in die Höhe treiben würde.
Josh Gilbert, Marktanalyst bei eToro, sagte: "Dies bietet zweifellos eine kurzfristige Unterstützung für Öl, insbesondere wenn die geopolitischen Spannungen weiter eskalieren."
Die Ölpreise befanden sich in den letzten drei Monaten in einem Abwärtstrend, was auf die schwächeren Nachfrageaussichten zurückzuführen ist, die durch schwächere globale Wirtschaftsdaten, insbesondere aus den USA und China, verursacht wurden.
Gleichzeitig haben die rekordhohe Ölproduktion in den USA und die weltweite Umstellung auf grüne Energie zu dem Preisverfall beigetragen. Trotz dieses makroökonomischen Gegenwinds wirken sich die zunehmenden geopolitischen Spannungen häufig positiv auf den Ölmarkt aus.
Auch die jüngsten politischen Maßnahmen Chinas könnten die Nachfrageaussichten für den weltweit größten Ölimporteur verbessern.
Letzte Woche kündigte die People's Bank of China (PBOC) eine Senkung der Reserve Requirement Ratio (RRR) um 0,5 Prozent an, begleitet von einer Senkung der Leitzinsen. Darüber hinaus hat China mehrere Maßnahmen zur Lockerung der Geldpolitik ergriffen, um den Immobiliensektor und die Aktienmärkte zu stützen.
Gilbert fügte hinzu: "Das chinesische Konjunkturpaket ist ebenfalls ein wichtiger Faktor. Wenn man davon ausgeht, dass die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt die Nachfrage in einer Zeit ankurbeln wird, in der das Angebot eingeschränkt sein könnte, gibt das den Rohölpreisen Rückenwind".
OPEC+ hält Produktionssitzung ab
Die Märkte beobachten auch die bevorstehende Online-Sitzung der OPEC+ um 12 Uhr GMT.
Es wird erwartet, dass die Gruppe keine Änderungen an ihrem aktuellen Plan für eine Produktionskürzung von 5,86 Millionen Barrel pro Tag vornehmen wird, obwohl Quellen darauf hindeuten, dass sie die Kürzungen vom Dezember rückgängig machen könnte, wie die Financial Times berichtet.
Die Organisation hatte sich zuvor darauf geeinigt, ihre gemeinsame Fördermenge ab Dezember im Rahmen ihres Plans zur Erhöhung des Angebots im Jahr 2025 um 180.000 Barrel pro Tag zu erhöhen.
Angesichts der steigenden US-Produktion und der sinkenden Ölpreise steht die OPEC+ unter dem Druck sinkender Marktanteile und Rentabilität.
In der Zwischenzeit wurden die freiwilligen Produktionskürzungen von den Mitgliedsländern nicht vollständig eingehalten, da Länder wie der Iran und Kasachstan ihren Verpflichtungen nicht nachkamen.
Diese beiden Länder haben ein Überangebot aufgebaut und sich verpflichtet, dies durch Kürzungen von 123.000 Barrel pro Tag im September und Oktober auszugleichen. Solange diese kompensatorischen Kürzungen nicht erfüllt sind, ist es unwahrscheinlich, dass die OPEC+ ihre Produktion erhöht.
Die Situation unterstreicht jedoch auch die entscheidende Rolle, die der Iran bei der Beeinflussung der Ölmarkttrends spielt.
Jede weitere Eskalation der geopolitischen Spannungen könnte die Ölpreise erneut in die Höhe treiben und die globalen Inflationsaussichten erschweren.