Seit Neujahrstag fließt kein russisches Gas mehr durch die Ukraine. Seitdem klettern die europäischen Erdgaspreise auf den höchsten Stand seit Oktober 2023.
Der Preis für das niederländische TTF, der europäische Börsen-Gaspreis, kletterte am ersten Handelstag nach dem Stopp der russischen Gaslieferungen nach Europa über die Ukraine um mehr als 4 % auf 51 Euro pro Megawattstunde und damit auf den höchsten Stand seit Oktober 2023.
Die vielerorts eisigen Temperaturen trieben die Preise am Donnerstagmorgen in die Höhe. Russische Gasimporte gelangen seit dem 1. Januar nicht mehr über die Ukraine in die Europäische Union. Nach jahrzehntelangem Betrieb ist das Transitabkommens auslaufenden. Die Ukraine hat es nicht erneuert. Für die EU bedeutet das einen Verlust von 5 % der Erdgaseinfuhren. Befürchtet wird eine schnellere Entnahme aus den Gasspeichern.
Aufgrund des kalten Wetters in Europa in den letzten Wochen sind die europäischen Gasvorräte so schnell wie seit 2021 nicht mehr abgebaut worden und liegen bei etwa 75 %.
Nach Angaben des Branchenverbands Gas Infrastructure Europe ist das Gasvolumen in den Speichern der Union von Ende September, dem Ende der Wiederauffüllsaison, bis Mitte Dezember um etwa 19 % gesunken.
Es besteht keine Gefahr einer unmittelbaren Energiekrise oder Energieknappheit in Europa, und die Europäische Union erwartet keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Verbraucherpreise. Europa scheint aber anfälliger für Marktschwankungen zu sein, wenn es sein fehlendes Erdgas ersetzen will. Die Gaspreise sind im Vergleich zum Vorjahr um 50 % gestiegen. Höhere Energiepreise könnten die Wettbewerbsfähigkeit der EU weiter beeinträchtigen und die Kosten für die Haushalte erhöhen.
Die Preise könnten auch steigen, wenn Europa seine Einfuhren von Flüssigerdgas (LNG) erhöht.
Die mitteleuropäischen Länder sind am stärksten gefährdet, den Zugang zu russischem Erdgas über die Ukraine zu verlieren, obwohl sie über eine alternative Route, TurkStream, russisches Erdgas beziehen können. Dieses reicht allerdings nicht aus, um den Verlust der Route über die Ukraine vollständig auszugleichen.
Europa sucht nach anderen Lösungen
Die Auswirkungen werden vor allem in Ungarn und der Slowakei zu spüren sein, für die die ukrainische Transitroute 65 % des Gasbedarfs im Jahr 2023 deckte, so die Brüsseler Denkfabrik Bruegel.
Die Europäische Kommission hat mehrere Lösungen zur Unterstützung der betroffenen Länder ausgearbeitet, darunter die Deckung des Bedarfs durch Lieferungen von griechischem, türkischem und rumänischem Gas über die Transbalkanroute.
Alles in allem ist nicht zu befürchten, dass der EU in diesem Winter das Gas ausgeht, allerdings könnte das Auffüllen der Speicher teurer werden als erwartet.
Wie Bloomberg unter Berufung auf Arne Lohmann Rasmussen, Chefanalyst bei Global Risk Management in Kopenhagen, berichtet, sind die Gaspreise für den nächsten Sommer kürzlich über die Preise für den Winter 2025-26 gestiegen, was das Auffüllen der Speicher teurer machen wird: "Es besteht ein zunehmendes Risiko, dass die EU den Winter mit niedrigen Gasspeicherständen beendet, was das Auffüllen der Speicher teuer macht."