Newsletter Newsletters Events Veranstaltungen Podcasts Videos Africanews
Loader
Finden Sie uns
Werbung

Pilotprojekt in Polen: Ist die 4-Tage-Woche genauso produktiv wie 40 Stunden Arbeit?

Mehr denn je kommt es heute nicht auf die im Büro verbrachte Zeit an, sondern auf die Qualität der geleisteten Arbeit.
Mehr denn je kommt es heute nicht auf die im Büro verbrachte Zeit an, sondern auf die Qualität der geleisteten Arbeit. Copyright  (fot. Business Wire/AP)
Copyright (fot. Business Wire/AP)
Von Berenika Sorokowska
Zuerst veröffentlicht am
Diesen Artikel teilen Kommentare
Diesen Artikel teilen Close Button

Viele träumen von der Vier-Tage-Woche, in Polen soll sie nun Realität werden. Dabei geht es jedoch nicht nur um ein Pilotprojekt der Regierung. Es ist eine Antwort auf ein deutlich signalisiertes gesellschaftliches Bedürfnis.

WERBUNG

Viele träumen von der Vier-Tage-Woche. Der Druck in Polen für eine Veränderung der Arbeitszeiten wird immer größer. Jetzt will die Regierung ein Pilotprojekt wagen.

Am 1. Juli ist das erste Pilotprojekt der polnischen Regierung gestartet. Es ist möglich, 32 Stunden pro Woche an vier Tagen oder 35 Stunden pro Woche an fünf Tagen zu arbeiten. Kürzere Zeiten bei gleicher Aktivität?

Die Idee, die Arbeitszeit zu verkürzen, ist alles andere als neu. Seit einigen Jahren taucht dieses Thema regelmäßig in der öffentlichen Debatte auf, nicht nur in Polen, sondern auch in vielen anderen Ländern.

Die Arbeitnehmer sagen immer öfter: Wir sind überlastet, uns fehlt die Zeit für Privatleben, Gesundheit, Familie. Statistiken bestätigen diese Stimmen nur - Polen gehört zu den am meisten beschäftigten Nationen in der Europäischen Union.

Durchschnittliche Anzahl der Wochenarbeitsstunden in der Haupttätigkeit.
Durchschnittliche Anzahl der Wochenarbeitsstunden in der Haupttätigkeit. (fot. Eurostat)

Gleichzeitig häufen sich die Beispiele aus dem Ausland. Island, Belgien, Spanien und sogar Japan - dort wurden bereits verschiedene Modelle einer kürzeren Arbeitswoche getestet oder eingeführt. Die Ergebnisse? Größtenteils positiv: höhere Produktivität, weniger Krankheitsausfälle, besseres Arbeitsklima.

4-Tage-Woche: Die gesellschaftlichen Erwartungen sind klar

Der heutige Arbeitsmarkt ähnelt nicht mehr dem von vor einem Jahrhundert, als in Polen erstmals der 8-Stunden-Tag eingeführt wurde. Technologie, Automatisierung und gesellschaftliche Veränderungen haben dazu geführt, dass viele Arbeiten schneller und effizienter erledigt werden können. Heute zählt außerdem mehr denn je die Qualität der geleisteten Arbeit - nicht mehr die im Büro verbrachte Zeit.

Die Menschen in Europa erwarten eine Veränderung. Sie wollen mehr Zeit für ihre Liebsten, für sich selbst und für ihre persönliche Entwicklung haben. Sie wollen intelligenter arbeiten, nicht länger. Eine verkürzte Wochenarbeitszeit könnte die Antwort auf diese Bedürfnisse sein.

Wie stehen Arbeitgeber zur Vier-Tage-Woche?

Unter den Arbeitgebern gibt es keine einheitliche Meinung. Große Unternehmen, vor allem in der Kreativ- und Technologiebranche, sehen sich die Idee mit Interesse an. Einige sind bereits dabei, flexible Arbeitszeiten einzuführen oder kürzere Wochen zu testen.

Kleine und mittlere Unternehmen sind vorsichtiger - sie befürchten, dass eine kürzere Woche Probleme mit der betrieblichen Liquidität, Umsatzeinbußen oder die Notwendigkeit, zusätzliches Personal einzustellen, bedeuten könnte.

Aus diesem Grund ist die finanzielle Unterstützung der Regierung in Polen durch ein Pilotprojekt von entscheidender Bedeutung. Dies würde Unternehmen ermöglichen, verschiedene Modelle zu testen, ohne ernsthafte Verluste zu befürchten.

Auswirkungen auf die Wirtschaft - Hoffnung oder Risiko?

Die Befürworter einer kürzeren Arbeitswoche argumentieren, dass weniger nicht schlechter ist. Im Gegenteil, bei gut organisierter Arbeit können die gleichen (oder sogar bessere) Ergebnisse in weniger Zeit erzielt werden.

Studien in anderen Ländern belegen eine höhere Effizienz, einen geringeren Ressourcenverbrauch, weniger Fehler und mehr Kreativität in Teams.

Natürlich gibt es auch Skeptiker. Einige Wirtschaftswissenschaftler warnen davor, dass die Betriebskosten der Unternehmen steigen und folglich die Wettbewerbsfähigkeit sinken oder das BIP-Wachstum gebremst werden könnte. Deshalb ist es so wichtig, sich auf Daten statt auf Vermutungen zu stützen - und genau das soll ein Pilotprojekt in Polen leisten.

Beispiele aus Polen - Hier wird die 4-Tage-Woche gelebt

Obwohl es noch keine landesweiten Vorschriften gibt, haben einige Arbeitgeber bereits Entscheidungen zur Arbeitszeitverkürzung getroffen. Herbapol Poznań, Rathäuser in Włocławek, Ostrzeszów, Świebodzice oder Leszno sind nur einige Beispiele für Einrichtungen, die sich zu diesem Schritt entschlossen haben.

Die Schlussfolgerungen? Die Mitarbeiter sind engagierter, weniger gestresst und die Qualität ihrer Arbeit ist höher.

Die Änderung des Arbeitsmodells ist nicht nur eine organisatorische Frage. Es ist auch ein mentaler Wandel - von einem Ansatz der Zeitkontrolle zu einem Ansatz, der Effizienz, Vertrauen und eine gesunde Work-Life-Balance belohnt.

Es ist eine Chance, dafür zu sorgen, dass beruflicher Erfolg nicht mit Burnout bezahlt wird und dass die Unternehmen auf einen modernen und verantwortungsvollen Umgang mit den Mitarbeitern bauen können.

Das Pilotprojekt in Polen könnte der erste Schritt zu einem systemischen Wandel sein, auf den - wie die Marktsignale zeigen - viele bereits warten.

Zu den Barrierefreiheitskürzeln springen
Diesen Artikel teilen Kommentare

Zum selben Thema

Neuer Bahn-Chef gesucht: Wird es erstmals eine Frau? 

Wegen politischer Instabilität: Frankreichs Kreditwürdigkeit sinkt

Verkäufe von Autos in Europa: Welche Marken steigen und fallen?