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Kalorienangaben auf der Speisekarte – Die Briten kümmert es nicht

Eine Frau geht an einem McDonald's-Restaurant in London im Jahr 2021 vorbei.
Eine Frau geht an einem McDonald's-Restaurant in London im Jahr 2021 vorbei. Copyright  Alastair Grant/AP Photo
Copyright Alastair Grant/AP Photo
Von Gabriela Galvin
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Seit 2022 gibt es eine neue Richtlinie, die helfen soll, die Fettleibigkeitsrate in Großbritannien zu senken: Auf Speisekarten wird neben den Gerichten die Kalorienzahl angegeben. Laut Forschern aber bewirkt das nicht viel.

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Laut einer neuen Studie zu den aktuellen englischen Vorschriften zur Kennzeichnung von Speisekarten kümmert es hungrige Briten nicht, dass beispielsweise ein Fastfood-Burger 700 Kalorien hat.

Seit 2022 müssen große Cafés, Restaurants, Pubs und Fast-Food-Lokale in England ihre Speisekarten mit Kalorienangaben versehen. Ziel: Die Übergewichtsrate des Landes zu senken, die unter Erwachsenen bei 26,2 Prozent liegt.

Die Idee hinter der Kennzeichnung von Speisekarten war, dass die Kunden ihre Essgewohnheiten eher ändern würden, wenn sie wüssten, wie ungesund manche Lebensmittel sind.

Vor allem häufiges Essen in Restaurants wird mit Fettleibigkeit in Verbindung gebracht, die laut Untersuchungen wiederum Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und verschiedene Krebsarten nach sich zieht.

Die neue Studie, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Nature Human Behaviour, deutet jedoch darauf hin, dass die Maßnahme nicht ganz so gut funktioniert wie gehofft: Seit ihrer Einführung hat sich die Anzahl der verzehrten Kalorien kaum verändert.

Forscher der Universität Liverpool und mehrerer anderer britischer Einrichtungen besuchten rund 330 Restaurants sowohl vor als auch nach Einführung der Richtlinie und befragten fast 6600 Kunden.

Fazit: Auch nach der Einführung verzehrten die Menschen durchschnittlich 1081 Kalorien pro Mahlzeit, was fast unverändert dem Wert von 1007 Kalorien entspricht, der zuvor gemessen wurde. Der durchschnittliche Kalorienverbrauch stieg sogar leicht von 909 auf 983 Kalorien.

Die Ergebnisse waren über alle Altersgruppen, Geschlechter, Ethnien und Bildungsniveaus hinweg konsistent.

"Dies stützt die Ansicht, dass eine Kalorienkennzeichnung allein die Menschen nicht dazu motiviert, ihre Ernährungsgewohnheiten zu ändern", sagt Tom Sanders, Professor für Ernährung und Diätetik am King's College London*, in einer Erklärung.

Wen haben die Kalorienangaben erreicht?

Dennoch scheint die Maßnahme eine gewisse Wirkung gehabt zu haben. Nur 16,5 Prozent der Befragten gaben an, dass sie etwaige Kalorienangaben auf Speisekarten vor der Einführung der Richtlinie wahrgenommen hatten, verglichen mit immerhin 31,8 Prozent danach.

Allerdings wurden die Angaben nicht unbedingt ernstgenommen Die Menschen neigten dazu, den Kaloriengehalt ihrer Mahlzeiten zu unterschätzen, unabhängig davon, ob sie nun ein Kalorienetikett auf der Speisekarte hatten oder nicht. Nur 22 Prozent der Kunden, die das Etikett bemerkten, nutzten es bei ihrer Entscheidung für die Auswahl ihrer Mahlzeit.

Interessant: Ältere Erwachsene, Frauen sowie generell Menschen mit höherem Bildungsniveau, (das als Indikator für den sozioökonomischen Status herangezogen wurde) bemerkten die Etiketten mit größerer Wahrscheinlichkeit.

"Ein Problem bei der Kalorienkennzeichnung besteht darin, dass sie nur Zahlen zeigt, ohne dass die Öffentlichkeit versteht, was diese Zahlen eigentlich bedeuten, wenn Entscheidungen über Lebensmittel getroffen werden", meint Amanda Daley, Professorin für Verhaltensmedizin und Direktorin des Centre for Lifestyle Medicine and Behaviour (CLiMB)* an der Universität Loughborough in Großbritannien.

Die Studie weist jedoch einige Einschränkungen auf. Unabhängige Forscher erklären, dass der Zeitpunkt der Studie im Jahr 2022 sowie die Selbstauskunft der Daten die Ergebnisse beeinflusst haben könnten.

Laut den Forschern könne es auch länger dauern, bis die Menüetiketten Wirkung zeigen.

Sarah Berry, Professorin für Ernährungswissenschaften am King's College London*, sagt, die Ergebnisse unterstrichen die "Notwendigkeit stärkerer Interventionen, um die umfassenderen Faktoren anzugehen, die zu unserem ungesunden Lebensmittelumfeld beitragen".

Megan Polden, Hauptautorin der Studie und Postdoktorandin an der Universität Liverpool, weist darauf hin, dass 20 Prozent der Restaurants die Kennzeichnungsvorschriften nicht eingehalten hatten. Jedoch haben einige Betriebe ihre Speisekarten offenbar geändert, um mehr gesunde Optionen anzubieten.

"Eine Kombination von Strategien, wie z. B. verbesserte Maßnahmen zur Einhaltung der Vorschriften durch die Unternehmen, Aufklärung der Öffentlichkeit über die Kalorienzufuhr und eine klarere Kennzeichnung, könnte erforderlich sein, um gesündere Entscheidungen der Verbraucher im Bereich der Außer-Haus-Verpflegung zu unterstützen", so Polden gegenüber Euronews Health.

Die britische Regierung will bis 2027 eine eigene Überprüfung der Vorschriften zur Speisekartenkennzeichnung durchführen.**

Zukunft der europäischen Lebensmittelkennzeichnung

Das Vereinigte Königreich ist nicht das einzige Land, das sich mit der Frage auseinandersetzt, wie man den Verbrauchern mehr Informationen über die Nährwertqualität ihrer Mahlzeiten geben kann.

Eine Handvoll europäischer Länder – Deutschland, Frankreich, Belgien, Luxemburg, die Niederlande, Spanien, die Schweiz und Portugal – führten auf freiwilliger Basis das sogenannte Nutri-Score-System ein, bei dem Lebensmittel im Supermarkt anhand ihres Nährwerts mit einem Farbcode bewertet werden.

Andere, wie Italien, sind skeptischer gegenüber Nutri-Score. Das System wird dort von der Agrar- und Ernährungswirtschaft abgelehnt.

Es scheint auch unwahrscheinlich, dass das Thema für die EU-Politiker künftig Priorität haben wird, nachdem Olivér Várhelyi , der als nächster EU-Gesundheitschef gehandelt wird, vorgeschlug, dass zwar "die Arbeit an der Lebensmittelkennzeichnung fortgesetzt werden soll" – jedoch mit minimalen Unterbrechungen für die Industrie.

*Hinweis: Dieses Institut war nicht an der Studie beteiligt.

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