In Australien wird fieberhaft daran gearbeitet, wilde Koalas vor Chlamydiose zu retten.

Unverwechselbar aber zunehmend gefährdet: der Koala'bär'.
Unverwechselbar aber zunehmend gefährdet: der Koala'bär'. Copyright canva
Von Ruth Wright
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"Die Infektion tötet die Koalas, weil sie so krank werden, dass sie nicht mehr auf Bäume klettern können, um Nahrung zu finden oder Raubtieren zu entkommen, und die Weibchen können unfruchtbar werden.”

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Australische Wissenschaftler:innen haben damit begonnen, wild lebende Koalas zu impfen, um die schwindende Population zu stärken.

"Es ist verheerend - die Fruchtbarkeit ist sehr, sehr gering", sagt Mathew Crowther, ein Naturschutzbiologe an der Universität Sydney. "Man sieht kaum noch Babys."

Aber dieses Mal ist es nicht COVID. Der ehrgeizige Feldversuch soll Koalas vor Chlamydiose schützen, die sie blind und unfruchtbar macht und sogar tödlich sein kann.

"Die Krankheit tötet Koalas, weil sie so krank werden, dass sie nicht mehr auf Bäume klettern können, um Nahrung zu finden oder Raubtieren zu entkommen, und die Weibchen können unfruchtbar werden", sagt Samuel Phillips, ein Mikrobiologe an der University of the Sunshine Coast, der an der Entwicklung des Impfstoffs beteiligt war.

Was ist der Zusammenhang zwischen Waldbränden und der Verbreitung von Chlamydien?

Die anderen Bedrohungen, denen die Koalas ausgesetzt sind - darunter die Zerstörung ihres Lebensraums durch Landrodung und klimabedingte Waldbrände - können ihren Stresspegel erhöhen, ihr Immunsystem schwächen und sie anfälliger für Krankheiten wie Chlamydiose machen, sagt Crowther.

Das erste Ziel der Wissenschaftler:innen ist es, etwa die Hälfte der Koala-Population in der Region Northern Rivers in New South Wales zu fangen, zu impfen und zu überwachen - das bedeutet, dass etwa 50 Tiere geimpft werden müssen.

Etwa die Hälfte der wild lebenden Koalas in Queensland ist bereits mit Chlamydien infiziert, schätzen sie.

Die Sicherheit und Wirksamkeit des Einzelimpfstoffs, der speziell für Koalas entwickelt wurde, wurde zuvor durch die Impfung von einigen hundert Koalas getestet, die wegen anderer Krankheiten in Rettungszentren für Wildtiere gebracht worden waren.

Jetzt wollen die Wissenschaftler:innen die Auswirkungen der Impfung einer Population wild lebender Koalas verstehen. "Wir wollen herausfinden, wie viel Prozent der Koalas wir impfen müssen, um Infektionen und Krankheiten sinnvoll zu reduzieren", sagt Phillips.

Sind Koalas eine gefährdete Tierart?

Koalas sind ikonische australische Beuteltiere, wie Wombats und Kängurus. Sie verbringen die meiste Lebenszeit mit Fressen und Schlafen in Eukalyptusbäumen, und ihre Pfoten haben zwei entgegengesetzte Daumen, mit denen sie Stämme greifen und hochklettern können.

Die Populationen der wilden Koalas in Australien sind in den letzten zwei Jahrzehnten stark zurückgegangen.

Im Februar dieses Jahres erklärte die australische Bundesregierung die Koalas in den östlichen Regionen von New South Wales, Queensland und dem Australian Capital Territory für "gefährdet".

Laut einer Einschätzung der Regierung von New South Wales aus dem Jahr 2020 könnten die Koalas bis zum Jahr 2050 ausgestorben sein, da sie durch Krankheiten, den Verlust ihres Lebensraums und Straßeunfälle stark bedroht sind.

Wie Wissenschaftler wilde Koalas impfen

Die Wissenschaftler:innen machen die Koalas mit Ferngläsern in Eukalyptusbäumen ausfindig und bauen dann kreisförmige Gehege mit Türen, die in Käfige führen, um die Baumstämme herum.

Nach ein paar Stunden oder Tagen klettern die Koalas schließlich von einem Baum herunter, um auf einem anderen nach schmackhaften Blättern zu suchen, und laufen in die harmlosen Fallen.

"Es ist schwer, einen Koala mit anderen Tieren zu verwechseln - sie sind ziemlich leicht zu erkennen", sagt Jodie Wakeman, Leiterin der tierärztlichen Versorgung und klinischen Abteilung bei Friends of the Koala, einer gemeinnützigen Organisation, die eine Wildtierklinik betreibt, in die die Koalas zur Impfung gebracht werden.

Nach einer Untersuchung, bei der sichergestellt wird, dass die Tiere in gutem Zustand sind, verabreichen die Forscher eine Narkose und eine Impfung. Anschließend werden die Tiere nach dem Aufwachen 24 Stunden lang beobachtet, um sicherzustellen, dass es keine unerwarteten Nebenwirkungen gibt, sagt Wakeman.

Das Ziel ist es, gesunde Koalas zu impfen, um zu verhindern, dass sie sich mit Chlamydien infizieren.

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Vor der Freilassung markieren die Forscher:innen die Koalas mit einem Klecks rosa Farbe auf dem Rücken, um sicherzustellen, dass die gleichen Tiere nicht zweimal gefangen werden.

Als der erste geimpfte Koala im März in seinen Lebensraum zurückgebracht wurde, stellten die Wissenschaftler ihren Käfig an den Fuß eines Baumes und öffneten die Tür. Schnell kam sie heraus und sprang den Baumstamm hinauf.

Wie stecken sich Koalas mit Chlamydien an und kann man sie heilen?

Bei der Entscheidung für die Impfung wägen die Wissenschaftler das Risiko, die Tiere zu stören, gegen die Gefahr ab, dass sich die Krankheit ausbreitet. Der Versuch wurde von mehreren Regierungsstellen genehmigt, darunter das australische Landwirtschaftsministerium und das Ministerium für Planung und Umwelt von New South Wales.

Der Ursprung der Chlamydiose bei Koalas ist nicht geklärt, aber Wissenschaftler halten es für wahrscheinlich, dass die Beuteltiere die Krankheit zunächst durch den Kontakt mit dem Kot infizierter Schafe und Rinder aufnahmen. Dann wird die Krankheit sexuell verbreitet oder von der Mutter auf die Nachkommen übertragen.

Während Menschen und Nutztiere, die mit Chlamydiose verursachenden Bakterien infiziert sind, mit Antibiotika behandelt werden können, ist das bei Koalas nicht so einfach.

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Die komplexen Mikroben in den Mägen der Koalas sind darauf ausgelegt, die Giftstoffe in den Eukalyptusblättern zu neutralisieren, die ihre Hauptnahrungsquelle sind, sagt Crowther, ein Naturschutzbiologe an der Universität Sydney. "Aber ihr Verdauungssystem kann daher auch einige Medikamente neutralisieren, was bedeutet, dass sie nicht gut auf eine Antibiotikabehandlung ansprechen", sagt er.

Wird die Impfung von Wildtieren häufiger vorkommen?

Weltweit gibt es nur eine Handvoll anderer Beispiele für den Versuch von Wissenschaftler:innen, gefährdete Wildtiere zu fangen und zu impfen, um sie zu schützen. So begannen Wissenschaftler:innen 2016 damit, hawaiianische Mönchsrobben gegen einen tödlichen Stamm des Morbillivirus zu impfen. Und vor zweieinhalb begann man in Brasilien damit, Goldlöwentamarine gegen Gelbfieber zu impfen.

"Die Impfung von Wildtieren ist sicherlich noch keine Routine", sagt Jacob Negrey, Biologe an der Wake Forest University School of Medicine. "Aber ob sie häufiger eingesetzt werden sollte, ist eine grundsätzliche Frage, mit der sich Naturschutzbiologen im Moment wirklich herumschlagen."

Laut Johnson vom Smithsonian überwiegen die Vorteile für die Koalas wahrscheinlich die Risiken. "Die Impfung ist eine unglaublich ressourcenintensive Angelegenheit. Koalas leben hoch oben in den Bäumen", sagt sie.

"Aber da die Auswirkungen von Chlamydiose so stark beeinträchtigend sind, denke ich, dass es das absolut wert ist.”

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