EU-Politik. Für eine faire Fischerei: An Bord eines EU-Patrouillenschiffs auf der Adria

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Für eine faire Fischerei: An Bord eines EU-Patrouillenschiffs auf der Adria
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Von Denis LoctierSabine Sans
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Allein im vergangenen Jahr hat die Europäische Fischereiaufsichtsagentur (EFCA) fast 50.000 Fischereikontrollen in der gesamten EU koordiniert und dabei mehr als 5.000 Verstöße aufgedeckt. Aber die Zahl der Fischer, die sich an die Regeln halten, scheint zu steigen.

Das Mittelmeer ist eines der am stärksten überfischten Gebiete der Welt. Seine Zukunft hängt davon ab, dass sich alle Fischer an die Regeln halten und ihre Fänge nachhaltig sind. Doch wie lässt sich das in einem riesigen, von nationalen Grenzen durchzogenen Meer sicherstellen?

Euronews-Reporter Denis Loctier hat das EU-Patrouillenschiff "Ocean Sentinel" auf einer Mission begleitet. Das Schiff der Europäischen Fischereiaufsichtsagentur (EFCA) patrouilliert in den internationalen Gewässern der Adria zwischen Italien und Kroatien. Im Steuerhaus bereitet sich Andrea Patalano, EFCA-Koordinator für Kontrolltätigkeiten, auf die morgendliche Besprechung mit dem Inspektionsteam vor.

Ressourcen bündeln, Know-how teilen

m Steuerhaus bereitet sich Andrea Patalano, EFCA-Koordinator für Kontrolltätigkeiten, auf die morgendliche Besprechung mit dem Inspektionsteam vor:

"Das Patrouillenschiff der Europäischen Union gibt es, damit die Mitgliedsländer ihre eigenen Inspektoren an Bord nehmen können", erklärt  Andrea Patalano, Koordinator für Kontrolltätigkeiten der EFCA. "Auf diese Weise können wir Erfahrungen und bewährte Verfahren austauschen und einen einheitlichen Ansatz für Inspektionen und Kontrolltätigkeiten erreichen."

Andrea Patalano, EFCA-Koordinator für Kontrolltätigkeiten
Andrea Patalano, EFCA-Koordinator für Kontrolltätigkeiteneuronews

Neben ihm und einem weiteren italienischen Inspektor gehören auch ein Drohnenpilot und zwei Fischereiinspektoren aus Kroatien zum Team.

"Es ist eine tolle Mischung. Wir tauschen Erfahrungen aus und arbeiten zusammen. Das ist sehr wichtig, denn die Adria ist ein Gemeinschaftsgewässer", sagt Domagoj Bojko, Fischereiinspektor im kroatischen Landwirtschaftsministerium.

Ocean begleitete die EFCA bei einem Einsatz im Mittelmeer - in internationalen Gewässern, aber nicht weit von einem Fischereisperrgebiet entfernt. Dort ist der Fischfang erlaubt, solange man die europäischen und nationalen Vorschriften einhält.

Zwei Fischerboote, die Seite an Seite arbeiten, sind die ersten, die an diesem Morgen inspiziert werden. Über Funk kündigt sich das Team bei den Fischern an.

Kurz darauf verlässt ein Schnellboot die Ocean Sentinel und bringt das Inspektionsteam zu den Fischerbooten auf See. 

Ein Schnellboot von der Ocean Sentinel bringt das Inspektionsteam zu den Fischerbooten auf See
Ein Schnellboot von der Ocean Sentinel bringt das Inspektionsteam zu den Fischerbooten auf Seeeuronews

Die Fischer fangen Sardellen und Sardinen, um sie in Deutschland, Italien und Spanien zu vermarkten. Für Kapitän Dario Lacchini sind die Kontrollen keine große Sache - im Gegenteil, er befürwortet sie sogar.

"Wir sind ein Familienunternehmen und unser Ruf und unsere Produkte sind uns wichtig. Wir sind junge Leute, die in die Zukunft blicken", erzählt der Kapitän. "Durch regelmäßige Kontrollen wie diese halten sich alle besser an die Regeln, dann haben wir alle bessere Fängen."

Ein heikler Teil der Arbeit der Inspektoren besteht darin, auf offener See von einem Boot auf ein anderes umzusteigen, was bei schlechtem Wetter noch schwieriger ist. Doch diese Inspektion verläuft reibungslos, angefangen bei den Papieren: Von der Fanglizenz bis zum Fangbericht ist alles in Ordnung.

"Wir sind nicht hier, um die Menschen zu schikanieren. Es geht um eine kontinuierliche Prävention", erklärt Nicola Bavila, Fischereiinspektor bei der italienischen Küstenwache. "Die meisten Fischer haben die Botschaft verstanden. Sie sind offen für Inspektionen und sie fischen nach Vorschrift."

Nicola Bavila und sein kroatischer Kollege Domagoj Bojko bestätigen, dass die Maschenweite des Fischernetzes innerhalb des gesetzlichen Rahmens liegt.

Nicola Bavila, Fischereiinspektor bei der italienischen Küstenwache
Nicola Bavila, Fischereiinspektor bei der italienischen Küstenwacheeuronews

"In diesem Fall war die Kontrolle erfolgreich. Der Kapitän war sehr kooperativ. Sowohl das Fanggerät als auch der Fang entsprachen den europäischen Vorschriften", fügt er hinzu.

Nachdem alle Papiere, Fanggeräte, Fänge und Überwachungssysteme überprüft wurden, kehrt das Team zu einer Nachbesprechung auf die Ocean Sentinel zurück. Zwölf arbeitsreiche Tage mit weiteren Inspektionen liegen vor ihnen. Das Ganze ist Teil einer größeren maritimen Mehrzweckoperation in der Adria, die die europäische Zusammenarbeit bei der Fischereikontrolle und anderen Aufgaben der Küstenwache stärken soll. 

Die italienische Küstenwache führt eine Inspektion eines Fischerbootd auf der Adria durch
Die italienische Küstenwache führt eine Inspektion eines Fischerbootd auf der Adria durcheuronews

Das Ziel ist, aus diesen Erfahrungen zu lernen, die Beziehungen zwischen den EU-Mitgliedstaaten zu stärken, Ressourcen zu bündeln und Know-how auszutauschen, um noch bestehende Lücken in der Fischereikontrolle zu schließen.

Die gesamte Operation wird von der EFCA-Zentrale im spanischen Vigo aus gesteuert und ist eine echte Teamleistung. Beamte der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) und der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) arbeiten Hand in Hand mit der EFCA. Bei der Fischereikontrolle ermöglicht der Datenaustausch zwischen diesen Agenturen und den nationalen Behörden eine Feinabstimmung der Ziele. Er helfe, Fischerboote ausfindig zu machen, die gegen die Vorschriften verstoßen.

"Es ist unmöglich, jedes Schiff zu kontrollieren", sagt EFCA-Direktorin Susan Steele. "Alle Mitgliedsstaaten sind daran interessiert, dass wir bei unseren Inspektionen die Risiken der Schiffe feststellen, die wir untersuchen. Und das können wir durch Zusammenarbeit erreichen. Wir wollen auch sicherstellen, dass wir die kostengünstigsten und effizientesten Kontrollmethoden anwenden."

EFCA-Direktorin Susan Steele
EFCA-Direktorin Susan Steeleeuronews

Trotz zunehmender Einhaltung der Vorschriften bleibt noch viel zu tun

An Bord der Ocean Sentinel sieht man weitere Beispiele für diese behördenübergreifende Zusammenarbeit. Ein Container mit der Ölunfallausrüstung der EMSA steht für den Notfall bereit, wenn sich in der Nähe ein Verschmutzungsunfall ereignet. 

Das Flugzeug der EFCA scannt das größere Einsatzgebiet, während die Boote von Frontex die kroatische Küste im Auge behalten. 

Und jede Inspektion wird von einer EMSA-Drohne unterstützt. Sie nimmt das Fischerboot aus der Vogelperspektive auf, ohne die Fischer zu stören.

"Normalerweise merkt das Zielschiff nicht, dass eine Drohne in der Luft ist. Sie ist sehr leise und kann 30-fach zoomen", erklärt Andrew Jørgensen, RPAS-Pilot bei Nordic Unmanned. "Wenn die Fischer vielleicht etwas über Bord werfen wollen, Fang zurückwerfen und so weiter - dann kann ich das hoffentlich mit der Drohne aufnehmen."

Andrew Jørgensen, RPAS-Pilot bei Nordic Unmanned
Andrew Jørgensen, RPAS-Pilot bei Nordic Unmannedeuronews

Die Kontrolleure haben ein weiteres italienisches Fischerboot im Visier: Ein Grundschleppnetzfischer, der eine Mischung aus Plattfischen und anderen Meereslebewesen fängt. Diese Fangmethode wird von Umweltschützern kritisiert. Wenn die strengen Richtlinien nicht eingehalten werden, kann es negativen Auswirkungen geben.

Auf der Grundlage gemeinsamer Daten bewertete das europäische Team die Risiken und bestimmte dieses Schiff als vorrangig zu inspizieren ein. Die Befürchtungen bestätigten sich. Es wurde nicht nur festgestellt, dass der Grundschleppnetzfischer kein aktuelles Fangbuch führte, sondern auch, dass das Schiffsüberwachungssystem scheinbar manipuliert wurde. Zu allem Überfluss fällt das Netz bei der Kontrolle durch: Die Maschen sind zu klein, die Schnur zu dick und das Fanggerät damit illegal.

Ein Fischernetz entspricht nicht den EU-Vorschriften: Die Maschen sind zu klein und die Schnur zu dick
Ein Fischernetz entspricht nicht den EU-Vorschriften: Die Maschen sind zu klein und die Schnur zu dickeuronews

"Als Nächstes folgt ein ganzes Follow-up-Verfahren durch die nationalen Behörden, bei dem das Fischerboot in den Hafen zurückgerufen wird und weitere Maßnahmen durch die Behörden des Flaggenstaates vorbereitet werden. Diese Maßnahmen können verwaltungsrechtliche Sanktionen, die Beschlagnahmung des Fangs und die Beschlagnahmung des an Bord gefundenen illegalen Fanggeräts umfassen", sagt Andrea Patalano.

Allein im vergangenen Jahr hat die EFCA fast 50.000 Fischereikontrollen in der gesamten EU koordiniert und dabei mehr als 5.000 Verstöße aufgedeckt. Aber die Zahl der Fischer, die sich an die Regeln halten, scheint zu steigen. Andrea Patalano: "Es gibt ein wachsendes Bewusstsein für die Notwendigkeit, die Regeln zum Wohle aller einzuhalten - in erster Linie der Fischer selbst, aber auch aller Küstengemeinden. Es gibt noch viel zu tun und genau deshalb sind wir hier."

Bessere Zusammenarbeit führt zu besseren Kontrollen und trägt dazu bei, dass es auch morgen noch Fisch im Meer gibt.

Cutter • Jean-Christophe Marcaud

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