Welche Zukunft hat der Thunfischfang im Pazifik?

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Von Denis Loctier
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Diese Ocean-Folge kommt von den Marshallinseln: Dort gibt es den größten Thunfisch-Umschlaghafen der Welt. Die riesige Fischerei im westlichen und mittleren Pazifik, die ein Fünftel der Erdoberfläche umfasst, wird nachhaltiger bewirtschaftet als jede andere Thunfisch-Fischerei weltweit.

Die Marshallinseln bestehen zu 98 Prozent aus Wasser. Sie sind eine winzige Republik im Pazifik, auf halbem Weg zwischen Australien und Hawaii. Diese Region - der westliche Zentralpazifik - liefert die Hälfte des weltweiten Thunfischs. 

Auf dem Majuro-Atoll, mit der gleichnamigen Hauptstadt der Marshall-Inseln, gibt es den größten Thunfisch-Umschlaghafen der Welt. Ocean begleitet ein Team einheimischer Inspektoren: Ihre Aufgabe ist es, diese riesige Fischerei unter Kontrolle zu halten. Es steht viel auf dem Spiel: Sollten die Thunfischbestände dezimiert werden, würden das Land und seine pazifischen Nachbarn ihre lebenswichtige natürliche Ressource verlieren - den Schlüssel zu ihrer aktuellen Entwicklung und ihre beste Hoffnung auf eine wohlhabendere Zukunft. 

"Hier auf den Marshallinseln ist Thunfisch mehr als nur ein Fisch. Er ist ein wichtiger Bestandteil der lokalen Wirtschaft und Lebensweise", weiß Euronews-Reporter Denis Loctier. "Doch jetzt stehen die kleinen Inselstaaten in Ozeanien vor einer großen Frage: Wie sieht die Zukunft des Thunfischs und der Menschen im Pazifik aus, die auf ihn angewiesen sind?"

Ein  Ringwadenkutter war ein Monat auf See, um Thunfisch zu fangen. Jetzt liegt er vor dem Atoll vor Anker und lädt den gefrorenen Fang auf einen Frachter um, der ihn zu einer Konservenfabrik im Ausland bringt. Die Fischereibehörde überwacht den gesamten Prozess.

"Jedem Schiff ist ein Beobachter zugewiesen. Sie überwachen die Aktivitäten des Schiffes während der Umladung und überprüfen auch die Tonnage an Bord", erklärt Stephen Domenden, Beauftragter für Fischereiboarding und -inspektion, MIMRA . Alle Ringwadenfänger sind zu 100 Prozent abgedeckt. Wenn wir an Bord gehen, sprechen wir mit dem Beobachter und stellen fest, ob alles in Ordnung ist - alle Dokumente und alles an Bord."

Stephen Domenden, Beauftragter für Fischereiboarding und -inspektion, MIMRA
Stephen Domenden, Beauftragter für Fischereiboarding und -inspektion, MIMRAeuronews

Diese strenge Überwachung trägt dazu bei, den Fischfang nachhaltig zu gestalten und zu verhindern, dass Schiffe mehr Thunfisch fangen, als ihre Lizenzen erlauben. Für einen kleinen Inselstaat ist das eine Mammutaufgabe, doch neue Technologien machen es möglich. Das Überwachungszentrum in Majuro verfolgt jedes Fangschiff und erhält die Fangprotokolle elektronisch, noch bevor die Umladung beginnt.

Glen Joseph, Direktor der Behörde für Meeresressourcen der Marshallinseln, erklärt: "Für uns ist das eine wichtige Lebensgrundlage, sowohl wirtschaftlich als auch in Bezug auf unsere Tradition und Kultur. Es ist unser Hinterland. Sie haben gesehen, was die Marshallinseln ausmacht - sehr wenige Ressourcen an Land, aber viele Ressourcen im Meer. Es ist wichtig, dass wir sie bewirtschaften und auf einem gesunden Niveau halten".

Glen Joseph ist Direktor der Behörde für Meeresressourcen der Marshallinseln
Glen Joseph ist Direktor der Behörde für Meeresressourcen der Marshallinselneuronews

Die riesige Fischerei im westlichen und mittleren Pazifik, die ein Fünftel der Erdoberfläche umfasst, wird nachhaltiger bewirtschaftet als jede andere Thunfisch-Fischerei weltweit. Dieser Erfolg ist auf die Datenerfassung durch Fischerboote und wissenschaftliche Erhebungen wie Thunfisch-Markierungsfahrten zurückzuführen. 

Gemeinsames Fischereimanagement

Die Marshallinseln und acht ihrer Nachbarn haben sich auf ein gemeinsames Fischereimanagement geeinigt. Das verringert die wirtschaftliche Unsicherheit, die durch die Wanderung der Thunfische in ihren Gewässern entsteht, und hilft den kleinen Nationen, die Kontrolle über ihre natürlichen Ressourcen zurückzugewinnen. 

"In der Vergangenheit gab es keine Grenzen. Man bezahlte seinen Zugang, kam und fischte - egal ob einen, tausend oder eine Million Fische", erzählt Glen Joseph.  "Aber durch die Einführung eines Limits liegt die Verantwortung plötzlich bei den Fischern - sie müssen sich innerhalb der von uns festgelegten Quote bewegen. Das erhöht die Einnahmen - sie unterstützen den Bau von Straßen, Krankenhäusern, Schulen, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die wirtschaftliche Entwicklung der Inseln."

Die Hälfte der Staatseinnahmen auf den Marshallinseln, 70 % in Kiribati und 80 % in Tokelau stammen aus Fischereigebühren. Der Umschlag bringt jedoch nur eine geringe Wertschöpfung, was die Marshallinseln dazu veranlasst, in neue Unternehmen zu investieren. Ein Teil des gefrorenen Thunfischs wird in Majuro vor der Verschiffung an die Konservenfabriken vorverarbeitet.

Fischer laden große, gekühlte Thunfische ab. Der frische Fisch in Sashimi-Qualität wird noch am selben Tag in die USA, nach Kanada und Japan geflogen. In der Verarbeitungsanlage des "Marshall Islands Fishing Venture" wird jeder Fisch nach Größe und Qualität sortiert und der hochwertige Thunfisch in Filets geschnitten. Ein computergestütztes System verfolgt jedes Fischteil bis zum Fangschiff zurück. Das Entgräten des Fisches, das Präzision und Schnelligkeit erfordert, beschäftigt sowohl einheimische als auch ausländische Arbeiter von den Philippinen, aus China und anderen Ländern. 

"Wir leben vom Meer. Dort fangen wir den Fisch, das ist unser Leben - wir verdienen Geld mit dem Fisch", so MIFV-Arbeiter Tommy Abon.

Tommy Abon lebt vom Thunfisch
Tommy Abon lebt vom Thunfischeuronews

Die Marshallinseln nehmen an dem von der EU kofinanzierten Projekt FISH4ACP teil, das die gesamte Thunfisch-Wertschöpfungskette verbessern soll. Ziel ist es, die für den europäischen Markt erforderlichen Standards zu erfüllen und die instabilen Fischpreise in ihrer Region auszugleichen. 

"Die Preise fallen, es gibt sehr niedrige Preise in allen__Bereichen. Deshalb brauchen wir mehr Märkte, wie den EU-Markt", erklärt Lin Huihe, Geschäftsführer vom Marshall Islands Fishing Venture.

Lin Huihe ist Geschäftsführer vom Marshall Islands Fishing Venture
Lin Huihe ist Geschäftsführer vom Marshall Islands Fishing Ventureeuronews

Klimawandel bedroht die Thunfischbestände

Die kleinen Inselstaaten im Pazifik haben hart daran gearbeitet, gesunde Thunfischbestände zu erhalten, die ihre wirtschaftliche Lebensader sind. Aber ihre Bemühungen könnten durch etwas untergraben werden, das sie nicht kontrollieren können: die langfristigen Auswirkungen des Klimawandels.

Obwohl sie kaum zu den globalen Emissionen beitragen, sind die Bewohner der Pazifikinseln stark von den Auswirkungen des Klimawandels bedroht. Der Anstieg des Meeresspiegels führt zu Küstenerosion und Überschwemmungen, extreme Wetterereignisse nehmen zu.

Auch das Leben im Meer leidet. Korallenriffe sind von Bleiche bedroht, was die marinen Ökosysteme beeinträchtigt. Die Marshallinseln richten Schutzgebiete ein, um die Anpassung und das Überleben der lokalen Arten zu unterstützen.

Zudem wächst die Sorge, dass klimabedingte Veränderungen den Thunfisch aus den heimischen Gewässern auf die hohe See treiben könnten, wo eine unkontrollierte Befischung den Inselstaaten keinen Nutzen bringen würde.

Bryant J. Zebedy, Beauftragter des RMI-Netzwerks für Schutzgebiete: "Mit den Auswirkungen des Klimawandels besteht die Möglichkeit, dass der Thunfisch abwandert und die Chancen für die Thunfischproduktion sinken, - wir hoffen, dass es nicht soweit kommt."

Bryant J. Zebedy ist Beauftragter des RMI-Netzwerks für Schutzgebiete
Bryant J. Zebedy ist Beauftragter des RMI-Netzwerks für Schutzgebieteeuronews

Bei einem Szenario mit hohen Emissionen könnten die Thunfischfänge in den pazifischen Inselstaaten bis 2050 um 20 % zurückgehen, was die Staatseinnahmen gefährden würde. Glen Joseph: "Das wäre katastrophal. Wir bauen auf der guten Arbeit auf, die wir bisher geleistet haben, um den Nutzen zu erreichen, den wir jetzt haben - aber wir befürchten, dass die Auswirkungen des Klimawandels all das zunichte machen könnte."

Für die Inselbewohner des Pazifiks ist der Ozean ihre Heimat - ihre Zukunft hängt davon ab, wie gesund der Ozean bleibt.

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