Einst im alten Ägypten verehrt, hat sich der Heilige Ibis von seiner Heimat Afrika aus in neue europäische Lebensräume ausgebreitet.
Der Heilige Ibis ist eigentlich nicht in Italien zuhause, er ist eine invasive Art. Eingedrungen ist der Vogel vermutlich nachdem er aus Gefangenschaft entkommen ist, zum Beispiel aus einem Zoo. Einige Zoopopulationen duften in der Vergangenheit frei fliegen.
Mittlerweile hat sich die gebietsfremde Vogelart in weiten Teilen Norditaliens ausgebreitet und ist zu einer Gefahr für die lokale Tierwelt geworden.
Die aus Afrika und dem Irak stammenden Stelzvögel breiten sich wie ein Lauffeuer aus, sagen Ornithologen. Sie schlagen Alarm, wegen der Risiken für die lokale Fauna.
Der natürliche Lebensraum der Art sind sumpfige Feuchtgebiete und Wattflächen, wo sie auf Bäumen nisten, die sich im oder am Wasser befinden.
Da die Klimakrise das Wetter dramatisch zu verändern beginnt und Dürren und Überschwemmungen verursacht, folgen die Vögel der Feuchtigkeit in neue Lebensräume.
Heilige Ibisse sind in ganz Norditalien "massenhaft verbreitet"
"Das Phänomen hat sich auf die gesamte Emilia-Romagna ausgeweitet", erklärt Andrea Ravagnani von der Ornithologenvereinigung AsOER der Emilia-Romagna gegenüber der Zeitung La Repubblica.
"Der Heilige Ibis hat begonnen, in Bologna, Modena und vor allem Ferrara massiv zu nisten", so Ravagnani weiter, der glaubt, dass es in der norditalienischen Region bereits Zehntausende dieser Vögel geben könnte.
"Der Heilige Ibis ist eine gebietsfremde Art, die es in Italien nicht geben sollte. Er ist aus Betrieben in Norditalien entwichen oder wurde dort ausgesetzt. Seine Geschichte ist ähnlich wie die der Nutria", so Ravagnani. Nutria, die in Italien liebevoll als "kleine Biber" bezeichnet werden, sind einheimische südamerikanische Nagetiere, die sich nun im ganzen Land ausbreiten, weil sie dort keine natürlichen Feinde haben.
"Wie die Nutria ist auch der Heilige Ibis extrem anpassungsfähig und vermehrt sich massiv", warnt Ravagnani.
Warum stellt der Heilige Ibis ein Problem dar?
In Europa steht der Heilige Ibis seit fast einem Jahrzehnt auf der Liste der Europäischen Kommission für invasive gebietsfremde Arten von gemeinschaftlichem Interesse. Die Vögel sind auch in DAISIE aufgeführt, einem Verzeichnis gebietsfremder invasiver Arten in Europa, das vom Forschungsinstitut für Natur und Wald und dem Zentrum für Ökologie und Hydrologie erstellt wurde.
In der EU-Verordnung über die Prävention, das Management und die Ausbreitung gebietsfremder Arten heißt es: "Invasive gebietsfremde Arten stellen eine der größten Bedrohungen für die biologische Vielfalt und die damit verbundenen Ökosystemleistungen dar. (...) Die Risiken, die von solchen Arten ausgehen, können sich aufgrund des zunehmenden Welthandels, des Verkehrs, des Tourismus und des Klimawandels verschärfen."
Der Heilige Ibis ernährt sich von Amphibien sowie von den Eiern und Küken anderer Arten, insbesondere von Seeschwalben und Reihern, und gefährdet damit die lokale Artenvielfalt und das Überleben der Jungen einheimischer Arten.
Darüber hinaus ernähren sich Ibisse von Insektenlarven auf Mülldeponien und Güllegruben, wodurch die Gefahr der Ausbreitung von Krankheiten besteht, die auf Weiden und Geflügelfarmen übertragen werden.
Wie ist der Heilige Ibis nach Europa gekommen?
Ein Paar Heilige Ibisse, die in Afrika, Irak und Jemen heimisch sind, wurde um 1700 aus Ägypten nach Frankreich gebracht. Ein Jahrhundert später wurde die Vogelart in freier Wildbahn in Österreich und Italien gesichtet.
In Frankreich haben sich in den 1980er und 1990er Jahren frei fliegende Populationen aus Zoos in der Bretagne entlang der Atlantikküste in freier Wildbahn etabliert. In den letzten Jahren haben Ausrottungsprogramme die Zahl der Vögel verringert, aber ganz ausgerottet werden können sie nicht.
In Spanien ist es gelungen, die gesamte heilige Ibis-Population auszurotten, und die aus Frankreich einreisenden Vögel werden grundsätzlich geschossen.
Es wird vermutet, dass die italienische Population entweder aus der Migration der frei fliegenden französischen Populationen oder aus dem italienischen Zoo Le Cornelle in der Lombardei stammt, in dem es einst eine frei fliegende Population des Vogels gab. Eine Studie in der Fachzeitschrift Nature Scientific Reports legt nahe, dass die Art 1989 mit einem einzigen Paar im Nordwesten Italiens zu brüten begann - 20 Jahre später wurden mehr als 10 000 Vögel in der Region nachgewiesen.