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Warum "hasst" Frankreichs Linker Jean-Luc Mélenchon (72) Deutschland?

Jean-Luc Mélenchon hat sich öffentlich häufig negativ über Deutschland und seine Bevölkerung geäußert. Woher kommt diese Abneigung?
Jean-Luc Mélenchon hat sich öffentlich häufig negativ über Deutschland und seine Bevölkerung geäußert. Woher kommt diese Abneigung? Copyright Daniel Cole/AP
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Von Alexandra Leistner
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Deutschland steht für alles, was der Linke Jean-Luc Mélenchon verachtet. Kann der Chef von La France Insoumise (LFI) Frankreichs nächster Premierminister werden?

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Am Wahlabend nach den französischen Parlamentswahlen war der Linken-Parteivorsitzende Jean-Luc Mélenchon der erste, der auf die Bühne trat und sich als Mitbegründer der neuen linken Volksfront feiern ließ.

Dabei ist der Chef von La France Insoumise ("Das unbeugsame Frankreich" - LFI) für viele in Frankreich, nicht nur für die Regierungspartei von Emmanuel Macron ein rotes Tuch. Da LFI innerhalb der Volksfront die meisten Abgeordneten in der Nationaversammlung stellt, hat der 72-Jährige aber zuletzt mehrfach den Posten des Regierungschefs für sich beansprucht.

Ist es wirklich vorstellbar, dass der Altlinke Jean-Luc Mélenchon zum Premierminister gewählt wird und in Europa ein anderer Wind weht?

Extreme Linke?

Politische Gegner bezichtigten Jean-Luc Mélenchon, der einst Sozialist war und dann seine eigene politische Partei gründete, auch des Antisemitismus. Auf seinem persönlichen Blog hatte der LFI-Chef geschrieben, dass "im Gegensatz zu dem, was die offizielle Propaganda sagt, der Antisemitismus in Frankreich ein Restproblem bleibt. Er ist auf jeden Fall auf Volksversammlungen völlig abwesend".

Der Vorwurf, dass "La France Insoumise" eine linksextreme Partei sei, wurde von Frankreichs Behörden nicht bestätigt.

Was hat Mélenchon gegen Deutschland?

Bei der Präsidentschaftswahl 2022 verpasste Mélenchon den Einzug in die Stichwahl, den er landete in der ersten Runde hinter Marine Le Pen auf Platz 3.

Bereits im Jahr 2015 löste Mélenchon mit seinem Pamphlet "Deutschland: Der Bismarckhering – das deutsche Gift" eine Polemik aus. Darin kritisiert er die deutsche Politik und bezeichnet Deutschland als "Monster", das die EU fest im Griff hat und nur aus eigenen Interessen handelt.

Durch das Buch wollte Mélenchon auch die in seinen Augen fehlgeleitete Bewunderung vieler Franzosen und Französinnen für das "deutsche Modell" aufdecken und dem positiven Bild der deutschen Wirtschaft als Vorbild für andere Länder in den Medien entgegentreten.

In Europa gilt das Tandem Frankreich-Deutschland als dominant - will Mélenchon das ändern? Der LFI-Vorsitzende steht für einen antiliberalen, antikapitalistischen Kurs, vielmehr unterstützt er große staatliche Eingriffe, vor Jahren wollte er Managergehälter deckeln, eine Mindestrente und ein Grundeinkommen für junge Leute einführen.

"Für Mélenchon ist Deutschland eine Projektionsfläche, um zu begründen warum er der EU so kritisch gegenübersteht und warum er die Europapolitik Frankreichs verändern will", erklärte Dr. Ronja Kempin von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) gegenüber Euronews 2022.

Deutschland verantwortlich für EU-Politik

"Deutschland ist die Führungsmacht in der Europäischen Union, die für alles steht, wogegen Mélenchon eintritt und was es den Staaten aus seiner Sicht schwer macht, sozialpolitisch wirken zu können. Für ihn zentral ist, dass Deutschland in erster Linie mitverantwortlich ist für den fehlgeleiteten Kurs der Europäischen Union", so Politikwissenschaftlerin Kempin.

Die Legitimität des deutsch-französischen Tandems werde in den ost- und mitteleuropäischen Staaten immer weniger anerkannt, erklärt Kempin. Dort sehe man es so, dass ihren Warnungen vor Russland nicht Folge geleistet wurde und Berlin und Paris Putin gegenüber zu freundschaftlich auftraten.

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SWP Berlin
Dr. phil. Ronja KempinSWP Berlin

Dr. phil. Ronja Kempin ist Politikwissenschaftlerin und Senior Fellow der EU/Europe Research Group bei der Stiftung Wissenschaft und Politik. Ihre Schwerpunkte umfassen deutsch-französische Beziehungen in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die Rolle des Front National und des Populismus in Frankreich.

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