Die Woche in Europa - auf der Suche nach einem neuen Getreide-Deal

Die Präsidenten Erdogan und Putin bei ihrem Treffen in Sotschi, 4. September 2023
Die Präsidenten Erdogan und Putin bei ihrem Treffen in Sotschi, 4. September 2023 Copyright AP Photo
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Von Stefan Grobe
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In dieser Ausgabe befasst sich State of the Union mit den neuen Regelen für Tech-Riesen in der EU, den Bemühungen um einen neuen Getreide-Deal und der russischen Zerstörung der Industriekapazität der Ukraine.

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Wo wären wir heute ohne die Begleitung von Unternehmen wie Amazon, Apple, Facebook, Google, Microsoft oder TikTok?

Die Produkte und Dienstleistungen dieser Tech-Giganten sind zu einem unverzichtbaren Bestandteil unseres Lebens geworden.

Sie sind die dominierenden "Torwächter" unseres modernen Online-Ökosystems.

So dominant, dass die Europäische Kommission diese Woche strengere Vorschriften erlassen hat, um zu verhindern, dass sie ihre digitalen Domänen monopolisieren.

"Es ist ein sehr wichtiger Meilenstein für die Freiheit und die Innovation im Internet in Europa", erklärte EU-Binnenmarktkommissar Thoierry Breton, "da die einflussreichsten Online-Unternehmen - wir nennen sie Gatekeeper - nun nach unseren Regeln spielen müssen, unseren europäischen Regeln."

All das ist kompliziert, aber es genügt zu sagen, dass keines dieser großen Technologieunternehmen jetzt in der Lage ist, Wettbewerber auf ihren Plattformen zu beschränken.

Mehr Auswahl für die Verbraucher - das ist das Ziel.

Wenn es um ukrainisches Getreide geht, haben die Verbraucher keine Wahl - entweder sie bekommen es oder nicht.

Dies hängt von den russischen Angriffen auf die ukrainische Landwirtschaft ab.

Im Sommer zog sich Russland aus einer von den Vereinten Nationen unterstützten Vereinbarung zurück, die es der Ukraine ermöglichte, Millionen von Tonnen Getreide von ihren Schwarzmeerhäfen aus in alle Welt zu verschiffen.

Diese Woche besuchte der türkische Präsident Erdogan seinen russischen Kollegen Putin, um das Getreideabkommen wieder aufleben zu lassen.

Putin verlangt als Bedingung die Aufhebung der westlichen Sanktionen - was natürlich nicht geschehen wird.

Dennoch war Erdogan optimistisch: "In diesem Zusammenhang haben wir in Absprache mit den Vereinten Nationen ein neues Paket von Vorschlägen ausgearbeitet, das erhebliche Fortschritte enthält. Ich glaube, dass es möglich ist, durch diesen neuen Prozess Ergebnisse zu erzielen".

Das Fehlen ukrainischen Getreides auf den Weltmärkten ist eine Gefahr für die weltweite Ernährungssicherheit, was Russland indes bestreitet.

Doch Moskau hat es nicht nur auf die ukrainische Landwirtschaft abgesehen, sondern untergräbt auch andere Bereiche der ukrainischen Wirtschaft auf aggressive Weise.

Dazu ein Interview mit Olivia Lazard, Forscherin bei Carnegie Europe.

Euronews: Es ist nicht nur die Getreidefrage, die der EU Sorgen macht, sondern es sind auch die ukrainischen Rohstofflieferungen, die bedroht sind. Rohstoffe, die die EU braucht, um den Green Deal voranzutreiben. Wie wirkt sich der Krieg auf diese Partnerschaft aus?

Lazard: Die seit 2021 bestehende strategische Partnerschaft liegt praktisch auf Eis. Die Ukraine war erst das zweite Land, mit dem die EU eine solche Partnerschaft eingegangen ist, das heißt die Lieferung und Nutzung von kritischen Rohstoffen, die für die Energiewende und die Einhaltung der EU-Klimagesetze notwendig sind. Da sich viele Vorkommen im Osten der Ukraine befinden, ist natürlich fraglich, wie diese Vorkommen in Zukunft genutzt werden sollen. Die strategische Partnerschaft steht nicht in Frage, sondern die Art und Weise, wie sie in Zukunft umgesetzt wird.

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Euronews: Ist es fair zu sagen, dass Russland die ukrainische Wirtschaft ausbeutet und die Ukraine bestiehlt?

Lazard: Russland zerstört im Wesentlichen die ukrainische Industriekapazität, die natürlich ein wichtiger Teil für das Wirtschaftswachstum des Landes ist. So war es in der Vergangenheit, so ist es heute und so wird es auch in der Zukunft sein, selbst wenn Kiew ein grünes Wachstumsszenario anstrebt. Russland versucht, dass die Ukraine nicht in eigener Regie aus ihren eigenen Ressourcen schöpfen kann. Russland versucht, sich einen Teil dieser Vorkommen anzueignen, die die Welt in Zukunft brauchen wird, damit andere weniger von den ukrainischen Ressourcen profitieren.

Euronews: Welches Ziel verfolgt Putin hier, was will er wirtschaftlich erreichen?

Lazard: Es ist ein sehr komplexes Problem. Der Krieg ist offensichtlich das Ergebnis einer Reihe von Faktoren. Der Kreml verfolgt seit langem eine Strategie, die darauf abzielt, seine Fähigkeit zur Selbstversorgung in der Zukunft auszubauen und seine Wirtschaft angesichts einer Reihe von Störungen, einschließlich klimabedingter Störungen, zu diversifizieren. Russland hat einen erheblichen Wettbewerbsvorteil, den es im Wesentlichen durch seinen Einmarsch in die Ukraine auszubauen versucht, der praktisch eine langfristige Wette auf sehr instabile Formen der Zukunft darstellt.

Euronews: Wie sollte die EU reagieren?

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Lazard: Die EU und ihre Mitgliedstaaten haben eine technische, finanzielle und technologische Perspektive für die Energiewende und für ökologische Übergänge im Allgemeinen angenommen. Wir müssen aber eine Kapazität aufbauen, um zu verstehen, wie Klimastörungen mit Sicherheitsbedenken, mit einem neuen geoökonomischen Wettbewerb um eine Vielzahl von Rohstoffen in der Zukunft zusammenspielen. Und wir müssen eine Kapazität aufbauen, um die internationalen Beziehungen in einer sehr komplexen Weise zu verstehen, um zu verstehen, wie politische Unischerheit von Ländern wie Russland instrumentalisiert wird.

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