Litauen will den Präsidenten von Belarus, Alexander Lukaschenko und andere hochrangige Beamten vor den Internationalen Strafgerichtshof bringen. Ihre Vorwürfe lauten: Massenhafte Zwangsdeportationen und Verfolgung politischer Gegner.
Die im Exil lebende belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja hat die Entscheidung Litauens gelobt, den belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko und andere hochrangige Beamte vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) anklagen zu wollen.
Litauen kündigte diesen Schritt am Montag an und erklärte, die Beamten würden beschuldigt, Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben, indem sie sowohl Flüchtlinge als auch ihre eigene Bevölkerung zur Flucht aus dem Land gezwungen hätten.
Zu den Vorwürfen gehören auch die Verfolgung politischer Gegner und deren Inhaftierung unter unmenschlichen und entwürdigenden Bedingungen.
Tichanowskaja wurde ins litauische Exil gezwungen, nachdem Lukaschenko zum Sieger der Präsidentschaftswahlen 2020 in Belarus erklärt worden war, wo sie als Oppositionsführerin kandidierte.
Sie kandidierte anstelle ihres Mannes Sjarhej Zichanouski, der im Mai 2020 verhaftet und inhaftiert wurde, zwei Tage nachdem er angekündigt hatte, bei den Wahlen anzutreten.
"Wir können diesen Kampf nicht allein gewinnen, wir brauchen Verbündete, wir brauchen internationale Institutionen und Organisationen und Regierungen als Verbündete. Manchmal sieht es so aus, als ob nichts passiert", sagte Tichanowskaja auf einer Veranstaltung in Den Haag, einen Tag nachdem der Ankläger des Internationalen Strafgerichtshofs angekündigt hatte, eine vorläufige Untersuchung der Vorwürfe einzuleiten.
"Aber die heutige Überweisung an den IStGH zeigt, dass all unsere Bemühungen erfolgreich sind, und es wird der belarussischen Zivilgesellschaft einen enormen Auftrieb geben, um ihre Arbeit fortzusetzen", fügte sie hinzu.
Obwohl Belarus nicht Mitglied des IStGH ist, argumentiert Litauen, dass die dortigen Beamten strafrechtlich verfolgt werden können, da einige Teile der mutmaßlichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in dem baltischen Land, das Mitglied des Gerichtshofs ist, stattgefunden haben.
Sollte ein internationaler Haftbefehl gegen Lukaschenko oder einen seiner Beamten ausgestellt werden, könnte er von den Behörden jedes Staates, der der Gerichtsbarkeit des IStGH unterliegt, verhaftet werden, wenn er dessen Hoheitsgebiet betritt.
Seit dem Ausbruch landesweiter Proteste im Jahr 2020, nachdem umstrittene Wahlergebnisse Lukaschenko eine sechste Amtszeit beschert hatten, werden Oppositionsgruppen und Regierungskritiker in Belarus unterdrückt und verfolgt.
Tichanowskaja schätzt, dass in den vergangnenen vier Jahren rund 300.000 belarussische Bürger aus dem Land geflohen sind.