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Aktivist in Serbien: Bei Auslieferung nach Belarus droht ihm Folter

Der belarusische Aktivist Andrej Gnjot hat Einberufung gegen seine Auslieferung eingelegt. das Ergebnis soll am Dienstag kommen.
Der belarusische Aktivist Andrej Gnjot hat Einberufung gegen seine Auslieferung eingelegt. das Ergebnis soll am Dienstag kommen. Copyright Gnjots Instagram-Account
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Von Stefan Goranović
Zuerst veröffentlicht am Zuletzt aktualisiert
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Dieser Artikel wurde im Original veröffentlicht auf Englisch

Der belarusische Journalist und Aktivist Andrej Gnjot wurde in Serbien wegen Steuerhinterziehung festgenommen - doch Menschenrechtsexperten halten dies für eine Strategie, um ihn an Belarus auszuliefern.

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Eine gewöhnliche Wohnung in Belgrad, aber der Bewohner, Andrej Gnjot trägt eine elektronische Fußfessel. Er steht unter Hausarrest.

Der belarusische Journalist, Aktivist und Werbe-Regisseur befürchtet,dass er nach Belarus ausgeliefert werden soll. Gnjot war 2020 maßgebend an den Protesten gegen die belarusische Regierung beteiligt.

Er weiß: "Jeder, der während der Proteste gearbeitet hat, wurde verhaftet und gefoltert. Ich denke, mehr als 50 bis 100 Personen werden immer noch in belarusischen Gefängnissen festgehalten", sagte er in einem Interview mit Euronews. Mit "Arbeit" meint er die Hunderten Menschen, die an den Protesten beteiligt waren, die 2020 versuchten, die Regierung von Präsident Alexander Lukaschenko zu stürzen.

Auslieferung wegen der Anti-Regierungs-Proteste 2020

Gnjot glaubt, dass das Auslieferungsgesuch auf seine Rolle bei den Protesten in Belarus 2020 zurückzuführen ist. Sein Team geht davon aus, dass das Regime von Lukaschenka alle festnehmen will, von denen bekannt ist, dass sie 2020 an den Protesten beteiligt waren.

Das Oberste Gericht in Belgrad hat bereits entschieden, dass er an Belarus ausgeliefert werden soll. Der Aktivist hat Berufung eingelegt. Am 27. August soll die Entscheidung kommen. Er weiß, was ihm im Falle einer Auslieferung bevorsteht:

"Folter oder Tod durch Folter. Es gibt mindestens 12 Fälle, bei denen Menschen unter 'unerwarteten' Umständen gestorben sind. Sie waren alle gesund und politische Gefangene."

Politische Verfolgung: Europa liefert selten an Autokratien aus

Europäische Länder liefern nur selten Menschen an Russland, Belarus und China aus. Diese Länder sind dafür bekannt, dass sie keine freie Meinungsäußerung zulassen, sich nicht an die Rechtsstaatlichkeit halten und die meisten demokratischen Werte ablehnen - einschließlich freier und fairer Wahlen.

Der Rechtsanwalt und Menschenrechtsexperte Nikola Kovačević sagte gegenüber Euronews, dass in diesen Ländern das Risiko der politischen Verfolgung sehr hoch ist.

"Das Ersuchen Belarus', Gnjot aus Serbien auszuliefern, ist Stratgie, um ihn festzunehmen, damit er später wegen Untergrabung der verfassungsmäßigen Ordnung vor Gericht gestellt werden kann. Alle Anschuldigungen gegen ihn wurden mit dem Ziel erhoben, den Behörden die Auslieferung von Menschen wie Andrej Gnjot zu erleichtern", erklärt Nikola Kovačević.

Viele Kritiker Lukaschenkos sind in Belarus willkürlichen Verhaftungen und Folter ausgesetzt.

Journalisten-Bündis fordert Gnjots Freilassung

Das Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) setzt sich für seine sofortige Freilassung ein. Gulnoza Said, Koordinatorin des CPJ-Programms für Europa und Zentralasien sagt:

"Als Beitrittskandidat der Europäischen Union sollte sich Serbien nicht den grenzüberschreitenden Repressionen autoritärer Regime wie dem des belarusischen Präsidenten Alexander Lukaschenko, einem bekannten Feind der Pressefreiheit, beugen."

Gnjot wurde gleich nach seiner Ankunft in Serbien im Oktober vergangenen Jahres in Belgrad festgenommen. Nach dem belarusischen Strafgesetzbuch kann eine Anklage wegen Steuerhinterziehung mit bis zu sieben Jahren Haft bestraft werden.

Radio Svaboda, dem belarusischen Dienst des vom US-Kongress finanzierten Senders Radio Free Europe/Radio Liberty, strahlte Gnjots Berichte während der Proteste im Jahr 2020 aus. Die belarusischen Behörden bezeichnen den Radiosender als eine "extremistische" Gruppe.

Seit den Protesten 2020 werden in Belarus immer mehr Journalisten wegen ihrer Arbeit festgenommen. In Berichten von Human Rights Watch, Amnesty International und anderen Nachrichtenagenturen wurde die Folter von politischen Gefangenen in Belarus ausführlich dokumentiert.

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Interpol wird für politische Verfolgung missbraucht

Gnjot wird laut Medienberichten und seinen Freunden zufolge vorgeworfen, zwischen 2012 und 2018 rund 300.000 Euro an Steuern nicht gezahlt zu haben.

Am 3. November 2023 beantragte Gnjots Anwalt, Wadim Drozdow, die Löschung von Gnjots Daten bei der Kommission für die Kontrolle von Interpol-Akten, das geht aus einem Bericht der Deutschen Welle (DW) hervor. Im Februar 2024 sperrte Interpol vorübergehend den Zugang zu Gnjots Daten in seiner Datenbank, bis überprüft wurde, ob die belarusischen Sicherheitskräfte die Interpol-Vorschriften einhielten.

Im Dezember 2023 entschied das Oberste Gericht in Belgrad, dass die Voraussetzungen für die Auslieferung Gnjots an Belarus erfüllt seien. Am 12. März 2024 hob das Berufungsgericht in Belgrad diese Entscheidungauf, dieAuslieferungjedoch nicht und wies den Fall zur Überprüfung zurück. Das Verfahren wurde am 26. März wieder aufgenommen.

Belarus steht weltweit auf dem drittletzten Platz im Ranking der Sicherheit für Journalisten. Am 1. Dezember 2023, als das CPJ seine jüngste Gefängniszählung durchführte, saßen dort mindestens 28 Journalisten hinter Gittern.

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In Serbien befanden sich zu diesem Zeitpunkt keine Journalisten hinter Gittern, mit Ausnahme von Gnjot, der aufgrund fehlender Informationen über seine journalistische Tätigkeit nicht in die Zählung aufgenommen wurde.

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