Fehlinformationen über den Magdeburger Anschlag vor der Bundestagswahl verbreiten sich online.
Auch Wochen nach dem Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Magdeburg, bei dem sechs Menschen getötet und mehr als 200 verletzt wurden, werden von Internetnutzern und Politikern immer noch falsche Behauptungen über den Anschlag verbreitet.
So wurde beispielsweise ein Video geteilt, in dem es heißt, die deutsche Polizei habe am Tag nach dem Anschlag, bei dem ein aus Saudi-Arabien stammender Arzt in Zivilisten gerast ist, muslimische Extremisten festgenommen, die den Terrorismus unterstützen.
Es zeigt Berliner Polizeibeamte, die mehrere Personen am Berliner Hauptbahnhof verfolgen und festnehmen.
Das Video wurde jedoch bereits von der Community kommentiert, wobei erklärt wurde, dass das Video am 20. Dezember, einen Tag vor dem Anschlag in Magdeburg, aufgenommen wurde und dass es Beamte zeigt, die Teilnehmer einer Pro-Palästina-Demonstration festnehmen.
Die Polizei hat dies inzwischen auch öffentlich bestätigt.
Der Vorfall wird politisiert
In vielen Fällen wurden falsche Behauptungen über den Anschlag auch im Zusammenhang mit der bevorstehenden Bundestagswahl verbreitet, offenbar in dem Bestreben, den Vorfall zu politisieren.
Einige Politiker standen dabei im Mittelpunkt, wie etwa Alice Weidel, die Ko-Vorsitzende der rechtsextremen Partei AfD, die behauptete, der Täter sei ein "hasserfüllter Islamist".
"Liebe Freunde, wir sind hier versammelt, um einen Tag vor Heiligabend der Opfer eines Wahnsinnsanschlags zu gedenken", sagte sie bei einer Mahnwache für die Opfer des Anschlags am 23. Dezember. "Eine Tat, die die Vorstellungskraft aller Anwesenden übersteigt. Eine Tat eines Islamisten, der voller Hass auf das ist, was den menschlichen Zusammenhalt ausmacht. Auf uns Menschen. Auf uns Deutsche. Auf uns Christen."
Seit dem Anschlag sind die Themen Einwanderung und Sicherheit zu einem noch größeren Wahlkampfthema geworden als zuvor. Dies spiegelt sich darin wider, dass die Mitte-Rechts-Partei Christlich-Demokratische Union (CDU), Deutschlands größte Oppositionspartei, kürzlich in ihrem Wahlprogramm ankündigte, dass sie sich für eine wesentlich härtere Einwanderungspolitik einsetzen werde.
Offiziell heißt es jedoch, Taleb Al-Abdulmohsen sei ein "untypischer Angreifer", der sich zuvor als aggressiver Kritiker des Islams bezeichnet und gleichzeitig seine Unterstützung für die AfD bekundet hat.
Es wurde noch kein Motiv ermittelt, warum der Verdächtige in die Menge fuhr, aber es wurde bekannt, dass er seit Jahren islamfeindliche Ansichten im Internet verbreitet.
Deutsche Medien identifizierten einen Account auf X, der angeblich mit dem Verdächtigen in Verbindung steht, mit der Aufschrift: "Saudi Military Opposition - Deutschland jagt saudische Asylbewerberinnen, innerhalb und außerhalb Deutschlands, um ihr Leben zu zerstören - Deutschland will Europa islamisieren".
In einem FAZ-Interview von 2019 bezeichnete sich Al-Abdulmohsen als "der aggressivste Islamkritiker der Geschichte". An anderer Stelle sagte er, die AfD verfolge die gleichen Ziele wie er.
AfD distanzierte sich von dem Angreifer
Die Partei hat sich von dem mutmaßlichen Angreifer distanziert und versichert, dass sie nichts mit ihm zu tun hat.
Dennoch nutzen einige den Vorfall, um ihre eigene politische Agenda durchzusetzen.
Ein anderes Bild, das im Internet kursiert, zeigt angeblich die sozialdemokratische Abgeordnete Saskia Esken, die sich in der politischen Talkshow Lanz gegen die Abschiebung des Angreifers ausspricht und ihn um Vergebung bittet.
"Sind Sie wirklich so kaltherzig, so gefühllos, dass Sie das Wohl des Täters über das Leid der Opfer stellen?", heißt es in einem Posting, das die Bilder teilt.
Doch Faktenprüfer haben dies bereits entlarvt: Eine Notiz der Community zeigt, dass die Zeitleiste nicht stimmt, wann Esken die Kommentare gemacht haben soll und wann der Angriff stattgefunden hat.
Leider gibt es viele weitere Beispiele dafür: Der Grünen-Politiker Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg, wurde ebenfalls fälschlicherweise beschuldigt, die Menschen aufgefordert zu haben, "dem Täter zu vergeben", so die deutschen Faktenchecker.
Dem deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier wurde unterdessen vorgeworfen, er habe auf X behauptet, der Angreifer sei ein Rechtsradikaler gewesen, dem es nicht gelungen sei, sich in die Gesellschaft zu integrieren. In Wirklichkeit stammten diese Worte von einem Parodie-Account.
Angesichts der bevorstehenden Wahlen in Deutschland ist es wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger richtig informiert sind, bevor sie ihre Stimme abgeben.