Die wirtschaftliche Stimmung in Deutschland und der Eurozone ist im April auf ein Mehrjahrestief gesunken. Die Angst vor US-Handelszöllen und die zunehmende globale Unsicherheit belasten die Erwartungen der Unternehmen, insbesondere in den exportorientierten Sektoren, stark.
Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft ist im April stark gesunken und hat den niedrigsten Stand seit fast zwei Jahren erreicht. Die Sorgen über die US-Handelspolitik unter Donald Trump trüben das Vertrauen der Unternehmen.
Laut der aktuellen ZEW-Konjunkturerwartungen sank der Indikator auf -14 Punkte, verglichen mit 51,6 Punkten im März, und erreichte damit den schwächsten Wert seit Juli 2023. Damit wurden die Erwartungen deutlich verfehlt, die Ökonomen hatten mit einem geringeren Rückgang auf 9,5 Punkte gerechnet.
Das ZEW bezeichnete den Rückgang als den stärksten monatlichen Rückgang seit März 2022, als die Stimmung unmittelbar nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine stark einbrach. Damals fiel der Indikator von 54,3 auf -39,3 Punkte.
In der Eurozone entwickelte sich die Stimmung ähnlich düster und fiel von 39,8 Punkten im März auf -18,5 Punkte im April und lag damit weit unter den Prognosen von 14,2. Dies ist der niedrigste Stand in der Eurozone seit Dezember 2022.
Eintrübung der Exportaussichten trifft Schlüsselsektoren
"Die sprunghaften Veränderungen in der US-Handelspolitik belasten die Erwartungen in Deutschland, die sich deutlich verschlechtert haben. Nicht nur die möglichen Folgen der angekündigten Gegenzölle auf den Welthandel, sondern auch die Dynamik der Veränderungen haben die globale Unsicherheit massiv erhöht", sagte ZEW-Präsident Achim Wambach, PhD.
Diese erhöhte Unsicherheit spiegele sich unmittelbar in den Konjunkturerwartungen für Deutschland und die Eurozone wider.
Besonders betroffen von der starken Verschlechterung sind die exportstarken deutschen Industrien, darunter die Automobil-, Chemie-, Metall-, Stahl- und Maschinenbaubranche, die zuletzt Anzeichen einer Erholung gezeigt hatten.
Trotz der Stimmungseintrübung sehen Finanzmarktexperten derzeit weder in Deutschland noch in der Eurozone ein nennenswertes Risiko für einen neuen Inflationsschub. Dies verschafft der Europäischen Zentralbank (EZB) laut ZEW potenziellen Spielraum, die Wirtschaft durch weitere Zinssenkungen zu stützen.
Marktreaktion: Aktien steigen trotz schlechter Daten
Die europäischen Aktienmärkte stiegen am Dienstag trotz der schlechten ZEW-Zahlen, unterstützt durch die nachlassende Besorgnis über Trumps Zollpläne nach seinem jüngsten Zugeständnis gegenüber chinesischen Importen und die Erwartungen einer EZB-Zinssenkung am Donnerstag.
Der deutsche DAX-Index führte die Kursgewinne an und stieg bis 11:20 MESZ um 1,6 % auf 21.279 Punkte und übertraf damit die anderen europäischen Benchmarks. Rheinmetall führten den Index mit einem Plus von 3,6 % an, gefolgt von Vonovia (+3,4 %) und BMW (+3 %). Volkswagen und Mercedes-Benz legten ebenfalls zu, und zwar um 2,5 % bzw. 2,4 %.
In Europa legten der französische CAC 40 und der Euro STOXX 50 jeweils um 0,8 % zu und blieben damit hinter der Entwicklung in Deutschland zurück, da der Luxussektor schwächelte. Die Aktien von LVMH fielen um 7,1 %, nachdem die Umsätze im ersten Quartal um 3 % zurückgegangen waren und damit schlechter als erwartet ausgefallen waren. Kering und L'Oréal folgten mit einem Minus von 2,1 % bzw. 1,3 %.
In Südeuropa legte der italienische FTSE MIB um 0,9 % zu, und der spanische IBEX 35 stieg um 1,2 %, angeführt von Banken- und Industriewerten. Die spanischen Banken Banco Santander, Unicaja Banco und Caixabank kletterten zwischen 2,2 % und 2,7 %. In Italien stiegen Stellantis um 4,5 %, Leonardo um 3 % und Pirelli um 2,7 %.
Der Euro blieb stabil bei 1,1340 $, während die Renditen deutscher Bundesanleihen unverändert bei 2,50 % lagen, da die Anleger auf Signale von der bevorstehenden geldpolitischen Sitzung der EZB warteten.