In einem exklusiven Interview mit Euronews betonte der polnische Präsident Andrzej Duda, dass niemand außer den USA Russland aufhalten könne. Beide Seiten - auch die Ukraine - müssten Kompromisse eingehen.
"Heute ist meine Schlussfolgerung absolut eindeutig: Es gibt niemanden außer den USA, der Wladimir Putin aufhalten kann. Deshalb glaube ich, dass Präsident Donald Trump mit seiner Entschlossenheit diesen Krieg beenden kann (...) nur dieser amerikanische Druck kann diesen Krieg wirklich beenden und dazu beitragen, einen Frieden zu erreichen. Es wird für beide Seiten nicht angenehm sein. Aber vielleicht ist es genau das, was ihn nachhaltig machen wird" - das sagte Polens Präsident Andrzej Duda in einem Interview mit Euronews.
"Auch die Ukraine muss Zugeständnisse machen"
Der Staatschef erklärte zum Krieg in der Ukraine zudem, dass der geschlossene Frieden von Dauer sein müsse. Auch die Ukraine müsse Zugeständnisse machen.
"Es muss ein Kompromiss sein. Ich meine, de facto sollte dieser Frieden meiner persönlichen Meinung nach darauf hinauslaufen, dass keine der beiden Seiten sagen kann, dass sie diesen Krieg gewonnen hat, weil jede Seite in gewisser Weise nachgeben muss. Auch die Ukraine wird in gewisser Weise nachgeben müssen, denn das wird wahrscheinlich geschehen. In welchem Ausmaß? Das kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nur schwer beantworten".
"Der Krieg erschöpft Russland, Wladimir Putin spielt ein riskantes Spiel. Dieser Krieg nutzt die Ukraine auf schreckliche Weise aus. Die Länder wollen den Krieg beenden. Jeder von ihnen will diesen Krieg gewinnen, das ist ganz natürlich," sagte der Präsident weiter.
Zuletzt hatte Washington von der Ukraine verlangt, das Kyjiw die russische Annexion der Krim anerkennen sollte.
Der Streit um die Krim
US-Präsident Donald Trump griff Wolodymyr Selenskyj an und sagte, dass der ukrainische Staatschef ein "Schlachtfeld" fördere, weil er sich gegen die Übernahme der Krim durch Russland als Teil eines möglichen Friedensplans ausgesprochen hatte.
Am Dienstag im Vorfeld von Gesprächen zwischen US-amerikanischen, europäischen und ukrainischen Vertretern in London hatte sich Selenskyj dagegen ausgesprochen, dass die Ukraine im Rahmen eines Abkommens Gebiete an Moskau abtreten könnte.
"Es gibt nichts zu besprechen - dies ist unser Land, das Land des ukrainischen Volkes", sagte Selenskyj.
"Ich habe erwartet, dass Trump so handeln würde"
Zur Politik von US-Präsident Donald Trump erklärte Andrzej Duda gegenüber Euronews:
"Ich habe erwartet, dass Donald Trump so handeln würde, eine sehr harte Politik, um das auszugleichen, was er für Ungleichheiten in den Handelsbeziehungen hält, und um Amerikas Interessen durchzusetzen. Für mich war dies insofern verständlich, als er der Präsident der Vereinigten Staaten ist und daher diese Interessen an erster Stelle stehen müssen", sagte Präsident von Polen.
"Man muss hart mit Trump verhandeln"
"Er war Kasinobesitzer, er ist also ein Mann, der ein bestimmtes Spiel im Business erlernt und der seine eigenen harten Geschäftsmethoden hat, die er über Jahrzehnte angewandt hat. Er überträgt sie auf die Politik und spielt sehr hart. Aber so sehe ich das, das ist einfach ein bestimmtes Spiel aus dem Business, das Präsident Donald Trump in die Politik eingebracht hat, und er spielt es in seiner zweiten Amtszeit hart. Man muss hart mit ihm verhandeln", erklärte Duda.
Der Präsident betonte auch die Rolle der Zusammenarbeit zwischen den USA und Europa: "Die Vereinigten Staaten vertreten strategische Interessen, und die Vereinigten Staaten ziehen greifbare Vorteile aus ihren Beziehungen zu Europa, darum geht es bei diesem Gleichgewicht, das im Grunde seit dem Zweiten Weltkrieg ununterbrochen besteht".
"Amerikanische Truppen sind auf polnischem Boden geblieben, wir haben eine rotierende amerikanische Präsenz. Es gibt etwa 10.000 Soldaten auf unserem Territorium, diese Zusammenarbeit ist kompakt und dauerhaft". - versicherte der Präsident. "Ich werde Präsident Trump davon überzeugen, mehr von diesen amerikanischen Einheiten hier zu haben". - kündigte Duda an.
Statt Marco Rubio schickte Washington seinen Gesandten in der Ukraine, General a.D. Keith Kellogg, nach London. Die Ukraine wurde in London durch den Leiter des Präsidialbüros, Andriy Yermak, sowie Verteidigungsminister Rustem Umerov vertreten.
Die stellvertretende ukrainische Ministerpräsidentin Julia Swyrjdenko schrieb am Mittwoch auf der sozialen Netzwerkseite X: "Beim Treffen zwischen der ukrainischen Delegation und den Partnern in London bekräftigen wir unsere prinzipielle Position: Die Ukraine ist bereit zu verhandeln - aber nicht zu kapitulieren. Es wird keine Vereinbarung geben, die Russland eine stärkere Grundlage für eine Umgruppierung und eine Rückkehr mit mehr Gewalt bietet."
Der russische Präsident Wladimir Putin hat sich bereit erklärt, direkte bilaterale Gespräche mit der Ukraine zu führen. Dies könnte ein wegweisender diplomatischer Schritt sein, insbesondere angesichts des zunehmenden Drucks der USA. Die jüngste Erklärung des russischen Präsidenten Wladimir Putin zu möglichen bilateralen Gesprächen könnte ein Zeichen für einen Wandel der Diplomatie Moskaus sein.
"Kein Angriff auf NATO-Länder wird ungestraft bleiben".
Präsident Duda betonte auch die Stabilität des nordatlantischen Bündnisses und wies darauf hin, dass im Falle eines Angriffs auf einen Mitgliedstaat die NATO nach Artikel 5 solidarisch handeln würde.
"Ich gehe davon aus, dass im Falle eines Angriffs auf ein beliebiges NATO-Land Artikel 5 zur Anwendung kommen wird und alle gemeinsam zur Unterstützung und Verteidigung aufstehen werden", versicherte Duda.
Präsident Andrzej Duda betonte auch, dass die Drei-Meere-Initiative, deren Mitglieder sich gerade in Warschau trafen, darauf abziele, die Sicherheit der Mitgliedsstaaten zu erhöhen.
Die Drei-Meere-Initiative wurde von Polen zusammen mit Kroatien Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović während eines Treffens der Staats- und Regierungschefs der Länder der Region am Rande der UN-Generalversammlung in New York im Jahr 2015 initiiert.
Inzwischen gehören diesem Bündnis neben Polen und Kroatien Bulgarien, Estland, Österreich, Lettland, Litauen, Rumänien, die Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn an. Die Ukraine ist assoziiertes Partnerland.
Das gesamte Interview mit Präsident Andrzej Duda wird am Samstag in der Sendung "The Europe Conversation" ausgestrahlt.