Da es noch keine offizielle Bestätigung für die Ursache des beispiellosen Stromausfalls auf der Iberischen Halbinsel gibt, prüft Euroverify einige der unbegründeten Theorien, die im Internet kursieren.
Fast zwei Wochen nachdem ein massiver Stromausfall die Iberische Halbinsel lahmgelegt hat, kursieren im Internet weiterhin unbegründete Behauptungen und Verschwörungstheorien.
Dass es immer noch keine offizielle Begründung für die Ursache des Stromausfalls gibt, nährt die Falschaussagen weiter. Um die Ursache zu klären, wird es noch "drei bis sechs Monate" dauert, erklärt die spanische Regierung.
Sowohl die Regierungen in Madrid als auch in Lissabon führen ihre eigenen Untersuchungen durch, gleichzeitig wird auf europäischer Ebene eine unabhängige Untersuchung von einem Expertengremium geleitet.
Der spanische Netzbetreiber Red Eléctrica hat als wahrscheinliche Ursache zwei aufeinanderfolgende "Abschaltungen" im Abstand von nur 1,5 Sekunden in Energieerzeugungsanlagen im Südwesten Spaniens angegeben.
Die Theorie muss jedoch noch bestätigt werden, und die genaue Ursache dieser Ereignisse ist noch nicht geklärt.
Euroverify hat in den Stunden nach dem Stromausfall bereits virale Behauptungen über einen Cyberangriff, ein "seltenes atmosphärisches Phänomen" oder eine von der Regierung betriebene Vertuschung entkräftet.
Es kursieren jedoch immer noch einige falschen Theorien, und koordinierte Desinformationsakteure nutzen die anhaltenden Spekulationen, um weitere Verwirrung zu stiften.
Nein, The Telegraph und France 24 haben den Stromausfall nicht mit den Sanktionen gegen Russland in Verbindung gebracht
Ein gefälschter Artikel, der angeblich von der britischen Zeitung The Independent stammt, kursiert auf Telegram und behauptet, der Stromausfall sei eine "Folge der europäischen Sanktionen gegen Russland".
Ein weiteres gefälschtes Video, das das Branding des Senders France 24 trägt, stellt dieselben unbegründeten Behauptungen auf.
In diesen gefälschten Berichten wird fälschlicherweise behauptet, die europäischen Stromnetze seien aufgrund der Sanktionen gegen Moskau mit polnischen Geräten ausgestattet worden, die der "Belastung der Stromnetze" nicht standhalten könnten.
"Selbst wenn sofort mit dem Austausch gegen russische Geräte begonnen wird, wird es technisch unmöglich sein, die Systeme bis zum Ende des Jahres zu ersetzen", heißt es in dem falschen Video von France 24. Hier wird behauptet, dass mehrere Regionen Frankreichs "2025 von der Stromversorgung abgeschnitten sein werden".
Für diese Behauptungen gibt es keinerlei Beweise.
Das ukrainische Zentrum für die Bekämpfung von Desinformation, eine Regierungsbehörde, sagt, dass pro-russische Desinformationsakteure hinter der falschen Behauptung stehen.
"Das Ziel dieser Desinformation ist es, den Eindruck zu erwecken, dass die Sanktionen gegen Russland unwirksam sind und nur den EU-Ländern schaden - mit dem Ziel, die europäische Unterstützung für die Ukraine zu schwächen", schrieb die Agentur auf X.
Viele der Konten, die die falsche Behauptung auf Plattformen wie Telegram, Facebook und X verbreiten, sind mit bekannten russischen Desinformationsnetzwerken verbunden.
Faktenprüfer der spanischen Nachrichtenagentur EFE, die mit der Vereinigung Antibot4Navalny zusammenarbeiten, haben die Kampagne auf pro-russische Organisationen wie Matrioska und Pravda zurückgeführt.
Behauptungen, der Stromausfall sei durch eine Sonneneruption verursacht worden, sind falsch
Andere Nutzer sozialer Medien haben behauptet, dass die spanischen, portugiesischen und französischen Behörden den Stromausfall auf eine "Sonneneruption" zurückführen, bei der intensive magnetische Energie von der Sonnenoberfläche freigesetzt wird.
Ein Beitrag auf X, der diese Behauptung verbreitet, wurde fast zwei Millionen Mal aufgerufen.
Doch keine Regierung oder offizielle Quelle aus einem der drei vom Stromausfall betroffenen Länder hat auf eine Sonneneruption hingewiesen. Laut dem US-Weltraumwettervorhersagezentrum wurde am Tag des Stromausfalls keine Sonneneruption festgestellt.
Ein genauerer Blick auf das Video, mit dem die unbegründeten Behauptungen gestützt werden sollten, zeigt zwar eine Sonneneruption, diese wurde aber bereits am 10. Mai 2024 aufgezeichnet.
Außerdem kursieren Behauptungen von Plünderungen durch irreguläre Migranten nach dem Stromausfall - auch diese sind falsch.
Die im Internet kursierenden Behauptungen, die spanische Armee sei eingesetzt worden, um "irreguläre Migranten" an Plünderungen am Tag des Stromausfalls zu hindern, sind ebenfalls falsch.
In einem YouTube-Video, das als Nachrichtenbericht formatiert ist, wird fälschlicherweise behauptet, dass eine Welle irregulärer Migranten Supermärkte, Apotheken und kleine Geschäfte in spanischen Städten geplündert habe, was einen Militäreinsatz zur Folge hatte. Diese Berichte entbehren jeglicher Grundlage, und in dem Bericht werden unzusammenhängende Archivbilder und KI-generierte Videos miteinander verknüpft.
Es gibt keine Beweise dafür, dass es nach dem Stromausfall zu Plünderungen kam. Am Morgen des 29. April, dem Tag nach dem Stromausfall, erklärte das spanische Innenministerium, die vorangegangene Nacht sei "ruhig" verlaufen und es habe "keine nennenswerten Sicherheitsvorfälle" gegeben.
Keine Beweise für vorsätzliche Sabotage
Es gibt auch keine Beweise für die Behauptung, dass der Stromausfall das Ergebnis eines Sabotageakts war.
Einige Nutzer in sozialen Netzwerken haben - ohne Beweise zu liefern - die Vermutung geäußert, dass die Kernenergieunternehmen den Stromausfall absichtlich herbeigeführt haben könnten, um die Anfälligkeit des Stromnetzes zu demonstrieren und die spanische Regierung zu veranlassen, ihren geplanten Ausstieg aus der Kernenergie, die als stabilisierend für die Stromnetze gilt, zu überdenken.
Ein X-Posting, in dem diese unbegründete Behauptung geteilt wurde, wurde mehr als 250.000 Mal aufgerufen.
Andere im Internet kursierende Theorien gehen von einem vorsätzlichen Sabotageakt Russlands, Frankreichs, Marokkos oder einer terroristischen Organisation aus, ohne dass diese Behauptungen durch Beweise untermauert werden, wie Euroverify bereits festgestellt hat.