Die EU-Mitgliedstaaten konnten nicht die nötige Unterstützung aufbringen, um Israel als Reaktion auf den Gaza-Krieg aus dem Horizon Europe-Fonds auszuschließen. Zwei der größten Länder - Deutschland und Italien - sagten, sie bräuchten mehr Zeit, um das Vorhaben zu prüfen.
Ein Vorschlag der Europäischen Kommission, den Zugang Israels zum 95 Milliarden Euro schweren EU-Forschungsfonds Horizon Europe einzuschränken, hat nicht die erforderliche qualifizierte Mehrheit unter den Mitgliedstaaten gefunden. Die EU-Botschafter waren am Dienstag in Brüssel zusammengekommen, um über das Thema zu beraten.
Im Falle einer Einigung würde Israel den Zugang zu künftigen Zuschüssen und Investitionen in Höhe von 200 Millionen Euro im Rahmen des Europäischen Investitionsrats (EIC) verlieren, der auf sogenannte disruptive Technologien spezialisiert ist.
Vertreter aus Berlin und Rom erklärten jedoch, sie müssten den Vorschlag der Kommission noch weiter prüfen. Für eine qualifizierte Mehrheit ist das Bevölkerungsgewicht von Italien oder Deutschland erforderlich.
Ein Diplomat sagte, dass Deutschland, das sich gegen jegliche Sanktionen gegen Israel gewehrt hat, nun "die Karten in der Hand" halt.
Zwei EU-Staaten wollen mehr Bedenkzeit
Sowohl Deutschland als auch Italien sagten, sie bräuchten mehr Zeit und würden die EU wissen lassen, wenn sie in den kommenden Wochen zu einer anderen Position kämen, so zwei Quellen, die mit dem Thema vertraut sind.
Ungarn, Bulgarien und die Tschechische Republik waren den Quellen zufolge gegen jegliche Maßnahmen.
Die Niederlande, Irland, Frankreich, Luxemburg, Slowenien, Portugal, Malta und Spanien unterstützten den Plan der Kommission, wobei einige von ihnen sagten, sie würden die EU auch zu schärferen Sanktionen drängen, möglicherweise im Handel, so die Quellen.
Plan nimmt Bezug auf Assoziierungsabkommen mit Israel
Der Antrag der Kommission, Israels Teilnahme an Horizon auszusetzen, ist eine Reaktion auf einen EU-Bericht, in dem festgestellt wurde, dass das Land gegen die Menschenrechtsverpflichtungen im Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Israel verstoßen hat.
Nach dieser Feststellung einigten sich beide Seiten darauf, dass Israel den Zugang zu Nahrungsmitteln und Medikamenten für die Zivilbevölkerung in der Enklave "erheblich" verbessern würde, um zu verhindern, dass die EU wegen des Verstoßes Maßnahmen ergreift.
Die EU behauptet jedoch, dass sich die Lage für die Palästinenser nicht wesentlich verbessert hat, und nach Angaben aus EU-Quellen war die EU nicht in der Lage, die Behauptungen Israels, dass mehr Hilfsgütertransporte die hungernde Bevölkerung erreichen können, unabhängig zu überprüfen.
EU-Beamte wurden bisher daran gehindert, in den Gazastreifen zu reisen, um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen.
"Ich habe keine überzeugende Erklärung dafür erhalten, warum ich nicht in den Gazastreifen gehen konnte", sagte ein hoher Beamter.
Hunger in Gaza: Vereinte Nationen schlagen Alarm
Unterdessen verschlimmert sich die humanitäre Lage im Gazastreifen der UNO zufolge von Tag zu Tag. Mehr als 130 Menschen seien allein an Hunger gestorben, davon 88 Kinder und Säuglinge.
Am Montag veröffentlichten zwei prominente israelische Nichtregierungsorganisationen, B'Tselem und Physicians for Human Rights, Israel, einen Bericht, in dem festgestellt wird, dass Israel in Gaza einen "Völkermord begeht".
Während die EU-Botschafter am Dienstag in Brüssel zusammentraten, stieg die Zahl der Todesopfer des gesamten Krieges nach Angaben des von der Hamas geführten Gesundheitsministeriums im Gazastreifen auf über 60.000.
Allein am Dienstag wurden dem Ministerium zufolge 81 Menschen von Israel getötet, 32 davon auf der Suche nach Hilfe, so hieß es.