Das israelische Außenministerium sagt, man habe im Gazastreifen Dokumente gefunden, die eine direkte Beteiligung der Hamas an der humanitären Mission belegten könnten.
Eine Sprecherin der Gaza-Hilfsmission "Global Sumud Flottilla" hat am Dienstag die Anschuldigung des israelischen Außenministeriums zurückgewiesen, der humanitäre Konvoi sei von der Hamas finanziert worden. Die Sprecherin bezeichnete die Anschuldigung als Propaganda.
Mehr als 40 Boote befinden sich auf dem Weg Richtung Gazastreifen, um die israelische Blockade zu durchbrechen und Hilfsgüter auf dem Seeweg zu liefern. Auch Aktivisten aus Deutschland sind daran beteiligt.
Am Dienstag hatte das israelische Außenministerium auf seinem X-Account zwei Dokumente veröffentlicht, die eine "direkte Beteiligung der Hamas an der Finanzierung und Durchführung der Sumud-Flottilla beweisen" sollen. Das israelische Außenministerium erklärte, die Dokumente seien im Gazastreifen entdeckt worden und würden nun zum ersten Mal veröffentlicht.
Bei dem ersten Dokument handelt es sich um einen Brief aus dem Jahr 2021, der vom obersten Hamas-Führer Ismail Haniyeh unterzeichnet ist, der 2024 bei einem israelischen Angriff in Teheran getötet wurde. Es enthüllt eine enge Verbindung zwischen der Hamas und der Organisation "Popular Conference for Palestinians Abroad" (PCPA).
Diese - auf Deutsch - "Volkskonferenz für Palästinenser im Ausland" wurde 2017 in der Türkei von der palästinensischen Diaspora aus aller Welt gegründet, um sie an der politischen Partizipation und der nationalen Entscheidungsfindung zu beteiligen.
Sie veröffentlicht regelmäßig Erklärungen zur aktuellen Lage im Gazastreifen und im Westjordanland sowie zu anderen Themen mit Bezug zu den palästinensischen Gebieten.
Das israelische Verteidigungsministerium bezeichnete die PCPA im August 2021 als "eine von der Hamas-Organisation gegründete Einrichtung", die es als "Stellvertreter der Hamas-Organisation" betrachtet.
Gehört Saif Abdelrahim Abukeshek zur Hamas?
Ein zweites Dokument listet PCPA-Mitglieder auf, die vor allem in Europa tätig sind, darunter Saif Abdelrahim Abukeshek, der Geschäftsführer von Cyber Neptune sein soll. Dieser privaten spanischen Schifffahrtsgesellschaft sollen laut den Anschuldigungen "Dutzende der an der Sumud-Flottille beteiligten Schiffe gehören".
Spanischen Registern zufolge ist eine Person namens Saif Abdelrahim Abukeshek als Geschäftsführer von Cyber Neptune mit Sitz in Barcelona aufgeführt. Den öffentlich zugänglichen Unterlagen zufolge änderte das Unternehmen seinen Gesellschaftszweck von Immobilien auf den Seetransport von Personen und Gütern, wobei Abukeshek nur wenige Tage vor der Abfahrt der Global Sumud Flotilla am 31. August die Kontrolle übernahm.
Abukeshek hat wiederholt Anschuldigungen der israelischen Regierung zurückgewiesen, er sei in die Hamas verwickelt, und erklärte in den sozialen Medien: "Meine Arbeit mit Cyber Neptune und der Flottille war völlig transparent und konzentrierte sich ausschließlich darauf, lebensrettende Hilfe für die belagerte Bevölkerung des Gazastreifens zu liefern."
Euronews konnte nicht unabhängig nachprüfen, ob das Unternehmen irgendwelche Schiffe besitzt, die sich der Flottille angeschlossen haben. In den spanischen Schifffahrtsregistern waren keine öffentlichen Informationen über Schiffe im Besitz von Cyber Neptune zu finden.
Euronews konnte auch nicht die Echtheit der Dokumente unabhängig überprüfen, obwohl sie in Sprache und Aussehen mit offiziellen Mitteilungen der Hamas übereinzustimmen scheinen, die von der EU, den USA und anderen Ländern der Welt als terroristische Organisation eingestuft wird.
Die Sprecherin der Global Sumud Flotilla, Maria Elena Delia, bezeichnete die Behauptung Israels in einer von der Nachrichtenagentur Ansa veröffentlichten Erklärung als "Propaganda".
"Die von Israel vorgelegten Papiere beweisen weder die Finanzierung noch die Kontrolle der Global Sumud Flotilla durch die Hamas", sagte sie.
"Wir sind eine zivile und humanitäre Mission, in den Augen Europas und der Welt. Wir fordern, dass die Papiere in vollem Umfang an unabhängige Stellen übergeben werden: Solange das nicht geschieht, ist es [diese Behauptung] nur Propaganda und kein Beweis."
Die Global Sumud Flotilla ist eine internationale, von der Zivilgesellschaft geleitete maritime Initiative mit über 50 Schiffen und Tausenden Teilnehmern aus mehr als 44 Ländern.
Sie wurde von keiner Regierung unterstützt, und ihr erklärtes Ziel, die israelische Blockade des Gazastreifens zu durchbrechen und humanitäre Hilfe, einschließlich Lebensmittel und Medikamente, in das belagerte palästinensische Gebiet zu bringen, wurde von Israel wiederholt in Frage gestellt.
In seiner Erklärung vom Dienstag beschuldigte das israelische Außenministerium die Flottille, unter der Führung der Hamas zu stehen und "ohne Genehmigung und unter Verletzung des Völkerrechts zu segeln, um die Blockade des Gazastreifens, der auch als Kriegsgebiet definiert ist, zu durchbrechen".
"Es handelt sich um einen koordinierten Angriff der Hamas gegen den Staat Israel unter einem scheinbar zivilen und humanitären Deckmantel", hieß es in der Erklärung.
Delia sagte, Israel wiederhole "ein beunruhigendes Muster, das wir bereits 2010 mit der Mavi Marmara gesehen haben" und bezog sich dabei auf einen Vorfall vor 15 Jahren.
Damals weigerten sich sechs zivile Schiffe der von den Organisatoren als Gaza Freedom Flotilla" bezeichneten Flotte, nach einer Warnung der israelischen Marine anzuhalten, und wurden in internationalen Gewässern des Mittelmeers überfallen, wobei 10 Menschen starben.
Die Global Sumud Flotilla befindet sich derzeit nördlich der ägyptischen Ostküste und sollte am späten Mittwoch eine Zone in internationalen Gewässern erreichen, in der Boote, die versuchen, die Seeblockade um Gaza zu durchbrechen, zuvor von der israelischen Marine abgefangen wurden.
Euronews hat die Europaabgeordneten Benedetta Scuderi (Grüne/EFA) und Annalisa Corrado (S&D) für weitere Kommentare kontaktiert.