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35 Jahre Wiedervereinigung: Auf zwei Rädern durch die Geschichte

Der Weg ist von Gedenkstätten gesäumt, die an die Opfer erinnern.
Der Weg ist von Gedenkstätten gesäumt, die an die Opfer erinnern. Copyright  Lucy Shrimpton
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Von Lucy Shrimpton
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Auf 160 Kilometern führt der Berliner Mauerweg durch die deutsche Geschichte der Teilung und Wiedervereinigung. Unsere Redakteurin ist ihn geradelt - und hat neben Geschichte auch Kunst, Natur und eine zweite Stadt entlang der ehemaligen Ost-West-Grenze entdeckt.

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Die Nacht des 9. November 1989 war zweifelsohne eine der dramatischsten des 20. Jahrhunderts. Die Berliner Mauer wurde endlich durchdrungen und damit ihr Abbau eingeleitet. Doch was sollte man mit der verbliebenen Geisterlinie tun? Sie aus der Erinnerung löschen, als hätte es sie nie gegeben?

In den Gedanken des Kommunalpolitikers Michael Cramer nahm eine alternative Idee Gestalt an. Seine Vision war es, einige Bestandteile der Grenze zu erhalten und aus dem 160 Kilometer langen Grenzverlauf einen Weg zu machen, der mehr als nur ein Ort der Erholung für die Berliner sein sollte. Er könnte ein Mahnmal gegen die Teilung sein und vielleicht auch ein Ort, an dem künftige Generationen etwas über die Geschichten der Mauer lernen können.

Wer sich auf den Rundweg begibt, der seit 2007 vollständig fahrradfreundlich ist, braucht zunächst eine kurze Geschichtsstunde. Nach dem Zweiten Weltkrieg, als die geopolitischen Grenzen Deutschlands in Ostdeutschland (DDR) und Westdeutschland neu gezogen wurden, wurde auch die Stadt Berlin geteilt. Geografisch in Ostdeutschland gelegen, wurde sie ebenfalls in Ost- und Westzonen aufgeteilt.

Um zu verhindern, dass Bürger aus dem sowjetischen Osten in den Westen überlaufen, wurde in der Nacht des 13. August 1961 eine Grenze um West-Berlin gezogen, die auf beiden Seiten enorme soziale und emotionale Auswirkungen hatte.

Heute, 35 Jahre nach der offiziellen Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschland, bin ich mit dem Fahrrad losgefahren, um die Geschichten der Grenze zu erkunden. Dabei habe ich nicht nur die Geschichte der Mauer und ihres Falls entdeckt, sondern auch Kunst, Natur und neue Stadtviertel, die auf dem zurückgewonnenen Raum entstanden sind.

Wie ich den gesamten Berliner Mauerweg geradelt bin

Obwohl der Berliner Mauerweg durchgängig markiert ist, habe ich die Route von Komoot heruntergeladen, um mich noch besser orientieren zu können. Für diese Strecke braucht man drei Tage, aber ich habe wollte es langsam angehen und habe mich für fünf Tage entschieden. Ich bin im Uhrzeigersinn geradelt und habe die Route gelegentlich verlassen, um zusätzliche Orte zu erkunden und die Hotels zu erreichen, die ich im Voraus gebucht hatte, um das Fahrrad sicher abstellen zu können.

Tag Null: Die Vorbereitung

Bevor ich offiziell aufbrach, verbrachte ich einen radfreien Tag mit der Erkundung Berlins und besuchte das DDR-Museum, um mich besser mit diesem Kapitel der Geschichte vertraut zu machen. Ich entschied mich aus mehreren Gründen für eine Übernachtung in Prenzlauer Berg: zum einen, um im Prater Biergarten klassisches deutsches Essen und Ambiente zu genießen, und zum anderen, um von meinem Hotel - dem Boutique-Hotel Oderberger, das für seinen historischen Pool bekannt ist - den kurzen Weg zur Fahrradabholung am Morgen zurückzulegen.

Tag 1: Von Prenzlauer Berg nach Köpenick

Nachdem ich mein vorbestelltes E-Bike von Berlin on Bike abgeholt hatte,** wurden mir die Vorteile der Begleitung durch einen der erfahrenen Guides in der Berliner Innenstadt schnell klar. Zum einen musste ich mich nicht auf das Kartengucken konzentrieren. Denn neben den beliebtesten Sehenswürdigkeiten wie Checkpoint Charlie und East Side Gallery führte mich mein Guide Sascha zu weiteren Sehenswürdigkeiten wie der Bornholmer Straße.

Hier überquerten 1989 die ersten Ostdeutschen die Grenze. Das alles aus dem Mund eines Menschen zu hören, der in der besagten Nacht in der Stadt war, hat mich wirklich vom Hocker gehauen.

East-Side-Galerie
East Side Galerie Philip Koschel/Visit Berlin

Die Open-Air-Ausstellung in der Gedenkstätte Berliner Mauer ergänzte mein Wissen. Die fotografischen Wandbilder regen ebenso zum Nachdenken an wie die Kopfsteinpflastersteine, die zeigen, wo sich die geheimen Fluchttunnel befanden. Auch ein kompletter Abschnitt der Grenzanlagen ist hier zu sehen. Ein Blick durch die Mauer unterhalb des Wachturms erinnert daran, warum so wenige die Überquerung des Grenzstreifens wagten.

Nach einer Pause am Engelbecken (man würde nie vermuten, dass dieser schöne Ort in der Stadt einst ein Kanal war, der für den Bau der Mauer trockengelegt wurde), verabschiedete ich mich von Sascha und der Berliner Innenstadt und radelte weiter, bevor ich vom Weg abwich und im Nyx Hotel Berlin-Köpenick übernachtete.

Tag 2: Von Köpenick nach Potsdam

Als ich wieder auf den Weg zurückkam, wurde mir zum ersten Mal bewusst, dass es außerhalb des Berliner Zentrums so gut wie keine Überreste der ehemaligen Mauer auf dem Weg gibt. Nur vereinzelte vorbeifahrende Pendler und grasende Wasserbüffel in der Nähe ließen mich fast allein eine befreiende Fahrt genießen.

Vom Dörfeblick bis zum Teltowkanal und darüber hinaus, durch Waldgebiete, Wohnstraßen und offene Landschaften, konnte ich feststellen, dass dieser Weg weder nahtlos noch eintönig ist. Es ist ein guter Weg, um ein Gefühl für ein breiteres Berlin zu bekommen, ein Fenster zur Vorstadt, das nur wenige Touristen zu sehen bekommen.

Erzählende Stelen säumen den Weg.
Erzählende Stelen unterbrechen den Weg. Lucy Shrimpton

Wo ich auf der Strecke Halt machen würde, war für mich sozusagen vorgegeben. Wie Leuchttürme säumen Gedenkstelen den Weg, jede auf der exakten Höhe der ehemaligen Mauer. Viele erzählen eine ernüchternde, unglückliche Geschichte über einen Überquerungsversuch.

Unter anderem mit Blick auf Eduard Wroblewski, dessen Flucht durch 274 Kugeln verhindert wurde, absolvierte ich den Rest der Strecke bis zur heutigen Endstation in Potsdam, wo ich meinen Helm für zwei Nächte in den geräumigen und stilvollen Design Apartments aufhängte.

Tag 3: Potsdam - Unterschätzte Stadt

Lange bevor eine Mauer Ost und West voneinander trennte, war Potsdam - die größte Stadt des Landes Brandenburg - der Tummelplatz von Preußens vornehmsten Mitgliedern der Gesellschaft. Diese Tatsache spiegelt sich in der Größe der Stadt wider. Während die meisten Tagesausflügler aus Berlin nur Zeit haben, das Wahrzeichen der Stadt, das prunkvolle Schloss Sanssouci von Friedrich dem Großen, zu besichtigen, konnte ich bei zwei Übernachtungen in der Stadt tiefer eintauchen.

Ich hatte Zeit für das Kunstmuseum Barberini (das mehr Monets beherbergt als irgend ein anderes Museum in Europa außerhalb von Paris). Mit zwei Rädern konnte ich die vielen ruhigen Seen und internationalen architektonischen Inspirationen umrunden, die Potsdam wie eine kleine Weltkarte erscheinen lassen.

Dazu gehören das Schloss Babelsberg, das an das englische Windsor Castle erinnert, das holländische Viertel, das an die Amsterdamer Herengracht erinnert, das Nauener Tor, das einem schottischen Loch entlehnt ist, und Sanssouci selbst, das wie ein preußisches Versailles aussieht.

Brauerei und Biergarten der Meierei in Potsdam.
Brauerei und Biergarten der Meierei in Potsdam. PMSG SPGS Sophie Soike

Nach einem Bier in der Brauerei Meierei, dem ultimativen Gegenpol zur ehemaligen Grenze, an der sie liegt, beendete ich den Tag unter freiem Himmel im Restaurant Höfts am See. Mit Blick auf das Potsdamer Marmorpalais waren die einzigen Wellen des Heiliger Sees die von wild schwimmenden Enten.

Tag 4: Von Potsdam nach Hennigsdorf

Der Tag begann an der Glienicker Brücke, wo Amerikaner und Sowjets einst ihre Spione austauschten - und stellte mich heute vor ein Dilemma. Sollte ich eine Fähre von Wannsee nach Kladow nehmen und auf dem Mauerweg bleiben? Oder sollte ich einem lokalen Tipp folgen, dass sich ein Abstecher mit dem Rad durch den Grunewald zum Teufelsberg lohnen könnte?

Teufelsberg.
Teufelsberg. Sarah Lindermann/Visit Berlin

Wie sich herausstellte, hat sich der Umweg gelohnt. Einst eine amerikanische Abhörstation im Kalten Krieg, ist der Teufelsberg heute eines der verlockendsten und kuriosesten Wahrzeichen Berlins - ein einzigartiges und weitläufiges Street Art-Ziel mit rund 400 internationalen Werken.

Nach einem weiteren Abstieg kam ich in Staaken wieder auf die Mauerroute, bevor ich am Spandauer Wald vorbeifuhr, am Ufer der Havel entlang radelte und dann in Hennigsdorf im Wyndham Garden Hotel übernachtete.

Tag 5: Von Hennigsdorf zurück in die Berliner Innenstadt

Als ich die heutige Fahrt am Stadtrand von Hennigsdorf mit so optimistischen Straßennamen wie "Freiheit" und "Einheit" begann und das Ende der Strecke in Sicht war, dachte ich sowohl über das körperliche Erfolgserlebnis als auch über die 160 km an Geschichten nach.

In Bergfelde, an einem der fünf noch erhaltenen Wachtürme des Weges, drückte ich das letzte Mal auf die Bremse. Noch vor wenigen Jahrzehnten hätte ich hier auf einen bewaffneten Wachmann treffen können, doch heute ist der Wachturm ein friedliches Bildungszentrum, ein Naturschutzturm, der Kindern die Umwelt nahe bringt.

Naturschutzturm in Bergfelde.
Naturschutzturm in Bergfelde. Stadt Hohen Neuendorf

Es ist ein letzter Hinweis, der mir klein und doch erdbebenartig vorkommt: Wurzeln der Erneuerung in einem Raum, der einst von einer der größten No-Go-Grenzen der Welt besetzt war.

Weitere Informationen finden Sie unter visitberlin.de und brandenburg-tourism.com**.* Mehr über sicheres Radfahren in Berlin erfahren Sie hier .*

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