Amr Moussa: Eine Vision für Ägyptens Zukunft

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Am 23. und 24.Mai sind Präsidentschaftswahlen in Ägypten. Sie gelten als wichtiger Zwischenschritt im gesellschaftlichen Wandel, der mit der Revolution im Jahr 2011 begonnen hat. Zu den aussichtsreichsten Kandidaten gehört Amr Moussa, Ex-Außenminister und Ex-Generalsekretär der Arabischen Liga. Als Außenpolitiker und erfahrener Staatsmann wird er geschätzt. Kritisch werden seine Verbindungen zum alten Mubarak-Regime gesehen.

Euronews:Wie unterscheidet sich ihr Wahlprogramm von dem der anderen Kandidaten?

Amr Moussa: Mein Programm unterscheidet sich insofern von den Anderen, weil es global ist. Es ist gleichzeitig eine Vision und ein Programm. Ein Programm, dass sich für alle Angelegenheiten Ägyptens interessiert. Denn: In dieser Beziehung gab es in der Vergan-genheit einige Versäumnisse, eine Regierung nach der Anderen, denen ich nicht angehörte, hat in dieser Hinsicht nichts getan. Ich schlage ein Programm vor, das auf kurze Zeit angelegt ist, für die nächsten vier Jahre. Und ein Programm, das langfristig orientiert ist. Mein Programm wird einen neuen Staat aufbauen, die zweite Republik, die nicht einfach eine Fortsetzung der ersten Republik sein wird. Sie wird ganz anders sein, denn die erste Republik, das ist immerhin 60 Jahre her… Es geht um die Schaffung eines Staates, der von einem Präsidenten geführt wird und auf einer Verfassung und auf Demokratie beruht. Das heißt: Die Institutionen, die Verwaltung, die Unabhängigkeit der Behörden und die Gewaltenteilung müssen geährleistet werden. Die Wirklichkeit ist, dass mein Programm viele Antworten auf viele Fragen hat. Es ist nicht nur ein simples Programm, sondern eine Vision des Ägyptens der Zukunft!

Euronews: Ich habe festgestellt, dass Sie in Ihrer Kampagne sehr auf die Interessen der Bauern und Arbeiter achten.

Amr Moussa: Ja, diese Gruppen wurden sehr an den Rand gedrängt und haben von keinem Programm der letzten 60 Jahre profitiert.

Euronews: Ihr Programm ist sehr ambitioniert. Wie wollen Sie das bezahlen?

Amr Moussa: Für das nötige Kapital in den nächsten Jahren, sagen wir mal die nächsten 5 oder 10 Jahre, muss die Wirtschaft in Ägypten wachsen. Die Produktion muss angekurbelt werden, die Türen für Investitionen geöffnet werden mit einer verstärkten Wiederbelebung des Tourismus. Man darf nicht die aktuelle schwache Situation als Maßstab nehmen. Wir sprechen von den nächsten Jahren. Deshalb fürchte ich keine Finanz-Probleme, die unsere Programme auf mittlere oder lange Sicht bremsen könnten.

Euronews: Viele beschuldigen Sie als Teil des alten Regimes. Dass Sie mit Präsident Mubarak zusammengearbeitet haben, beeinflusst das nicht Ihren Wahlkampf?

Amr Moussa: Beeinflussen ja, aber nicht sehr viel. Diese Anschuldigungen sind persönlich und haben nichts mit meinen Prinzipien zu tun. Und Alle, die mich beschuldigen, haben Ministerpräsident Issam Sharaf gewählt, der ebenfalls dem alten Regime angehörte. Diese Anschuldigungen haben überhaupt keine Bedeutung. Aber wenn man mir vorwirft, 10 Jahre Aussenminister gewesen zu sein – nun gut, das war ich und ich bin stolz auf diese Jahre. Ich glaube, dass Ägypten das nicht Alles in seine Erwägungen einbeziehen wird.

Euronews: Laut Umfragen sind sie der Favorit – glauben sie solchen Erhebungen?

Amr Moussa: Wenn man nur eine einzelne Umfrage nimmt, kann man das vielleicht anzweifeln. Aber es gibt zahlreiche Umfragen von unterschiedlichen Quellen, die das bestätigen. Deshalb wird wohl ein Fünckchen Wahrheit dran sein.

Euronews: In Israel ist man ein wenig beunruhigt, dass Sie neuer Präsident werden könnten. Würde es unter Ihrer Präsidentschaft zu Problemen in den ägyptisch- israelischen Beziehungen kommen?

Amr Moussa: Nein. Das Problem ist vielmehr: Die Israelis wollen niemanden, der den Palästina-Konflikt und den Arabisch-Israelischen Konflikt ernst nimmt. Sie wollen auch niemanden, der “nein” zu Ihnen sagen könnte. Und er könnte tatsächlich “nein” sagen, und wenn er “ja” sagt, dann zu seinen eigenen Bedingungen und nicht zu den Konditionen der Anderen. Die Entwicklung in den letzten fünf Jahren konnte die Israelis beruhigen. Aber all das ist jetzt vorbei. Sie wünschen, dass der ägyptische Präsident nicht so richtig auf dem Laufenden ist, damit sie die Situation für sich besser regeln können. Ich weiß sehr wohl, dass sie uns nicht feindlich gesonnen sind. Aber sie sind misstrauisch gegenüber jemandem, der ihr Spiel versteht.

Euronews: Kann man das so verstehen…

Amr Moussa: Wie ich Ihnen gesagt habe: Sie wollen niemanden, der ihnen Paroli bietet.

Ich glaube fest daran, dass Ägypten einer vernünftigen Politik in der Region folgen muss, wir wollen unser Land erneuern. Das hat Vorrang. Aber das soll nicht heißen, dass wir die Palästinener fallenlassen. Die Palästinener haben ein berechtigtes Anliegen, dass einen Einfluss hat auf die nationalen Sicherheitsinteressen Ägyptens und das die Stabilität im Nahen Osten gefährden könnte. Ägypten schließt sich auf jeden Fall der arabischen Initiative an, die sich für eine friedliche Lösung einsetzt, eine politische Lösung mit gleichen Bedingungen für Alle. Und genau das ist unsere Haltung, nicht mehr und nicht weniger.

Euronews: Sind also Änderungen des Vertrags von Camp David denkbar?

Amr Moussa: Nein, der Vertrag von Camp David ist abgeschlossen, jetzt gibt es den ägyptisch-israelischen Vertrag, der gilt und der von uns respektiert wird.

Euronews: Wenn Sie Präsident werden – wie gehen Sie mit einem Parlament um, in dem die Islamisten dominieren?

Amr Moussa: Wir werden mit dem Parlament auf sehr korrekte Art zusammenarbeiten, ob es nun von Islamisten beherrscht wird oder nicht. Als Präsident muss ich mit der Mehrheit des Parlaments zusammen-arbeiten. Ich habe meine Meinung und sie haben ihre, aber es ist wichtig, dass wir zusammen-arbeiten, auf positive Weise, und ich werde sie nicht ausgrenzen. Als Präsident werde ich meinen Standpunkt haben, aber ich werde immer diese Mehrheit zu Rate ziehen.

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