Obamas zweite Chance

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Er hat seine zweite Chance bekommen. Dass ein Präsident bei so schlechter Wirtschafts- und vor allem Arbeitsmarktlage wiedergewählt wird, ist eine große Ausnahme in der der US-Geschichte.
Entsprechend zupackend die Dankesrede des WahlsiegersBarack Obama: “Es spielt keine Rolle, ob du schwarz oder weiß ist, Hispanic, Asiate oder Indianer, ob du jung oder alt, reich oder arm bist, gesund oder behindert oder homosexuell – hier in Amerika kann du alles machen, wenn du es versuchst.”
“Hier spricht man Spanisch” steht an einem Tisch im Wahllokal. Zwei von drei Spanisch sprechenden Wählern haben Obama ihre Stimme gegeben.
Diese Wählerschaft haben die Republikaner komplett links liegen lassen, dabei ist das die am schnellsten wachsende Volksgruppe in den USA.
Martha Oliveros in Los Angeles hat für Obama gestimmt, weil ihr Romney zu überheblich daherkam, als dass sie bei dem auf eine gute Entwicklung hoffen könnte. Und ihr Mann Manuel sorgt sich neben der Stabilität der Wirtschaft vor allem um die Einwanderungspolitik. Schließlich wollen sie hier erfolgreich sein und nicht auf der Straße landen. Wie der Bruch zwischen arm und reich an den Kandidaten festzumachen ist, zeigte sich schon bei den Spenden. Obamas Wahlkampf wurde zu 80% aus kleinen Einzelspenden von höchstens 200 Dollar finanziert. Die nächsten Schlachten werden auf dem Capital Hill geschlagen, denn die Spaltung im Parlament bleibt. Die Republikaner haben weiterhin die Mehrheit im Repräsentantenhaus. Wie ihm die Zusammenarbeit mit dem politischen Gegner gelingt, davon wird Obamas Erfolg in der zweiten Runde abhängen.
Dazu äußert sich auch der Experte Ian Bremmer aus London.

Ian Bremmer ist Präsident der Eurasia-Gruppe, sein Beratungs-Unternehmen erforscht weltweit politische Risiken. Mit Ian Bremmer sprach euronews-Reporter Ali Sheikholeslami.

euronews: Viele Amerikaner glauben, dass Barack Obama nicht genug von dem Wechsel bringen wird, den er vor vier Jahren versprochen hat. Das gilt auch für seine Unterstützer. Welchen Sinn hatte es denn dann, für Obama zu stimmen?

Ian Bremmer: Die amerikanische Bevölkerung ist zunehmend gespalten. Die Kluft zwischen Arm und Reich ist größer als zu Zeiten der Wirtschaftskrise. Und diese Kluft wächst immer weiter, sowohl unter den Republikanern, als auch unter den Demokraten. Meiner Meinung nach haben viele, die für Obama gestimmt haben, gedacht, dass er wirksamer diese Schere zwischen Arm und Reich bekämpfen wird. Ich glaube, dass er, wenn es um die Steuerpolitik geht, sich weniger für die Superreichen einsetzen wird, als Romney das getan hätte. Aber angesichts der Tatsache, dass Amerika sein Defizit senken und seinen Haushalt ausgleichen muss, werden die Leute, die bereits Opfer bringen mussten, sich auch weiterhin benachteiligt fühlen. Egal, wer an der Macht ist. Das ist ein strukturelles Problem, da geht es nicht um Demokraten gegen Republikaner.

euronews: Finanziell gesehen waren es schwierige Zeiten für die USA. In so einer Situation haben es Amtsinhaber gewöhnlich schwer wieder gewählt zu werden. Aber Obama hat die Wahl gewonnen, was können wir daraus lernen?

Ian Bremmer: Es gibt etwas sehr Wichtiges, das wir von dieser Wahl lernen können: In einer Welt, in der Sparmaßnahmen so viel Bedeutung für die Regierungspolitik haben, können die Amtsinhaber nur verlieren. Die Bevölkerungen mögen es nicht, wenn ihre Regierungen Sparmaßnahmen beschließen. Obama hat gewonnen und er gewann vor allem, weil er keine dieser schwierigen Entscheidungen getroffen hat. Die einzige wichtige Maßnahme, die er beschloßen hat, die einzige Grundsatzentscheidung, war, dass er die Gesundheitsreform durchgesetzt hat. Von der bislang keiner weiß, wie sie langfristig finanziert werden soll. Das war kein Präsident der Sparmaßnahmen beschliesst. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten und angesichts eines riesigen Defizits hat er sich für noch mehr Ausgaben entschieden. Die Wähler haben das letztlich belohnt. Nicht in großem Umfang aber sie haben es belohnt. Obama ist ein Präsident, der wiedergewählt wurde. Das ist eine wichtige Botschaft an andere Regierungen in der Welt, die nach einem Weg suchen an der Macht zu bleiben.

euronews: Mir ist klar, dass vor allem innenpolitische Themen für die Wahl in den USA entscheidend waren – wie überall. Aber unabhängig davon, welche Bedeutung hat Obamas Wiederwahl für die restliche Welt?

Ian Bremmer: In der dritten TV-Debatte hat Obama klar gemacht, dass es Zeit ist, die Nation zu einen. Weder der Präsident, noch Amerika, werden sich besonders viel international engagieren. Sie werden sich nicht darauf konzentrieren andere Nationen zu stärken. Sie werden nicht aktiv eingreifen, um den Europäern in der Krise zu helfen. Sie werden keine Truppen entsenden, sie werden nicht die Rolle des Weltpolizisten übernehmen. Und wir haben jetzt viele Länder in der Welt, die sagen werden, das ist auch gut so, Amerika hat mehr Probleme verursacht, als gelöst. Viele in der Welt werden besorgt sein, dass die Vereinigten Staaten diese Rolle nicht übernehmen. Denn eines ist klar, es wird sie auch kein anderer übernehmen.

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