Nobelpreis für molekulare Mini-Maschinen- Revolution für die Computerwelt?

Nobelpreis für molekulare Mini-Maschinen- Revolution für die Computerwelt?
Von Julika Herzog mit mit dpa
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Einen Aufzug, ein Auto und einen künstlichen Muskel im Mini-Format hergestellt aus nur einigen Molekülen - das haben die diesjährigen Chemie-Nobelpreisträger geschaffen. Die Maschinen sind mehr a

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Der Nobelpreis für Chemie geht in diesem Jahr an den Franzosen Jean-Pierre Sauvage, den Briten Sir Fraser Stoddart und den Niederländer Bernard L. Feringa für die Entwicklung molekularer, winziger Maschinen. Das teilte die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Mittwoch in Stockholm mit.

BREAKING NEWS 2016 #NobelPrize in Chemistry to Jean-Pierre Sauvage, Sir J. Fraser Stoddart and Bernard L. Feringa pic.twitter.com/buInkIc1KC

— The Nobel Prize (@NobelPrize) October 5, 2016

Was sind molekulare Maschinen?

Einen Aufzug, ein Auto und einen künstlichen Muskel im Mini-Format hergestellt aus nur einigen Molekülen – das haben die diesjährigen Chemie-Nobelpreisträger geschaffen. Die Maschinen sind mehr als tausendfach kleiner als der Durchmesser eines Haares – so winzig, dass man sie mit bloßem Auge nicht sehen kann.

«Die diesjährigen Preisträger haben extrem kleine Maschinen gebaut und sind somit in eine neue Dimension der Chemie vorgedrungen», hieß es von den Juroren. «Sie haben Moleküle entwickelt, deren Bewegungen man kontrollieren kann und die eine Aufgabe erfüllen, wenn sie die dafür nötige Energie bekommen.»

Wie haben die drei ausgezeichneten Wissenschaflter die Forschung auf diesem Gebiet revolutioniert?

Den ersten Schritt machte der 1944 geborene Franzose Jean-Pierre Sauvage von der Universität Straßburg im Jahr 1983: Er baute aus Atomen zwei Ringe, die wie Kettenglieder zusammenhängen.

Breakthrough in 1983: Jean-Pierre Sauvage used a copper ion to interlock molecules using a mechanical bond #NobelPrize#Chemistry 2016 pic.twitter.com/sQqZVx0HMh

— The Nobel Prize (@NobelPrize) 5 October 2016

Der gebürtige Brite Stoddart von der Northwestern University im US-Bundesstaat Illinois entwickelte 1991 molekulare Achsen und zugehörige Ringe, die darauf auf und absteigen können – sogenannte Rotaxane. Diese nutzte Stoddart unter anderem, um Computerchips zu bauen, die zwar nur 20 Kilobyte speichern können, dafür aber viel kleiner sind als herkömmliche Chips. Einige Forscher glauben, dass diese Chips die Computerwelt einmal revolutionieren werden.

2016 Chemistry Laureate Fraser Stoddart created a molecular shuttle that could move along an axle in a controlled manner. #NobelPrizepic.twitter.com/iyElKySsQ8

— The Nobel Prize (@NobelPrize) 5 October 2016

Der 65-jährige Niederländer Feringa von der Universität Groningen hat schließlich als erster einen molekularen Motor gebaut, der sich kontinuierlich in eine Richtung dreht, 2011 folgte ein Art Nano-Auto mit vier Rädern.

In 1999, Ben Feringa builds the first molecular motors #NobelPrizepic.twitter.com/kqRSUQuFKr

— The Nobel Prize (@NobelPrize) 5 October 2016

«Die Entwicklungsstufe hier ist ähnlich der zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als viele Forscher zeigten, dass elektrische Maschinen möglich sein könnten», sagte Nobel-Juror Ramström. «Die drei Nobelpreisträger haben dieses ganze Feld von molekularen Maschinen eröffnet.» Samit habe eine «Revolution» begonnen. «Die Zukunft wird zeigen, wie wir das hier anwenden können.»

Was macht molekulare Maschinen für die Menschheit interessant?

Zugeschaltet per Telefon sagte Bernard L. Feringa vor der Königlich-Schwedischen Akademie der Wissenschaften:” Ich fühle mich ein wenig wie die Gebrüder Wright. Als sie vor gut hundert Jahren die ersten Flugapparate bauten, fragten die Leute auch, warum man denn überhaupt eine Flugmaschine brauchen sollte.”

“I feel like the Wright-brothers who are flying for the first time and people asked why do we need a flying machine” https://t.co/tsvIMs8Iby

— The Nobel Prize (@NobelPrize) October 5, 2016

Tatsächlich könnte diese Erfindung eine ähnliche Revolution bedeuten wie die Entdeckung der Elektrizität. Konkret nutzen könnte die Menschheit die molekularen Maschinen in Zukunft zum Beispiel, um Energie zu speichern oder für Datenspeicher. Alles könnte also noch kleiner werden, genauer gesagt molekularisch klein – dort liegt dann aber die Grenze. Denn kleiner als Moleküle es sind, kann man Dinge nicht machen.

Durch die Forschungen der drei Preisträger wurde der Beweis erbracht, dass man auf der molekularen Ebene arbeiten und Geräte bauen kann. “Natürlich wären diese Datenspeicher im Vergleich zu den Speicherchips, die wir heute haben, extrem klein. Bis jetzt ist es noch nicht gelungen, solche Datenspeicher zu bauen – aber zumindest ist bewiesen, dass es geht,” erklärt Nobelpreis-Juror Jan-Erling Bäckvall.

Bisher sind die molekularen Maschinen also noch nicht von praktischem Nutzen. Aber als die Gebrüder Wright ihr Fluggerät vorgestellt haben, konnte sich die Menschheit auch nicht vorstellen, nur wenige Jahrzehnte später täglich unzählige Male in Airbussen kreuz und quer über die Erde zu fliegen.

Mehr zum Thema

Nobelprize.org: Chemienobelpreis 2016

Jean-Pierre Sauvages Website, Universität Straßburg

Bernard L.Feringas Website

Sir Fraser Stoddarts Website

Nobelprize.org: POPULAR SCIENCE BACKGROUND: How molecules became machines

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