Viele Covid-19-Tote hatten Thrombosen - Können Blutverdünner helfen?

Jan Sperhake, senior doctor at the institute for forensic medicine at the Eppendorf University Hospital (UKE)
Jan Sperhake, senior doctor at the institute for forensic medicine at the Eppendorf University Hospital (UKE) Copyright AXEL HEIMKEN/AFP
Von Kirsten Ripper mit AFP
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Forscher des UKE in Hamburg bei haben bei der Obduktion von #Coronavirus-Patienten erstaunlich viele Thrombosen festgestellt. #Covid19 greift nicht nur die Lunge an, sondern vor allem auch die Blutgefäße.

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In einer Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) haben Dominic Wichman, Stefan Kluge, Klaus Püschel und Jan-Peter Sperhake mithilfe von Obduktionen und Computertomografien von Covid-19-Toten neue Erkenntnisse darüber gewonnen, was das Coronavirus im Körper auslöst. Ihre Erkenntnisse haben die Ärzte in den Anals of Internal Medicine veröffentlicht.

Viele Covid-19-Patienten hatten Venenthrombosen

Anhand von zwölf vollständig obduzierten Leichen haben die Rechtsmediziner, Internisten und Anästhesiologen festgestellt, dass die Mehrheit der Patienten unter venösen Thrombosen litten, die zum Teil nicht entdeckt worden waren. "Was uns verblüfft hatte, war, dass wir schon nach wenigen Todesfällen doch viele Patienten hatten mit Thrombosen, das heißt Gerinnselbildung in den unteren Extremitäten“, sagte der Experte für Forensische Pathologie Jan Peter Sperhake. Diese Gerinnsel können über das Herz in die Lunge gelangen.

Sieben der zwölf Verstorbenen hatten Beinvenenthrombosen, vier waren an Lungenembolien gestorben.

Dass das Coronavirus vor allem die Lunge schädigt, war bekannt, aber die Forscher haben sich angeschaut, wie die Lungen von Covid-19-Todesfällen aussehen. Auf einer Pressekonferenz in Hamburg erklärte der Rechtsmediziner Sperhake - laut Watson: "Es waren sehr schwere, sehr feste Lungen. Wenn man das sieht, kann man sich gut vorstellen, welche Schwierigkeiten die Intensivmediziner haben, die Patienten zu beatmen."

Das Coronavirus wurde auch in der Leber, den Nieren und im Herzen der Patienten nachgewiesen.

"Ein Teil der Patienten sollte mit Blutverdünnern behandelt werden"

In der Studie kommen die Mediziner aus Hamburg zu dem Ergebnis: "Die hohe Inzidenz thromboembolischer Ereignisse deutet auf eine wichtige Rolle der COVID-19-induzierten Koagulopathie (Gerinnungsstörung) hin. Es sind weitere Studien erforderlich, um den molekularen Mechanismus und die gesamte klinische Inzidenz der COVID-19-bedingten Todesfälle sowie mögliche therapeutische Interventionen zu ihrer Verringerung zu untersuchen." Sie meinen, wegen der häufig gefundenen Thrombosen solle über eine Behandlung von Covid-19-Patienten mit Blutverdünnern nachgedacht werden.

"Wir haben jetzt die Möglichkeit, einen Teil der Patienten mit Blutverdünnern zu behandeln. Und das sollten wir auch tun“, sagte der Direktor der Klinik für Intensivmedizin, Stefan Kluge, laut dem Tagesspiegel.

Blutverdünner gegen Covid-19 in den USA eingesetzt

Am Mount Sinai Hospital in den USA haben Ärzt offenbar erste Erfolge mit Blutverdünnern bei Covid-19 Patienten erzielt. In der Gruppe der mit gerinnungshemmenden Medikamenten behandelten Patienten lag die Todesrate niedriger.

Coronavirus greift das Endothel an

Auch eine Studie des Universitätsspitals Zürich hatte Ende April nachgewiesen, dass das Coronavirus die Blutgefäße - vor allem das Endothel - angreift. Das Endothel ist eine Zellschicht, die die Blutgefäße reguliert.

Das Team um die Pathologin Zsuzsanna Varga erklärt: "Das Endothel jüngerer Patienten kommt mit dem Angriff der Viren meistens gut zurecht. Anders die Patientinnen und Patienten, die an Bluthochdruck, Diabetes, Herzinsuffizienz oder koronaren Herzkrankheiten leiden."

In der Studie aus Hamburg hatten die meisten verstorbenen Patienten Vorerkrankungen und waren im Durchschnitt etwa 80 Jahre alt. Die UKE-Ärzte meinen, dass auch in Deutschland meist wohl aus Angst vor Infektionen der Mediziner mit dem Coronavirus nicht genug Obduktionen von Covid-19-Toten durchgeführt werden.

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