Kinder und Covid-19: Gegen Grippe impfen oder nicht?

Kinder in Berlin
Kinder in Berlin Copyright Markus Schreiber/Copyright 2020 The Associated Press. All rights reserved
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Von Euronews
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Kinderärzte und Virologen widersprechen der Empfehlung des Gesundheitsministers, dass es Sinn macht, auch Kinder gegen Grippe impfen zu lassen.

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Gerade erst hatte der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn zur Eindämmung der Coronavirus-Infektionen empfohlen, auch Kinder gegen die Grippe impfen zu lassen, Das halten allerdings einige Kinderärzte für wenig sinnvoll. Sollte die Grippeimpfung vor allem für RisikopatientInnen, ältere Menschen und Gesundheitspersonal eingeplant werden?

Der Präsident der Bundesärztekammer Klaus Reinhardt nennt die Grippeimpfung ein "Trainingsprogramm für das Immunsystem", er meint, vor allem Kinder mit Vorerkrankungen wie Asthma und Diabetes sollten auch geimpft werden. 

"Gleichzeitig eine größere Grippewelle und die Pandemie kann das Gesundheitssystem nur schwer verkraften", hatte Jens Spahn in der "Welt am Sonntag" erklärt. Die Regierung habe "diesmal zusätzlichen Grippeimpfstoff besorgt". "Jeder, der sich und seine Kinder impfen lassen will, sollte und kann das tun", sagte Spahn. Dabei konnte sich Spahn auf den Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Pädriatische Infektiologie, Johannes Hübner von der Kinderklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München, berufen.

Gegenwind kommt inzwischen vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). Im Interview mit dem Berliner Tagesspiegel erklärt Kinderarzt Jakob Maske: "Wir haben in Deutschland momentan nur 25 Millionen Impfdosen gegen Grippe zur Verfügung und können deshalb nicht alle Kinder gegen Grippe impfen." 

"Wegen Kleinigkeiten" zum Kinderarzt?

Zudem stellt Jakob Maske fest, dass Eltern in Berlin ihre Kids "schon jetzt wegen Kleinigkeiten" zum Arzt bringen würden. Noch reichten die Kapazitäten, aber der Pädiater fürchtet eine Überlastung der Kinderärzte im Herbst. 

Im Frühjahr war in vielen Ländern in Europa das Gegenteil festgestellt worden, nämlich dass Eltern ihre Kinder aus Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus nicht zum Arzt und nicht ins Krankenhaus brachten. Damals appellierten die Gesundheitsbehörden zum Beispiel in der Schweiz an die Eltern, ihre Kinder behandeln und impfen zu lassen.

Im Internet machen Impfgegner und Corona-Leugner auch gegen Grippeimpfungen mobil.

Kinder als Verbreiter des Coronavirus

Anders als der Berliner Kinderarzt Jakob Maske meint der Mikrobiologe Michael Wagner von der Uni Wien: "Auch selber als Vater von vier Kindern hätte ich es natürlich gerne, dass Kinder sich weniger anstecken. Aber das ist laut Literaturstand nicht der Fall. (...) Das einzige, warum sie im Sommer nicht so oft andere anstecken, ist, weil sie meistens asymptomatisch sind. Sie husten nicht und schneuzen sich nicht und stoßen so weniger Aerosole aus."

Eine neue Studie aus Südkorea belegt die Aussagen von Michael Wagner, dass Kinder oft keine oder kaum Symptome von Covid-19 zeigen, das Virus aber durchaus verbreiten können - und sie können offenbar sogar länger andere anstecken als zuvor vermutet.

Der Berliner Senat hat einen Leitfaden im Internet erstellt, der Eltern helfen soll zu entscheiden, was zu tun ist, wenn ihr Kind krank wird.

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