Russland ohne Wanderarbeiter: Keiner schuftet bei -14 Grad

Russland ohne Wanderarbeiter: Keiner schuftet bei -14 Grad
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Von Renate Birk mit AFP
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Jetzt müssen vielfach Russen angestellt. Sie dürfen nicht so ausgenutzt werden wie die Ausländer.

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Vor der Pandemie waren auf der Baustelle in Moskau hauptsächlich ausländische Arbeiter zu sehen, aus Armenien, aus der Ukraine, aus Tadschikistan oder Kirgistan. Zehn Millionen ausländische Arbeiter waren im Land, für die härtesten und schlecht bezahltesten Jobs. Jetzt sind es nur noch wenige. Und Russland hat ein Problem. Es mangelt an Arbeitern, die bei minus 14 Grad für geringen Lohn schuften. 

Bauunternehmer Vitaly Lychits sagf: "Uns fehlen 30 Prozent der Belegschaft. Wir stellen jetzt Russen ein, aus der Provinz, von weither, aber dadurch steigen unsere Lohnkosten erheblich."

Der Verband für Migrantenrechte meint, einerseits habe sich jetzt auch der Lohn für die ausländischen Arbeiter erhöht, andererseits kommen die, die in ihre Heimatländer gereist sind, - die meisten - nicht mehr zurück nach Russland.

Anwältin Valentina Chupik setzt sich für Migrantenrechte ein und erklärt:  "Für die, die geblieben sind, - Ihre Situation ist besser als vor der Pandemie. Sie werden weniger ausgenutzt. Doch die, die gegangen sind, sie haben jetzt gar keinen Verdienst."

Einige Experten sind jedoch skeptisch, dass die verbesserten Arbeitsbedingungen für die ausländischen Wanderarbeiter nach der Wiedereröffnung der Grenzen Bestand haben werden.

Die Organisation weist darauf hin, dass nicht alle wegen der Pandemie in ihre Heimatländer gingen, denn die Arbeitsbedingungen seien hart und unfair. Auch dies ein Grund für manche, zu gehen und nicht mehr zurückzukehren.

Vadim Kozhenov, der Präsident des Migrantenverbandes in Russland sagt, dass es jetzt aber eindeutig weniger Fälle von Missbrauch von ausländischen Arbeitern gebe, die sich seit Jahren darüber beschwert hatten, dass russische Arbeitgeber sie ausnutzten und ihnen in manchen Wochen gar keinen Lohn zahlten.

"Sind nur Arbeitstiere..."

In Bezug auf die Arbeitsbedingungen erzählen zwei Armenier, die anonym bleiben wollen, dass sie lieber in ihrem Heimatland wären, auch wenn dort Krieg herrschte, dass sie jedoch nicht das Geld zur Rückreise hatten. 

Sie hausen in Baracken, die nur minimal ausgerüstet sind. Feste Arbeitszeiten gab es für sie nicht. Sie mussten immer ran. Jetzt arbeiten sie mit Russen zusammen, denen laut Gesetz mehr gezahlt werden muss. Davon profitieren auch sie. Doch sie trauen dem Frieden nicht. 

"Wir sind für sie keine Menschen, nur Arbeitstiere", sagen sie. Doch im Moment freuen sie sich, denn zum ersten Mal bekommen auch sie einen Lohn, der der schweren Arbeit mehr entspricht als zuvor. Ihre Heimat fehlt ihnen. 

Jeden Tag denken sie darüber nach, nach Armenien zurückzukehren. "Früher waren wir nur ausländische Wanderarbeiter hier. Kein Russe macht diese Arbeit für so wenig Geld. Jetzt sind viele von unseren Kollegen zurück in ihre Heimat. Zum ersten Mal sind Russen auf der Baustelle." Ihre Kollegen behandelten sie "korrekt".

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