"Die kleine Raupe Nimmersatt": Kinderbuch-Illustrator Eric Carle (91) gestorben

Kinderbuchautor und -illustrator Eric Carle beim Vorlesen aus "Der kleinen Raupe Nimmersatt"
Kinderbuchautor und -illustrator Eric Carle beim Vorlesen aus "Der kleinen Raupe Nimmersatt" Copyright Richard Drew/AP2009
Von Euronews mit AP, dpa
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Mit der kleinen Raupe Nimmersatt wurde er weltbekannt. Nun ist Kinderbuchautor- und Illustrator Eric Carle in den USA gestorben.

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Eric Carle, verehrter Kinderbuchautor und Illustrator, dessen Klassiker "Die Raupe Nimmersatt" und andere Werke Millionen von Kindern einige ihrer frühesten und wertvollsten literarischen Erinnerungen bescherten, ist im Alter von 91 Jahren gestorben.

Wie die Familie des Autors mitteilte, erlag Carle am Sonntag in seinem Sommerstudio in Northampton, Massachusetts, einem Nierenleiden. 

Durch Bücher wie "Brauner Bär, Brauner Bär, was siehst du?" "Die kleine Maus sucht einen Freund" und "Von Kopf bis Fuß" stellte Carle universelle Themen in einfachen Worten dar und nutzte dazu leuchtende Farben.

Bunter Schmetterling erobert Kinderherzen

"Das Unbekannte löst oft Angst aus", bemerkte er einmal. "In meinen Büchern versuche ich, dieser Angst entgegenzuwirken und sie durch eine positive Botschaft zu ersetzen. Ich glaube, dass Kinder von Natur aus kreativ und wissbegierig sind. Ich möchte ihnen zeigen, dass Lernen faszinierend ist und auch Spaß macht."

"Die kleine Raupe Nimmersatt" wurde 1969 veröffentlicht und begeistert seitdem Eltern und Kinder gleichermaßen mit ihrer Geschichte über die Entwicklung einer grün-roten Raupe zu einem stolzen, bunten Schmetterling.

Ursprünglich sollte es in dem Buch um einen Bücherwurm gehen - und trug den Titel "Eine Woche mit Willi dem Wurm". Der Held, der sich durch 26 verschiedene Lebensmittel frisst, wurde auf Anraten seines Lektors in eine Raupe verwandelt. Carles wohl bekanntestes Buch hat sich rund 50 Millionen Mal verkauft, wurde in 60 Sprachen übersetzt, brachte Stofftier-Raupen hervor und wurde als Bühnenstück inszeniert.

"Ich erinnere mich, dass ich als Kind immer das Gefühl hatte, ich würde nie erwachsen werden, nie wortgewandt und intelligent sein", sagte Carle 1994 gegenüber der "New York Times". "Die kleine Raupe Nimmersatt' ist ein Buch der Hoffnung: auch du kannst groß werden und dir Flügel wachsen lassen."

Lebenswerk: Mehr als 75 Bücher

Politiker wie George W. Bush und Hillary Clinton waren dafür bekannt, dass sie Kindern auf ihrer Wahlkampftour aus dem Buch vorlasen. Die American Academy of Pediatrics schickte mehr als 17.000 Kinderärzt:innen spezielle Exemplare des Buches, zusammen mit Wachstumstabellen und Handouts für Eltern über gesunde Ernährung. 

Carle schrieb und illustrierte mehr als 75 Bücher, manchmal in Zusammenarbeit mit Bill Martin Jr. oder anderen Autoren, aber meistens arbeitete Carle allein. Eines seiner letzten Bücher war 2015  "The Nonsense Show", in der es um eine Parade von fliegenden Fischen, katzenzähmenden Mäusen und Zirkustieren geht.

"Einige Zeit mit Eric Carle verbracht zu haben, war das, was dem Abhängen mit dem echten Weihnachtsmann am nächsten kam. Seine Bücher und sein Eintreten für die Künste werden über die Zeit weiter wirken. Wir in der Kinderbuch-Community werden ihn schrecklich vermissen", schrieb National Book Award-Finalist Jarrett J. Krosoczka auf Twitter.

Einschneidende Kindheitserlebnisse in Nazi-Deutschland

Als Sohn deutscher Einwanderer in Syracuse, New York, geboren, kehrte Carle 1935 mit seiner Familie ins damalige Nazi-Deutschland - im Alter von sechs Jahren. Der Kontrast zu seiner Schule in den USA und Klassenzimmern in Deutschland haben den späteren Kinderbuchautor stark geprägt. Unter den Nazis war moderne, expressionistische und abstrakte Kunst verboten. 

Im Alter von 12 oder 13 Jahren veränderte ein Kunstlehrer an der Schule sein Leben, als er ihm heimlich expressionistische Kunst zeigte, darunter Franz Marcs "Blaues Pferd".

Mary Altaffer/AP2007
EIn Buch, das Kinder und Eltern gleichermaßen begeistertMary Altaffer/AP2007

"Ich war an schöne Bilder mit einem Berg im Hintergrund gewöhnt. Obwohl ich schockiert war, habe ich diesen Tag immer in meinem Herzen getragen", sagte Carle 2011 gegenüber NPR. Als Illustrator habe er sich entschieden, Tiere in unkonventionellen Farben darzustellen, um seinen jungen Leser:innen zu zeigen, dass es in der Kunst keine falsche Farbe gibt. 

Charakteristisch für seine Illustrationstechnik war, dass er die Bilder hauptsächlich aus Seidenpapier zusammensetzte, das er mit verschiedenen Farben und Texturen bemalt hatte. "Es klingt kitschig, aber das verbindet mich mit dem Kind in mir, und ich glaube, andere tun das auch", sagte er 2003 gegenüber der Associated Press.

Carle erklärte, dass auch sein Vater seinen Teil zum Entstehen an seinen späteren Geschichten beigetragen hat. Mit ihm unternahm Carle lange Spaziergänge in der Natur und lehrte ihn, die kleinen Lebewesen wertzuschätzen: "Als ich ein kleines Kind war, so weit ich mich zurückerinnern kann, nahm er mich an die Hand und wir gingen hinaus in die Natur", sagte er 1994 der New York Times. "Und er zeigte mir Würmer, Käfer, Bienen und Ameisen und erklärte mir ihr Leben. Es war eine sehr liebevolle Beziehung."

Das Thema, wie Kinder die Welt meistern, wurde in anderen Geschichten über Tiere mit "sehr" großen Schwierigkeiten aufgegriffen: "Die kleine Spinne spinnt und schweigt", "Das kleine Glühwürmchen" und "Freunde". Die Liebe zur Familie wurde in Büchern wie "Papa, bitte hol für mich den Mond vom Himmel" (1986) und "Hat ein Känguru auch eine Mutter, so wie du?" (2000) thematisiert.

Rückkehr in die USA

1952 kehrte Carle nach dem Abschluss an der Kunsthochschule Stuttgart in die Vereinigten Staaten zurück. Er arbeitete als Grafikdesigner bei der New York Times und als künstlerischer Leiter bei einer Werbeagentur. 

Mary Altaffer/AP2007
Kinderbuchillustrator Eric Carle beim Vorlesen, 01.10.2007Mary Altaffer/AP2007

Es war der Schriftsteller Bill Martin, der Carles Talent entdeckte und ihn in den Verlagsbereich holte und ihn bat, für sein gerade fertiggestelltes Buch "Brauner Bär, Brauner Bär, was siehst du?" Bilder zu zeichnen.

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Das Buch, das jungen Lesern Farben und Tiere näher bringt, kam 1967 heraus und wurde zum Dauerbrenner. Weitere gemeinsame Werke waren 1991 "Eisbär, Eisbär, was hörst Du?" und 2003 "Pandabär, Pandabär, was siehst Du?".

2002 gründeten Carle und seine inzwischen verstorbene Frau Barbara Carle das Eric Carle Museum of Picture Book Art. Das gemeinnützige, 40.000 Quadratmeter große Kunstzentrum in Amherst, Massachusetts, ist ein Schaufenster für Bilderbuchillustrationen aus aller Welt.

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