Nach dem Todesdrama im Ärmelkanal - Offener Streit um Strandkontrollen

Trotz des Dramas auf offener See im Ärmelkanal mit über zwei Dutzend Toten haben am Tag danach erneut Migranten in vielen kleinen Booten die Überfahrt von Frankreich nach Großbritannien gewagt. Britischen Medienberichten zufolge gelang es Dutzenden Menschen, an britischen Stränden anzulanden.
Über die Durchquerung der Seestraße schwelt schon länger ein Konflikt zwischen Paris und London, der jetzt an Schärfe zunimmt. Die britische Regierung wirft der französischen vor, zu wenig gegen die Passagen zu unternehmen.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron reagierte während seines Besuchs in Kroatien: "Frankreich ist in diesem Fall ein Transitland. Wir kämpfen gegen diese Schmugglernetzwerke, die die Notlage ausnutzen, aber dafür müssen wir die europäische Zusammenarbeit verbessern."
Die Regierung in London will britische Polizisten an französische Strände zum Arbeitseinsatz entsenden. Innenministerin Priti Patel erklärte im Parlament: "Ich habe angeboten, mit Frankreich zusammenzuarbeiten, um mehr Beamte vor Ort einzusetzen und alles Notwendige zu tun, um das Gebiet zu sichern, damit gefährdete Menschen nicht ihr Leben riskieren, indem sie in nicht seetüchtige Boote steigen."
"Politik der Nichtaufnahme"
In Frankreich stieß Patels Wunsch überwiegend auf Ablehnung. Die Bürgermeisterin der nordfranzösischen Hafenstadt Calais, Natacha Bouchart, machte die harte Migrationspolitik Großbritanniens für die Krise verantwortlich.
Ähnliche Ansichten vertreten einige Nichtregierungsorganisationen schon länger. Nathanael Caillaux ist Migrationsbeauftragter der französischen NGO Secours Catholique-Caritas France: "Es ist in erster Linie die öffentliche Politik der Nichtaufnahme in Europa, die öffentliche Politik, die sie daran hindert, hier in Frankreich oder in anderen Ländern Europas Asyl zu beantragen. Und die Politik, die Menschen daran hindert, völlig legitim nach Großbritannien zu gehen, weil ihre Familie oder Verwandte sie nachholen. All diese staatlichen Maßnahmen führen zu dem Drama, das wir gerade erleben."