Lebensmittelpreise: Ungarn spürt die Folgen des Ukraine-Kriegs

Wenn in der "Kornkammer" Europas weniger geerntet wird, hat das weitreichende Folgen.
Wenn in der "Kornkammer" Europas weniger geerntet wird, hat das weitreichende Folgen. Copyright Euronews
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Weniger Getreideanbau und fehlende Exporte: Der Krieg führt auch in Ungarn zu hohen Preisen und Knappheit. Wie gehen Bauern und Fabrikanten damit um?

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Bereits in der Corona-Krise wurde deutlich, wie empfindlich globalisierte Produktions- und Handelsketten sind, der Ukraine-Krieg zeigt es einmal mehr: Wenn die Maisproduktion auf ukrainischen Äckern eingestellt wird, steigen die Preise für Futtermittel, Hühner und Eier auch in Ungarn. Hinzu kommt, dass auch Bio-Kraftstoffe teurer werden. Doch warum ist die Ukraine für die Ernährungssicherheit so wichtig?

"Die Ukraine ist aufgrund ihrer natürlichen Ressourcen eines der fruchtbarsten Gebiete der Welt", erklärt der ungarische Agrarexperte Lajos Braunmüller. "Sie verfügt über sehr fruchtbaren Boden,Tschernozem, einen schwarz gefärbten Boden mit einem sehr hohen Mineralgehalt. Dieser Boden kann in der Ukraine auf 42 Millionen Hektar bewirtschaftet werden, etwa zehnmal mehr als in Ungarn.

Die Ukraine war vor dem Krieg einer der größten Getreideexporteure der Welt. 14 Prozent der weltweiten Maisimporte und rund 10 Prozent der weltweiten Rapsimporte stammten aus der Ukraine. Beim Sonnenblumenölexport war die Ukraine Weltspitze. Auch Russland war ein sehr wichtiger Getreideexporteur. Doch in diesem Jahr rechnen die ukrainischen Landwirt:innen und das Landwirtschaftsministerium mit einer deutlich geringeren Aussaat, denn viele Bauern und Bäuerinnen sind geflohen, kämpfen oder Felder sind vermimt. 

Auch Güter, die nicht aus der Ukraine stammen, werden teurer

In der Folge haben sich in Ungarn die Preise für Mais und Sonnenblumenöl verdoppelt, obwohl das Land selbst Exporteur ist. Die Inflation lag in Ungarn im März bei 8,6 Prozent, die Preise für Lebensmittel stiegen innerhalb eines Monats um 3,4 Prozent. Aber auch Güter, die nicht aus der Ukraine kommen, sind teurer geworden, weil die Produzent:innen mehr für Transport, Verpackung und Betriebsmittel ausgeben müssen.  

Zudem werden einige Güter knapp. Kornel Vancsura betreibt den größten Bauernhof in der südungarischen Region Bácska. Seine Arbeit ist schwieriger geworden, denn die Warteschlange für Chemikalien und Maschinen ist lang. "Das hat bereits mit der Corona-Pandemie begonnen, aber der Krieg hat die Situation noch schwieriger gemacht", sagt er. "Heute müssen wir uns entscheiden, ob wir unseren alten Traktor zu einem guten Preis verkaufen, aber danach kann es sehr lange dauern, bis wir einen neuen kaufen können. Und es ist unmöglich, auf dem Markt Ersatzteile zu finden."

Düngen lohnt sich für viele nicht mehr

Und noch etwas kommt hinzu: Auch Düngemittel sind teurer geworden, wegen der gestiegenen Gaspreise und weil Russland einen Exporstopp für Dünger verhängt hat. Landwirt:innen stehen also vor der Entscheidung, entweder teuren Dünger zu kaufen und die Preise anzuheben oder schlechtere Erträge zu riskieren. Denn wegen der hohen Energiekosten lohnt es sich nicht, die heimische Düngemittelproduktion hochzufahren, erklärt der stellvertretende Leiter der einzigen ungarischen Düngemittelfabrik, Dávid Csont: "Nach Ausbruch des Krieges stiegen die Gaspreise auf über 250 € pro Megawattstunde. Zum Vergleich: Am 16. Februar lag der Gaspreis bei 65 € und zwei Tage später bei 250 €. Wir können zwar produzieren, aber der Dünger ist unverkäuflich. Es lohnt sich für die Landwirte nicht mehr, ihn zu diesem Preis zu kaufen."

Dennoch wird in Europa nicht mit Nahrungsmittelknappheit oder Hungersnöten gerechnet. Das schlimmste Szenario ist, dass einige Produkte nicht immer und überall verfügbar sein werden. 

Unterdessen haben Maßnahmen wie Preisdeckelungen in Ungarn auch ungewollte Effekte: Weil die Regierung die die Preise für Grundnahrungsmittel eingefroren hat, versuchen große Supermarktketten dies auszugleichen und verteuern etwa Produkte wie Kleidung.

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