Bei den Wahlen in Kolumbien könnte erstmals ein Linker gewinnen

In Kolumbien findet die erste Runde der Präsidentschaftswahlen statt. Zum ersten Mal in der Geschichte des von Gewalt und Ungleichheit geplagten Landes könnte ein bekennender Linker gewinnen. Von den sechs Kandidaten im Rennen, ist der linke Senator Gustavo Petro - ehemaliger Bürgermeister von Bogotá und Ex-Guerillero- für Viele die große Hoffnung auf Wandel. Mehr als 39 Millionen Menschen sind zu den kolumbianischen Wahllokalen gerufen.
Rund 40% der 50 Millionen Menschen in Kolumbien leben in Armut. Das Land hat nach Angaben der Weltbank eine der größten Einkommensungleichheiten der Welt. Ein Jahr nach der brutalen Niederschlagung von Straßenprotesten gegen Armut durch Sicherheitskräfte setzen viele Wähler ihre Hoffnungen auf Gustavo Petro. Mit dem Versprechen, eine ganze Reihe sozialier Missstände zu beheben, liegt der 62-Jährige Meinungsumfragen zufolge in Führung. Sein Konkurrent Federico Gutierrez, der eine Allianz rechter Parteien vertritt, liegt auf dem zweiten Platz.
Der Wahlkampf wurde von Betrugsverdacht überschattet, nachdem bei einer Vorwahlrunde im März Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung gemeldet wurden. Sowohl Petro, als auch Gutierrez haben beide Morddrohungen erhalten, ebenso wie die Kandidatin der Linken, Francia Marquez, die die erste schwarze Vizepräsidentin Kolumbiens werden könnte. Im 20. Jahrhundert wurden in Kolumbien fünf Präsidentschaftskandidaten von Gegnern, Drogenhändlern oder paramilitärischen Gruppen ermordet.
Michael Shifter, ein leitender Mitarbeiter des Think-Tanks "Inter-American Dialogue" nennt dies eine "Wahl des Wandels in Kolumbien". Es gebe viel Frustration und Wut in Kolumbien, sagte Shifter. Er glaubt, dass Gustavo Petro daraus Kapital geschlagen hat.
Aber in einem Land, das von einer tief verwurzelten Angst vor der politischen Linken geprägt ist war der Widerstand gegen Petro groß. Die politische Linke wird in Kolumbien mit Guerrillagruppen in Verbindung gebracht, die jahrzehntelang Elend gesät haben.
Analysten zufolge werden vor allem die jungen Menschen - die Umfragen zufolge tendenziell für Petro stimmen werden - für den Ausgang der Wahl am Sonntag entscheidend sein. Allerdings neigen sie in einem Land, in dem die allgemeine Wahlenthaltung bei etwab 50% liegt, dazu, die Wahllokale zu meiden.
Die Ergebnisse werden am frühen Morgen mitteleuropäischer Zeit erwartet. Dann wird feststehen, ob eine Stichwahl notwendig ist oder nicht. Der amtierende Präsident Iván Duque und Petros Rivalen versuchen den Linken als radikalen Populisten darzustellen. Sogar die obersten Militärs haben ihr verfassungsmäßig vorgeschriebenes politisches Schweigen gebrochen, um vor einer vermeintlichen linken Bedrohung zu warnen.
Bei der Eröffnung des Wahltages ermutigte Duque die Kolumbianerinnen und Kolumbianer, in Ruhe wählen zu gehen, um "die Demokratie zu stärken".
Iván Duque lädt alle Kolumbianer und Kolumbianerinnen ein "mit Begeisterung, mit Freude, ohne Hass, ohne Vorurteile und ohne Voreingenommenheit zu wählen". Es sei wichtig zu verstehen, dass diese Wahl eine institutionelle Stärkung des Landes darstelle, so der amtierende Präsident.
Um während der Wahlen Sicherheit gewährleisten zu können, hat die kolumbianische Regierung den „Demokratieplan“ in die Wege geleitet. 300.000 Mitglieder der Armee und Polizei sollen für Sicherheit sorgen. Die Regierung hat außerdem beschlossen, den Grenzübergang zu Venezuela zu schließen.