Krisengeschütteltes Griechenland: Vom Ukraine-Krieg befeuerte Inflation

Krisengeschütteltes Griechenland: Vom Ukraine-Krieg befeuerte Inflation
Copyright euronews
Copyright euronews
Von Hans von der Brelie
Diesen Artikel teilenKommentare
Diesen Artikel teilenClose Button
Den Link zum Einbetten des Videos kopierenCopy to clipboardCopied

Der Krieg in der Ukraine hat weltweite Auswirkungen – in wirtschaftlich, politisch oder sozial angeschlagenen Ländern aber zieht er schmerzhaftere Konsequenzen nach sich als anderswo.

WERBUNG

Und wieder einmal Griechenland:

Schwangere Teenager mit leerem Kühlschrank.

Ausgemergelte Rentner mit exorbitanten Stromrechnungen.

Fischer, die nicht mehr fischen, weil der Schiffsdiesel zu teuer ist.

Bauern, die ihre Milchkühe keulen, weil das Viehfutter unbezahlbar ist.

Alleinerziehende Mütter, die ihren Kindern nach der Schule kein Eis mehr spendieren können.

Familien, die abends im Dunkeln sitzen, weil ihnen die Elektrizitätsgesellschaft den Strom abgedreht hat.

Arbeitslose junge Männer, die seit Wochen keinen Supermarkt mehr von innen gesehen haben und sich Essen aus der Suppenküche holen.

Wieder einmal Griechenland also!

Krise Nummer wieviel? Irgendwann hört man halt auf zu zählen…

Diesmal: Griechenland und die Inflationskrise.

Zuerst wollte ich diese Story ja in Litauen oder Estland drehen, da droben im Baltikum geht es immerhin um hammerharte Inflationszahlen von 20 Prozent - damit war Estland Ende Mai übrigens "Inflationsmeister" der Eurozone. In Griechenland sind es hingegen "nur" elf Prozent. Aber die haben es in sich, trifft die Geldentwertung doch auf Menschen, die nach der großen Finanz- und Schulden-Krise, Regierungs-Chaos und Straßen-Tumulten, Populismus-Versuchung und Extremismus-Fieber, Pandemie-Durcheinander und Jugendarbeitslosigkeit heute oft nur noch ausgelaugt und müde sind, eine Gesellschaft, die zur Abwechslung einfach mal ein paar unaufgeregte, ruhige Jahre im "Normal-Modus" bräuchte. Und jetzt? Putins Krieg in der Ukraine hat weltweite Auswirkungen – in wirtschaftlich, politisch oder sozial angeschlagenen Ländern aber zieht er schmerzhaftere Konsequenzen nach sich als anderswo. Sprich: Griechenland leidet unter Putin und der von ihm befeuerten Rohstoff-, Energie- und Inflationskrise.

Schwangere Teenager mit leerem Kühlschrank

"Ich habe Angst, auf der Straße zu landen", sagt die 19-jährige Angeliki, während ihr zweijähriger Sohn Jason in der kleinen Wohnung Chaos anrichtet. Angeliki ist wieder schwanger, im Herbst wird sie ihr zweites Kind gebären, eine Tochter diesmal. "Unser Kühlschrank ist nie voll, weil wir keine Arbeit haben, weder mein Mann noch ich." – Als Reporter ist man halt neugierig, ich frage, ob ich mal einen Blick wagen darf, in den Kühlschrank. Ok, darf ich. Also Kühlschranktüre auf: gähnende Leere, nur im obersten Fach einige Schock Eier.

Euronews
Alexandros und Angelika kämpfen ums ÜberlebenEuronews

Verheiratet ist Angeliki mit Alexandros, einem jungen Mann, der gelegentlich als Freiwilliger in einer Suppenküche hilft. Seit ein Auto sein abgestelltes Mofa angefahren und schwer beschädigt hat, verdient Alexandros kein Geld mehr. Bis vor ein paar Monaten jobbte er bei einem Lieferdienst, doch das geht in Athen meist nur, wenn man sein eigenes Moped mitbringt. Bereits damals, mit seinem Liefer-Job, lebten Angeliki, Alexandros und der kleine Jason von der Hand in den Mund, an Sparen war nicht zu denken.

Da auch kein Geld für ein Mobiltelephon drin ist, hat es Alexandros schwer, eine neue Arbeit zu finden. 180 Bewerbungszettel hat er schon persönlich verteilt, bei Spediteuren, in kleinen Geschäften, Supermärkten. Er ist bereit, alles zu tun, egal was, räumen, schleppen, schieben, heben, putzen. Doch wenn er nach einigen Tagen erneut bei den kleinen Geschäftsleuten seines Viertels die Runde macht, um sich zu erkundigen, ob sich was ergeben hat aus seiner Bewerbung, heißt es immer wieder nur: Tut uns leid, wir brauchen niemanden. Denn in der Krise müssen Kosten gespart werden, das fängt an beim Personal.

Euronews
Jason hilft Euronews-Reporter Hans von der Brelie beim der ArbeitEuronews

Jason, der kleine Sohn der beiden, ist neugierig, will mir bei der Arbeit helfen, am Stativ drehen, auch mal filmen. Den Windeln ist er noch nicht entwachsen. Damit sind wir wieder beim Thema. "Wenn man die Preise von heute und gestern vergleicht", sagt Alexandros, der mittlerweile ein Fachmann in Sachen Windeln ist, "kann ich Dir das Ding mit der Preissteigerung genau erklären: Vor kurzem kostete eine Packung bei uns um die sieben Euro, jetzt sind es zwölf. Das ist echt ein Riesenunterschied! Ich habe einfach keine zwölf Euro für ein Paket Windeln."

Das ist mit ein Grund, warum Alexandros bei der Suppenküche aushilft – denn dort gibt es im Keller ein Warenlager, vom Boden bis zur Decke sind massenhaft gespendete Windeln in allen Größen und Marken gestapelt, für Familien in Not, denen die Inflation noch nicht einmal Geld für den Windelkauf gelassen hat. Kostas Polychronopoulos, der bärtige Gründer der aus Spenden finanzierten Nachbarschaftshilfe, bringt es auf den Punkt: Am härtesten trifft die Geldentwertung die unteren Einkommensgruppen, denn hier kommt eins zum anderen, die Probleme häufen sich, Arbeitslosigkeit, Krankheit, Mini-Rente.

Während wir miteinander reden, schleppen die Freiwilligen einen gigantischen Suppentopf herbei, der mich unwillkürlich an Asterix und Obelix erinnert. Ok, schiefer Vergleich, sorry. Kein Zaubertrank kann hier helfen, das Leben ist kein Comic-Heft. Was die Menschen hier brauchen, ist was Nahrhaftes, was Herzhaftes, was Leckeres. Auf einem langen Tisch beginnen die Helfer zu schälen und zu schneiden, zu hacken und zu häckseln, zu schaben und zu schütten, zu rühren und zu riechen… Doch, echt jetzt, es riecht auf einmal voll gut hier, zwischen Asphaltdschungel und Graffiti-Wänden. Eine halbe Stunde bleibt uns noch, bis die Alleinerziehenden und Arbeitslosen kommen werden, die, die es nicht mehr so ganz schaffen, sich zurechtzufinden im teuren Alltag, die, die eben nichts mehr in der Tasche haben – aber trotzdem was in den Magen bekommen wollen: Suppe statt weiterer Schicksalsschläge.

Euronews
Kostas Polychronopoulos, der Gründer der SuppenkücheEuronews

"Meine eigene Mutter bekommt nur 288 Euro Rente", sagt Kostas, die gute Seele der Suppenküche. "Davon gehen 250 Euro weg für die Miete. Dann kommen Rechnungen an für Strom und Wasser. Außerdem braucht sie was zum Essen und Arzneimittel. So geht es vielen Familien, speziell den Rentnern, die kommen dann hier zu uns, um eine warme Mahlzeit zu bekommen. Und sie bringen ihre Stromrechnung mit, fragen, ob wir vom Verein aus was beisteuern können, damit der Strom nicht abgestellt wird – oder bitten darum, dass wir ihnen Medikamente kaufen."

WERBUNG

Ausgemergelte Rentner mit exorbitanten Stromrechnungen

Kostas, wie ihn alle hier nennen, heißt eigentlich Konstantinos, doch das ist zu lange hier in dem Trubel, zu viel geschieht zu schnell und gleichzeitig, alle rufen nach Kostas hier, Kostas dort, Nachbarn geben eine Spende ab, pausenlos klingelt das Telefon, mit dickem Daumen muss ein Bündel Bares durchgezählt werden, Freiwillige wollen koordiniert, Termine für die kommenden Kochtreffen organisiert werden. Eine Gruppe Jugendlicher schleppt große Plastiksäcke voll mit abgepackten Mittagsportionen in ein kleines Auto: Tür-zu-Tür-Lieferdienst für sozial und körperlich Schwache, die es nicht mehr die Treppe runter und wieder hoch schaffen.

Und die Inflation in all dem? Kostas hat durchaus einen Vergleichshorizont, die Finanzkrise von 2009 kennt er aus eigener Erfahrung, damals arbeitete er noch im Marketing-Bereich, verlor krisenbedingt die Arbeit. Zwei Jahre später war er pleite, im Alter von damals 47 Jahren musste er wieder bei seiner Mutter einziehen. Als er bei seinen nächtlichen Streifzügen zwei Jugendliche beobachtete, die sich um eine halbverfaulte Frucht aus einem Mülleimer prügelten, beschloss er, selbst etwas auf die Beine zu stellen, was zu tun, zu ändern.

Mittlerweile ist die Organisation "O Allos Anthropos" griechenlandweit bekannt, die von Kostas Polychronopoulos gegründete Suppenküche ist mehr als nur eine Essensausgabe. Übersetzt bedeutet der Name "Ein anderer Mensch", und darum geht es: um Sozialkontakte, Austausch, Reden, Zuhören, Helfen. Der Verein ist eine direkte Drehscheibe für Spenden von Nachbarn für Nachbarn, ein Ort, an dem alle mit anpacken, unkompliziert, unbürokratisch, vertrauensvoll.

Während bei der damaligen Finanzkrise, 2008/2009 und in den Folgejahren, die Ärmsten der Armen vor den Essensausgaben Schlange standen, sei es bei der jetzigen Inflationskrise etwas anders, meint Kostas, da sähe man nun auch untere Mittelschicht, Menschen mit Arbeit aber Minilohn, der wegen der Geldentwertung nun eben nicht mehr reiche für Miete und Strom und Wasser und Gas und Essen.

Ein ausgemergelter alter Mann lässt sich sein Mittagsmahl in eine Plastiktüte füllen, Spyros, 74 Jahre alt, Sohn eines Taxifahrers. "Ich bin nicht in Armut aufgewachsen", erzählt er mir und berichtet stolz aus seinem ereignisreichen Arbeitsleben: "Als ich 15 war, habe ich begonnen zu arbeiten, in einer Schreinerei war das. Dann in einer Konservenfabrik…", die Liste ist lang.

WERBUNG

In Rente ging Spyros 2012, aufgrund seiner langen Beitragszeit und diverser Erschwerniszulagen kam er zunächst auf 2.000 Euro Ruhegeld im Monat. Davon ließ sich gut leben, doch von Rentenreform zu Rentenreform, von Sparrunde zu Sparrunde schmolz die Rente auf nunmehr 1000 Euro im Monat. Davon gehen 250 Euro weg für die Miete. Auch davon ließ sich noch einigermaßen leben: "Vor drei, vier Monaten kamen wir noch ganz gut über die Runden", meint der um Objektivität bemühte Spyros. Doch dann kamen Preisanstieg, exorbitante Rechnungen, nicht enden wollende Sorgen.

"Eigentlich liegt meine monatliche Stromrechnung bei etwa 40 Euro pro Monat", benennt Spyros eines der Probleme. Aber die Gas- und Strompreise hören einfach nicht auf nach oben zu klettern. "Meine jüngste Stromrechnung betrug 148 Euro!" Und das ist nur ein Kostenfaktor in der Haushaltsrechnung. "Vor ein paar Monaten konnte meine Frau im Supermarkt den Einkaufswagen bis oben hin vollpacken und kaufen, was wir brauchten", berichtet Spyros. "Das ist jetzt unmöglich, wegen des russischen Kriegs in der Ukraine und der Inflation, die sich seitdem beschleunigt hat." Das teure Leben hat Spyros den Weg gezeigt in Richtung Essensausgabe am Straßenrand.

Bauern, die ihre Milchkühe keulen

Eine kleine Propellermaschine bringt mich nach Naxos. Viele kennen die griechische Insel als Urlaubsparadies, doch ist Tourismus nur eines der beiden wirtschaftlichen Standbeine. Landwirtschaft ist das zweite: Kartoffeln und Käse aus Naxos genießen einen gewissen Ruhm in Feinschmeckerkreisen. Am Rollfeld holt mich Georgios Sergis ab, er arbeitet für die Union der Landwirtschaftskooperativen, ein bereits 1926 gegründeter Zusammenschluss der Inselbauern. Stolz zeigt mir Sergis die moderne Käserei, doch seine Stimme verrät auch eine gewisse Panik: die Milchtanker liefern immer weniger "weißes Gold" in der Fabrik ab. Sergis und seine Kollegen rechnen mit einem Produktionsrückgang von einem Drittel. Auch das hängt mit der Inflation zusammen.

Um die Zusammenhänge besser zu verstehen, schaue ich bei Stelios Zacharatos vorbei. Vom Himmel brennt eine unbarmherzige Sonne, wütend geht Zacharatos mit der Heugabel auf einen großen Ballen los, wirft seinen 40 Milchkühen auf der kahlen Weide das Futter hin. Dabei schimpft er auf die steigenden Kosten, "mindestens 70 Prozent mehr" müsse er in diesem Jahr für den Zukauf von Viehfutter zahlen. Er hat nur wenig Zeit, gleich muss er seinen Sohn von der Schule abholen. Ob der noch eine Zukunft hat auf Naxos?

"Wir sind in vierter Generation Rinderzüchter und Milchbauern. Mit mir wird diese Familientradition wohl enden", meint Zacharatos. "Ich rate meinem Kind nicht, hierzubleiben und Landwirt zu werden. Die Zukunft sieht düster aus." – Treibstoff für Traktoren, teurer Dünger, Tierfutterimporte aus Bulgarien, das muss ja alles irgendwie bezahlt werden. Und die Preise steigen und steigen. Nicht nur Zacharatos, auch viele andere Landwirte auf Naxos und anderswo in Griechenland stehen vor dem Ruin. Die Krise entpuppt sich als existentielle Bedrohung: Über 300 Kühe und 30.000 Ziegen und Schafe wurden in den vergangenen Wochen bereits gekeult.

WERBUNG

Dimitris Kapounis ist der Mann mit dem Überblick. Als Präsident der traditionsreichen Naxos-Kooperative kennt er die Zahlen – und die sprechen eine deutliche Sprache. Von den 1.200 in der Produktionsgenossenschaft organisierten Bauern könnten bis Ende des Jahres 150 aufgeben, wenn aus Athen und Brüssel keine Hilfe kommt, warnt Kapounis eindringlich. "Wir brauchen ein Notprogramm, sofort, umgehend!" Dann listet er mir Vergleichszahlen auf: "Um Wasser hochzupumpen, für die Tiere oder die Felder, brauchten die Landwirte früher sieben oder acht Euro pro Stunde Pumpzeit. Jetzt kostet die Stunde 28 bis 30 Euro." Ein weiteres Beispiel: "Früher kauften die Bauern Dünger für rund 300 Euro pro Tonne, jetzt bezahlen sie 1.000 Euro."

Fischer, die nicht mehr fischen

Den Fischern auf Naxos geht es nicht besser. In der flirrenden Hitze treffe ich mich mit Stamatis Sergis bei der Christina Maria, so heißt sein Boot, das er nach seiner im fernen Deutschland lebenden Tochter benannt hat. An den Händen hat der Fischer Farbe, seit sein Boot vor Anker liegt, arbeitet er in einem anderen Brotberuf. Es lohnt sich einfach nicht mehr, in See zu stechen: "Früher habe ich für den Schiffsdiesel 30 oder 40 Cent bezahlt, jetzt sind es 1 Euro 50 Cent. Um Boot und Betrieb über Wasser zu halten, müsste ich 300 Euro pro Tag machen. Das geht aber nicht mehr", rechnet Sergis vor. Dabei hat er nur bescheidene Ansprüche, "50 oder 60 Euro pro Tag müsste ich schon verdienen", sonst lohnt sich in seinen Augen der ganze Aufwand mit der Fischerei nicht mehr. So ein Boot kostet ja auch Unterhalt: Versicherungsgebühren, diverse Ausrüstungsgegenstände, Elektronik – auch sein Kollege mit an Bord will bezahlt sein.

Mit wässrigen Augen blinzelt der Fischer im Wartestand ins helle Blau des Mittelmeers. Seinen Beruf übt er in dritter Generation aus. Auch hier wird wohl bald eine Familientradition enden, auch er sieht wenig Grund für Optimismus: "In zehn Jahren wird es hier keine Fischer mehr geben", sagt Sergis mit lauter, scharfer Stimme.

Auswandern als Lösung?

Aber auch die Mittelschicht muss nun dran glauben, Menschen wie Dimitris Stefanidis, die sich im Laufe ihres Berufslebens etwas erspart hatten, etwas aufbauen wollten, investierten. Nach einer Karriere als Physiotherapeut in Saudi-Arabien und Großbritannien zog es Stefanidis wieder zurück nach Hause, nach Athen. Er wollte sein eigenes Ding machen, seinen Lebenstraum verwirklichen - eine eigene Praxis eröffnen.

Doch wegen der Inflation sparen die Griechen an der Gesundheit - und Dimitris Stefanidis hat nun, im Vergleich zu vor der Krise, 60 Prozent weniger Patienten. Weshalb er mit sich ringt: Bleiben? Oder erneut den steinigen Weg ins Ausland auf sich nehmen, seiner Heimat für viele Jahre Adieu sagen? Je länger die Krise andauert, je höher die Inflation klettert, um so mehr neigt er zum Auswandern.

WERBUNG

"Ich habe insgesamt rund 70.000 Euro in die ganzen Maschinen hier in Praxis investiert. Mein Traum ist es, in Griechenland zu bleiben. Doch wenn es so weitergeht mit der Wirtschaftskrise, dann werde ich leider wohl gezwungen sein, erneut das Land zu verlassen", meint Stefanidis.  

Kein Eis mehr für die Kinder

In einem anderen Außenbezirk der griechischen Haupstadt Athen, Egaleo, habe ich mich mit einem Psychologen verabredet, einem der Gründer der noch recht jungen Organisation "Kinder zuerst". Der Verein kümmert sich insbesondere um Familien mit alleinerziehenden Eltern - so wie Pighi. Die frühere Englischlehrerin hat vier Kinder. Wegen der Inflation muss sie sparen, wo es nur geht. Sie kauft nur noch selten Fleisch und achtet auf jeden Cent. Im Winter - als die Heizkosten in die Höhe schossen - beschloss sie, nur noch eine warme Mahlzeit täglich zu kochen, anstatt wie früher zwei. Und sie gewöhnte sich an, genau durchkalkulierte Einkaufslisten anzulegen, vor dem Gang zum Supermarkt.

Glücklicherweise kann Pighi mit ihren Kindern mietfrei bei Ihrer betagten Mutter leben, sonst ginge gar nichts mehr. An die eine oder andere Einschränkung im Inflations-Alltag kann man sich gewöhnen. Anderes schmerzt, vor allem, wenn es um die Kinder geht: "Wenn sie von der Schule kommen, fragen sie manchmal, ob sie ein Eis bekommen, oder ob ich ihnen Chips kaufen kann - aber ich kann nicht. Das fühlt sich an, als ob man seine Kinder, seine Familie nicht versorgen kann." 

Pighis Stimme wird leise. Sie macht eine kurze Pause und fügt hinzu: "Man fühlt sich nutzlos."

Journalist • Hans von der Brelie

Cutter • Sebastien Leroy

Weitere Quellen • Reporter & MoJoKamera: Hans von der Brelie; Fixer & Übersetzer: Eleni Korovila; Produktion: Géraldine Mouquet; Technische Unterstützung: Robin Richard; Grafiken: Thierry Lapras; Produktionsleitung: Sophie Claudet

Diesen Artikel teilenKommentare

Zum selben Thema

Droht in Bosnien-Herzegowina ein neuer Gewaltausbruch?

Trotz Arbeit reicht das Geld nicht: Viele Griechen fordern Tarifverträge

Wird Griechenland dank Windenergie zur "grünen Steckdose" Europas?