Nach der Schockwahl: Macron lädt Opposition zu Sondierungen in den Elysée-Palast

Gleich am Montag nach der Wahl besuchten die ersten neuen Abgeordnete das Parlament.
Gleich am Montag nach der Wahl besuchten die ersten neuen Abgeordnete das Parlament. Copyright AP Photo/Michel Euler
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Von Anja Bencze mit AFP/DPA
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Die Vertreter der politischen Kräfte, die die zehn geplanten Gruppen bilden sollen, werden nacheinander am Dienstag und Mittwoch im Präsidentenpalast empfangen.

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Am Tag nach der französischen Schockwahl entdeckten die ersten der neugewählten Abgeordneten ihre künftige Wirkungsstätte, die Nationalversammlung im Palais Bourbon.

Hinter den Kulissen wird derweil heftig sondiert. Die Wahlschlappe für Präsident Macron hat die Machtverhältnisse im Parlament neu sortiert. Seine Aufgabe des Präsidenten und die seiner Partei, aber auch der Opposition im Parlament ist es nun, Wege der Zusammenarbeit zu finden. Macron habe die politischen Kräfte, die nach den Parlamentswahlen eine Fraktion in der Versammlung bilden sollen, für Dienstag und Mittwoch in den Elysée-Palast eingeladen, wie die Präsidentschaft am Montag mitteilte.

"Es gibt keine alternative Merheit"

Als Garant der Institutionen sei der Präsident der Republik entschlossen, im Interesse der Französinnen und Franzosen zu handeln, als Verwahrer des Mandats, das diese ihm erteilt hätten.

"Da es keine alternative Mehrheit gibt, stellt sich die Frage, wie die für das Land notwendigen Veränderungen durchgeführt werden können. Das ist der Sinn dieses Treffens mit den politischen Kräften: Dialog und Austausch im übergeordneten Interesse der Nation und Aufbau von Lösungen im Dienste der Franzosen", hieß es weiter aus dem Elysée-Palast..

Die Vertreter der politischen Kräfte, die die zehn geplanten Gruppen bilden sollen, werden nacheinander empfangen.

Ein "fragmentiertes" Parlament

Macrons Mitte-Lager Ensemble! kommt auf 245 der 577 Sitze, 289 wären für die absolute Mehrheit nötig gewesen. Das Linksbündnis NUPES erreiicht 131 Sitze. Marine Le Pens rechtsnationale Partei Rassemblement National 89 und die traditionelle Volkspartei der Republikaner samt Verbündeten 64 Sitze.

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Das bedeutet: Macron ist künftig auf Kompromisse mit anderen angewiesen. Frankreich sei damit unregierbar geworden, meinen viele, auch Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon. Um seinem Parteienbündnis mehr Macht zu geben, plädiert er für die Bildung einer gemeinsamen Fraktion im Parlament.

Wer wird stärkste Oppositionsfraktion?

Dann gäbe es keine Diskussion darüber, wer die Opposition im Land anführe, so Mélenchon mit Blick auf Ansprüche Le Pens, die ihre Partei als stärkste Fraktion im Parlament sieht.

Und kassierte dafür prompt eine Absage der Sozialisten, Kommunisten und Grünen, die auf der getroffenen Regelung beharren, dass jede Partei für sich im Parlament agiert.

Wahlanalysten meinen, Frankreich habe Macron im April zwar wiedergewählt, wollte dem alles kontrollierenden "Über-Präsidenten" aber nicht feie Hand lassen, dringende Fragen wie Kaufkraft, Renten oder Immigration im Alleingang zu regeln.

Als Erstes: Regierungsumbildung

Für den angeschlagenen Präsidenten steht als Erstes eine Regierungsumbildung ins Haus. Drei Kabinettsmitglieder haben ihr Mandat verloren. Nicht so Innenminister Gerald Darmanin. Das Wichtigste sei, dem Volk mit Demut zuzuhören, wenn es sich in einer Demokratie äußere, lautet seine Bilanz.

Spekuliert wird auch, ob Macron an der erst im Mai ernannten neuen Premierministerin Élisabeth Borne wird festhalten können. Sie müsse wegen des schlechten Ergebnisses des Regierungslagers zurücktreten, forderte die Opposition bereits. 

Borne hatte noch am Wahlabend angekündigt, sich nun um eine mögliche Koalition zu bemühen. Es gehe darum, eine handlungsfähige Mehrheit aufzubauen.

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