Fußball-WM: Die vielen Helferlein im Hintergrund

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Eine halbe Million Menschen bewarben sich, um als freiwillige Hilfskraft bei der Weltmeisterschaft in Katar dabei zu sein. Was treibt sie an und welches sind ihre Aufgaben?

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Die Fußball-WM in Katar steht vor der Tür. Um ein solches Großereignis durchführen zu können, braucht es zahlreiche helfende Hände. Viele freiwillige Hilfskräfte (https://www.qatar2022.qa/en/volunteer-with-us) werden im Einsatz sein. Viele Menschen in Katar haben Plänen geschmiedet, um den Gästen, die es Fußballs wegen ins Land kommen, auch etwas Anderes zu bieten.

Mit einer Fläche von 11 000 Quadratkilometern ist Katar das kleinste Land, das eine WM austrägt. Es hat 20 000 Fußballbegeisterte aus aller Welt eingestellt, um die WM durchzuführen. Wir treffen uns mit einigen Freiwilligen, die in Hotels, Krankenhäusern, Flughäfen und natürlich in den Stadien arbeiten werden, um während des Turniers wichtige Unterstützung zu leisten.“

Es geht um die Leidenschaft. Leidenschaft für den Fußball und die freiwillige Tätigkeit
Muhammed Shahid
freiwillige WM-Hilfskraft

Muhammed Shahid ist einer der Freiwilligen. „Es geht um die Leidenschaft. Leidenschaft für den Fußball und die freiwillige Tätigkeit“, sagt er. Und seine Kollege Ahmed Showai betont: „Ich wollte einfach neue Erfahrungen sammeln.“ Ein weiterer Freiwilliger sagt: „Als glühender Fußballanhänger ist das DIE Gelegenheit.“

Tausende Freiwillige aus 160 Ländern im Alter zwischen 18 und 77 Jahren sind dabei. Aus den Begegnungen entstanden zum Teil Bekanntschaften, die über die WM hinaus bestehen werden.

Auch Rufaro Makambira-Chindalo gehört dazu. „Ich verstehe mich sehr gut mit den anderen Freiwilligen. Es ist wie eine Familie. Wenn man Freiwilligenarbeit leistet und sich mit ihnen trifft, ist es wie eine große, glückliche Familie. Und es ist ein Schmelztiegel, weil wir alle aus verschiedenen Kulturen kommen. Das ist das Schöne daran. Wir haben uns alle wunderbar ergänzt. Wir achten die Unterschiede und Kulturen der anderen. Und jetzt lerne ich viel mehr über Menschen verschiedener Nationalitäten, und sie lernen auch mich kennen“, so Makambira-Chindalo

Mehr als eine halbe Million Bewerbungen

Die freiwilligen Helfern haben einen langen Weg zurückgelegt. Mehr als eine halbe Million Menschen bewarben sich, alle mussten sich einem Auswahlverfahren unterziehen: Zunächst die Bewerbung, unter anderem mit Probetätigkeiten, Bewerbungsgesprächen und letztlich die Schulung.

Die Schulung begann im Freiwilligenzentrum. Lockere Stimmung, das Ausbildungspersonal kümmerte sich täglich um bis zu 750 Freiwillige. Im letzten Schulungszeitraum ging es um die Anforderungen des jeweiligen Einsatzortes, zum Beispiel in den Spielstätten, auf Fanmeilen und Medienzentren.

Nasser Al-Mogaisee ist Mitglied des Ausschusses, der das Thema freiwillige Hilfskräfte leitet. „20 000 Freiwillige werden in 45 Arbeitsbereichen mit unterschiedlichen Aufgaben eingesetzt. Es kann um Medien, Personenverkehr, Zuschauer, Gästebetreuung gehen. All diese Arbeitsbereiche werden von verschiedenen Führungskräften geleitet, damit wir für jeden Freiwilligen die passende Aufgabe - und auch für die Zuschauer - haben“, sagt Al-Mogaisee.

Was muss man als freiwillige Hilfskraft mitbringen? „Für freiwillige Arbeit braucht es Leidenschaft und Begeisterung. Ohne Eifer und Freude geht es nicht. Als ich vor sechs Jahren nach Katar kam, habe ich mich für die freiwillige Arbeit entschieden, weil ich den Menschen um mich herum etwas zurückgeben konnte. Die Frage ist: Wie wollen Sie Ihren selbstlosen Dienst an den Menschen um Sie herum leisten?“, so Emmanuel Along, auch er gehört zur Schar der Freiwilligen.

Neben Begeisterung ist auch die Bereitschaft vonnöten, Freizeit für die Tätigkeit aufzuwenden: Erst für die Ausbildung, dann für mindestens zehn Tage Arbeit während der Weltmeisterschaft.

„Als Freiwillige sind wir das Gesicht des Turniers. Ich fühle mich sehr gut dabei. Die Fußballbegeisterten aus aller Welt zu begrüßen und ihnen zu helfen, sich zu Hause zu fühlen: Das ist toll“, sagt Shafi.

Von anderen lernen

Es gibt viele Gründe, sich einzubringen, aber alle haben dieses eine Ziel: Die erste Fußball-WM in der arabischen Welt soll gut über die Bühne gehen. Und die freiwilligen Hilfskräfte betonen: Sie begreifen ihre Tätigkeit auch als Gelegenheit, von anderen zu lernen.

„Ich bin seit drei Jahren in Katar", erzählt Muhammed Shahid, auch er ist freiwilliger WM-Helfer. „In Katar gibt es viele verschiedene Nationalitäten, verschiedene Kulturen. Es ist an der Zeit, all diese Kulturen zu erleben. Und man muss seine Erfahrungen teilen. Man muss sein Wissen und alles teilen“, findet er.

Der ebenfalls an der Weltmeisterschaft als Freiwilliger mitarbeitende Ahmed Showai erläutert: „Wir erwarten 1,5 Millionen Gäste. Sie sind dabei, ebenso wie die FIFA-Bediensteten, die Presse und die Medien. Es kommen viele Menschen aus unterschiedlichen Erdteilen, von allen sechs Kontinenten. Sie kommen, um dieses Turnier zu sehen. Für mich ist der Anreiz, all diesen Menschen ein großartiges Turnier zu bieten.“

Für mich ist der Anreiz, all diesen Menschen ein großartiges Turnier zu bieten.
Ahmed Showai
freiwillige WM-Hilfskraft

Und für Rufaro Makambira-Chindalo ist es auch eine Familienangelegenheit. Ihr Sohn und ihr Vater reisen aus Simbabwe an: „Alles begann mit dem Arabien-Pokal. Damals habe ich mich mit meinem Sohn freiwillig gemeldet. Das Schöne daran ist, dass ich 2019 als Besucherin nach Katar kam. Mein Vater war für eine Krebsbehandlung hier. Er wurde also behandelt, und am Ende hatte er eine Strahlentherapie, die im Hamad-Krankenhaus kostenlos durchgeführt wurde. Es werden also drei Generationen da sein: Vater, Tochter und mein Sohn. Wir alle werden dort ehrenamtlich arbeiten, und das wird ganz toll.“

Je näher der WM-Auftakt rückt, desto wichtiger wird auch das Zusammenspiel der freiwilligen Hilfskräfte. Sie setzen sich dafür ein, dass dieses Fußball-Großereignis in Katar ein Erfolg wird und wollen die Wirkungskraft des Sports vermitteln.

WM auch als kulturelles Ereignis

Die Vorfreude auf die Fußballweltmeisterschaft steigt, und einige Einwohner Katars hoffen, am Geschehen teilnehmen zu können. Ob daheim oder bei der Arbeit: Viele Menschen in Katar wollen bei der Fußballweltmeisterschaft dabei sein: Nicht nur beobachtend, sondern gestaltend.

Hier entsteht die Nachbildung eines der Austragungsorte, und zwar aus Schokolade. 35 Kilogramm soll das Abbild des Stadions, in dem das Endspiel stattfindet, wiegen. Und auch am Erkennungszeichen der Fußball-WM versucht sich der Zuckerbäcker, der insbesondere unter seinem Künstlernamen VJ (https://www.instagram.com/vj_9teaate/?hl=fr) bekannt ist. Für den 24-Jährigen ist das eine Herzensangelegenheit.

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„Seit meinem achten Lebensjahr habe ich immer gerne Dinge getan, bei denen ich nicht vor dem Computer sitzen musste, sondern die sowohl geistig als auch körperlich anspruchsvoll sind. Und die Zuckerbäckerei ist eine der sehr wenigen Bereiche, die beides bietet - sie fordert sowohl die geistige als auch die schöpferische Seite“, erläutert er. 25 bis 30 Arbeitsstunden braucht man für das süße Kunstwerk: Von der Gestaltung über die Vorbereitung bis hin zur Umsetzung.

Viele Menschen in Katar wollen an der Weltmeisterschaft teilhaben und packen die Gelegenheit beim Schopfe.

Nur wenige Schritte vom Stadion 974 entfernt ist ein Ort geschaffen worden, an dem während der Weltmeisterschaft in Zusammenarbeit mit Kreuzfahrtunternehmen Töpferkurse für Urlaubsgäste angeboten werden, die während des Turniers in der Stadt sind.

Töpfern für Fußballbegeisterte

Reema Abu Hassen, Inhaberin der Töpferwerkstatt Clay Encounters, sagt: „Der Ort, an dem wir uns gerade befinden, ist der Werkstattbereich. Hier werden alle Keramikgegenstände und Erinnerungsstücke für die Fußballweltmeisterschaft hergestellt. Und in dem Bereich hinter uns sind die Galerie und der Laden untergebracht.“ Vor fünf Jahren hat sie ihre Töpferwerkstatt eingerichtet. Die WM war DIE Gelegenheit, eine zweite aufzumachen.

„Der Plan ist, den Urlaubsgästen, die in die Stadt kommen, einen Ort zu bieten, um dieses alte Handwerk zu erleben und auch Gegenstände kaufen zu können, die in Doha für die Weltmeisterschaft per Hand gefertigt wurden“, so Abu Hassen. Sie sagt: Mit den Händen zu arbeiten, wirke sich beruhigend auf den Geist aus. Diese Erfahrung sollen auch Fußballbegeisterte machen. „Das Töpfern hat eine sehr therapeutische, erdende Wirkung. Die meisten Leute kommen hierher und haben noch nie etwas mit ihren Händen gemacht. Alle beschreiben es immer als einen sehr meditativen Vorgang. Ich glaube, es hat etwas Beruhigendes und Zentrierendes, sich hinzusetzen und etwas mit den Händen zu schaffen. Ich nutze das Töpfern auch für die Geselligkeit, weil wir immer zusammensitzen und als Gruppe etwas herstellen. Es ist also eine Möglichkeit, mit Menschen in Verbindung zu treten, aber auch um dem Alltag zu entfliehen“, erläutert sie.

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Dem Geheimnis des Sadu-Webens auf der Spur

Wer als WM-Gast mal aus der Stadt heraus möchte, sollte sich nach Souq Al Wakra aufmachen. Das Fischen und Perlentauchen bestimmte in dem Ort südlich von Doha früher das Leben.

Shaima Sherif, Leiterin von Embrace Doha, sagt: „Ob Sie es glauben oder nicht: Perlentauchen ist ein 7000 Jahre altes Gewerbe.“ Hier lernt man mehr über diese Tätigkeit und seine lange Geschichte. „Ein Beispiel, das auch ich persönlich nicht kannte, war das Sadu-Weben. Katarische Frauen, insbesondere Beduinenfrauen, weben, sehr umfangreiche Muster und Symbole. Wenn man die nicht kennt und sie aus der Ferne betrachtet, denkt man, dass sie den Mustern in den Nachbarländern sehr ähnlich sind, aber in Wirklichkeit handelt es sich um Muster und Farben, die einzigartig für die katarische Kultur sind“, so Sherif

Dieses Handwerk diente früher unter anderem zur Fertigung von Zelten. Während der Fußball-WM soll Gästen auch auf diese Weise die kunstfertige Seite Katars nahegebracht werden: Als Verbindung von Spitzensport, Kultur, Sitten und Gebräuchen.

Man guckt sich gewissermaßen ein Spiel auf katarische Weise an.
Amal Al Shammari
Embrace-Doha-Gründerin

„Fußball mit einem kulturellen Erlebnis verbinden"

Embrace-Doha-Gründerin Amal Al Shammari betont: „Wir wissen, dass die meisten Menschen, die zur Weltmeisterschaft nach Doha kommen, fußballbegeistert sind. Und deshalb wollen wir sie auch in unserem Kulturhaus willkommen heißen. Wir bieten die Möglichkeit, Fußball mit einem kulturellen Erlebnis zu verbinden. Man guckt sich gewissermaßen ein Spiel auf katarische Weise an. Wir bieten ihnen an, eine Stunde vor dem Spiel herzukommen, um die Kleidung anzuprobieren, über die katarische Gastfreundschaft zu sprechen und katarisches Essen zu kosten, während sie das Spiel sehen.“

Zurück zum Zuckerbäcker: Das süße Meisterwerk ist inzwischen fast fertig. „Ich möchte die Erwartungen immer übertreffen. Ich lege die fest und übertreffe sie dann absichtlich. Denn wenn ich die Erwartungen erfülle, ist das nicht so… Denn die Leute erwarten, was sie sehen werden. Wenn ich die Erwartungen erfülle, ist das keine Überraschung. Es gibt vielleicht ein ‚Oh, das ist aber schön', aber kein ‚Oh ja! Das habe ich nicht erwartet“, so VJ. 

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Und eben das will Katar bewerkstelligen: Die Erwartungen übertreffen.

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